„Wir kommen kaum voran“: Zähe Verhandlungen bei Gütersloher Unternehmen Miele

Update, 14. Mai: Am Samstag, 8. Juni, will Miele in Gütersloh mit einem Familienfest sein 125-jähriges Bestehen feiern. Die Sache ist nur: Vielen Beschäftigten ist nach Feiern nur eingeschränkt zumute. Und nach der weiteren Verhandlungsrunde zwischen der Geschäftsleitung und der Tarifkommission der Gewerkschaft am Montag sieht es auch danach nicht aus, als würde sich die Stimmung bis dahin aufhellen. &bdquo;Wir kommen kaum voran“, sagte Thomas Wamsler, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Gütersloh-Oelde, am Dienstag. In der Gesprächsrunde sei nicht viel passiert. Die jeweiligen Gutachter hätten ihre Zahlen auf den Tisch gelegt, man habe Szenarien verglichen. &bdquo;Es ist zäh“, so Wamsler. Das Ziel, bis zum Jubiläum einen Weg gefunden zu haben, der auch der Belegschaft Anlass gebe, sorgenfrei mitfeiern zu können, sehe er stark gefährdet. Über den Warnstreik sei kein Wort verloren worden In den Gesprächen sei es vornehmlich wieder um das Werk Gütersloh gegangen, aber ohne erkennbare Bereitschaft von Miele, von der Produktionsverlagerung nach Polen abzurücken. Auch über das Geschirrspülwerk in Bielefeld, in dem laut Gewerkschaft rund 780 Mitarbeiter in der Produktion arbeiten, sei gesprochen worden. &bdquo;Es ist uns gelungen, das Thema zu platzieren“, sagt Ute Herkströter, IG-Metall-Bevollmächtigte in Bielefeld. Die Anteile in der Geschäftseinheit Dish Washing hätten sich verschoben: Zwei Drittel der Stückzahlen liefen inzwischen über das Werk in Unicov/Tschechien, ein Drittel in Bielefeld. Vor sieben Jahren sei das Verhältnis noch umgekehrt gewesen. Wamsler sagte, in den Verhandlungen am Montag habe man begonnen, über das Thema Altersteilzeit zu verhandeln. Von einer Einigung dazu sei man jedoch weit entfernt. Über den Warnstreik kurz vor der Verhandlung sei kein Wort verloren worden, ebenso wenig wie über die unterschiedlichen Ansichten, wer denn nun eskaliere. Wamsler: &bdquo;Ich stelle fest: Manches ist nur Säbelrasseln. Mir wäre lieber, es ginge um Substanzielles.“ +++++++++++++ Gütersloh. Als der Aufruf erging, reagierten alle, ohne Ausnahme. &bdquo;Die Produktion im Gerätewerk steht still. Da läuft nichts mehr. Die Mitarbeiter sind geschlossen raus“, berichtet Thomas Wamsler, Bevollmächtigter der IG Metall inmitten einer Kulisse von Transparenten und Fahnen. &bdquo;Stark“ sei das, ein eindrucksvoller Beleg für die Geschlossenheit und Streikbereitschaft der Miele-Belegschaft. &bdquo;Wir hoffen, dass dieses Signal auch bei der Geschäftsleitung ankommt.“ Rund 1.000 Beschäftigte waren es, die am Montagvormittag in Gütersloh auf die Straße zogen. Die meisten kamen aus der Frühschicht des Waschmaschinen-Werkes GTG, Beschäftigte aus anderen Abteilungen schlossen sich an. Sie folgten dem Aufruf für das, was die Gewerkschaft den &bdquo;ersten Warnstreik“ nennt. &bdquo;Sollte sich die Geschäftsleitung in den Verhandlungen nicht bewegen, werden weitere Streiks folgen, auch an anderen Standorten“, sagt Wamsler. &bdquo;Ab jetzt werden wir wirklich unangenehm.“ Bei ihrem Marsch von Werkstor 5 über die Carl-Miele-Straße zum Parkplatz gegenüber der Hauptverwaltung machten die Beschäftigten Stimmung. Sie bliesen ihre Trillerpfeifen, hielten Transparente hoch, trugen ihre speziellen roten T-Shirts. &bdquo;(K)Eine/r von 2.700“ steht als Schriftzug darauf zu lesen - Ausdruck für ihren Ärger über den Plan der Geschäftsleitung, die Waschmaschinenfertigung mit 700 Arbeitsplätzen nach Polen zu verlagern und 2.000 Stellen weltweit zu streichen. &bdquo;Nicht wir eskalieren, sondern die Geschäftsführung“ Der Warnstreik markierte den Auftakt für eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der Tarifkommission auf der einen und der Geschäftsleitung auf der anderen Seite des Tisches. Was diese Verhandlung ergeben hat, war bis zum Abend unklar. Vorrangig ging es erneut um den Standort Gütersloh, aber mit Seitenblicken auch zu anderen Werken. Die Gewerkschaft hatte in den vergangenen Tagen deutlich gemacht, dass es ihrer Meinung nach Zeit für ein Kampf-Signal sei. Das Unternehmen mauere, halte stur an seinen Verlagerungsplänen fest und wolle von einem Sozialtarifvertrag nichts wissen. &bdquo;Um eine Lösung in der Verhandlung erzielen zu können, müssen wir jetzt den Druck durch Warnstreiks erhöhen“, so lautet ein Satz im Streikaufruf. Dass Miele der Gewerkschaft vor ein paar Tagen falsche Behauptungen und ein Eskalations-Gebaren vorwarf, kommentierten die Arbeitnehmervertreter gestern mit harschen Worten. &bdquo;Nicht wir eskalieren, sondern die Geschäftsführung“, sagte Betriebsratsratsvorsitzender Bernd Schreiber. Sein Vorvorgänger Peter Krüger sagte, &bdquo;hier werden Opfer zu Tätern gemacht. Das ist absurd.“ Bielefeld blickt mit Sorge auf das, was in Gütersloh geschieht Schreiber spricht von einem offenen Schlagabtausch, der sich mittlerweile entwickelt habe. Die Geschäftsleitung versuche, einen Spaltkeil zwischen die Belegschaft zu treiben, müsse aber nun, angesichts dieses beeindruckenden, geschlossenen Warnstreiks zur Kenntnis nehmen, dass derlei Versuche die Solidarität der Beschäftigten untereinander nur noch mehr stärkten. Der Widerstand werde wachsen, solange das Unternehmen hartleibig bleibe. &bdquo;Wir fordern, dass Miele die Weichen in Richtung Zukunft und nicht nur in Richtung Abwicklung stellt.“ Nach jetzigem Stand sei sogar zu befürchten, dass es am Ende nicht bei 2.700 Beschäftigten bleibe, sagte Dirk Weltring, Vertrauenskörperleiter bei Miele. Sorgenvoll blickt die Gewerkschaft auch auf den Standort Bielefeld. &bdquo;Unsere Befürchtungen scheinen sich zu bewahrheiten“, glaubt Ute Herkströter, Bevollmächtigte der IG Metall Bielefeld. Eine weitere Verlagerung der Geschirrspüler-Produktion (Business Unit Dish Washing) ins Miele-Werk nach Tschechien sei ein Szenario, das immer realistischer wirke. &bdquo;Wir haben Sorge, dass Gütersloh die Blaupause für Bielefeld wird“, sagt Herkströter. Auch deswegen sei der Kampf am Stammsitz so wichtig. &bdquo;Was dort passiert, strahlt auch auf andere Standorte aus.“ Lesen Sie auch: Stellenabbau bei Miele - wie bleibt der Gütersloher Weltkonzern Premium? Abordnungen mehrerer Werke nahmen an dem Warnstreik teil, so aus Oelde, Bielefeld und Lehrte. Auch Vertreter der Vertriebsgesellschaft Deutschland und Mitglieder der Miele-Senioren gingen auf die Straße. 1961 sei er als 14-Jähriger erstmals durch das Miele-Tor geschritten, voller Stolz habe er dann 48 Jahre bei dem Unternehmen gearbeitet, sagte der ehemalige Betriebsratschef Krüger. &bdquo;Das hat sich verändert. Stolz auf die Geschäftsleitung kann ich heute leider nicht mehr sein.“

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