Gütersloh droht ernste Finanzkrise: Stehen wichtig Projekte auf der Kippe?

Gütersloh. Die drohende Haushaltskrise der Stadt wirkt sich auf immer mehr Bereiche aus. Nun trifft es den Nahverkehr und den Sport. Nach Ansicht der Verwaltung ist in der derzeitigen Lage weder für ein besseres Bussystem noch für das Jugendförderzentrum des FC Gütersloh Geld da – beides Projekte, die eigentlich als sinnvoll erachtet werden. Dem Nahverkehr droht somit ein herber Rückschlag. Die seit Jahren laufenden Bemühungen, den Gütersloher Bürgern ein besseres Bussystem anzubieten, stehen plötzlich vor dem Scheitern. Verkehrsdezernentin Nina Herrling jedenfalls rät, von Leistungsausweitungen abzusehen und zunächst die Gespräche über die Konsolidierung des Haushaltes zu führen. Auch Sport- und Sozialdezernent Henning Matthes steht auf der Bremse. Für das geplante Jugend- und Vereinsheim des FC Gütersloh am Sportzentrum Süd gebe es aus sportfachlicher Sicht eine Vielzahl guter Gründe – allerdings habe die Stadt &bdquo;derzeit keinen finanziellen Spielraum für Sonderprojekte dieser Art“. Daher: Nein. Jährlich 1,9 Millionen Euro zusätzlich Beim FC Gütersloh würde sich die Stadt einen einmaligen Zuschuss von 900.000 Euro sparen, beim Bussystem geht es um deutlich mehr: Die geplante Leistungsausweitung würde jährlich 1,9 Millionen Euro kosten. Hinzu kämen die Kosten für den Bau neuer oder die Reaktivierung alter Haltestellen. Eigentlich war beabsichtigt, dass die Fraktionen schon am Donnerstag, 16. November, die Weichen für ein verbessertes ÖPNV-Angebot stellen. Stadt und Stadtbus GmbH hatten im September ein dickes Bündel an Vorschlägen präsentiert. Demnach sollten die Taktzeiten der Busse verkürzt, die Betriebszeiten teils bis in den späten Abend verlängert, neue Linien geschaffen und &bdquo;weiße Flecken“ im Bedienungsangebot beseitigt werden. Insgesamt handelte es sich um neun Pakete. Die signifikanten Leistungsausweitungen, so hieß es, könnten einen Beitrag zur Mobilitätswende darstellen. Im Mobilitätsausschuss am Donnerstag sollten die Fraktion genau das beschließen. Doch nun verweist Verkehrsdezernentin Herrling in einer gestern veröffentlichten Ergänzungsvorlage auf den frisch eingebrachten Haushalt für 2023. Der sehe – ohne ausgeweitetes Busnetz – schon jetzt ein Defizit von 44,7 Millionen Euro vor. Sollten die Ausweitungen in vorgeschlagener Form vollständig beschlossen werden, sei die unmittelbare Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nicht mehr abzuwenden. Dieses Szenario entstehe auch dann, würden nur Teile der Ausweitungen berücksichtigt. Förderantrag liegt bereits seit dem Frühjahr vor Herrling rät den Fraktionen daher eindringlich dazu, das nicht zu beschließen. Der &bdquo;grundsätzliche Mehrwert der Ausweitungen zur Attraktivitätssteigerung im kommunalen ÖPNV-Angebot“ werde aber weiterhin gesehen. Beim Jugendförderzentrum liegt der Förderantrag des FC Gütersloh seit Frühjahr vor. Der Verein beziffert die Kosten des Baus mit 1,8 Millionen Euro – die Hälfte davon will er mit Hilfe des Hauptsponsors Thomas Hagedorn aus eigener Tasche bezahlen, die andere Hälfte erhofft er sich von der Stadt. Geplant ist ein eigenständiges Gebäude mit Umkleiden, Duschen, Toilettenanlage, einem Jugend- und Vereinsraum und einem Aufenthaltsbereich für Eltern, Spieler und Zuschauer. Der FCG will damit seine Nachwuchsförderung verbessern, weitere Jugendliche von der Warteliste aufnehmen und perspektivisch ein Nachwuchsleistungszentrum schaffen, das auch die Spielerinnen des FSV Gütersloh nutzen können. Auch die DJK Gütersloh, Hauptnutzerin der Turnhalle am Schulzentrum, werde von dem Neubau profitieren. Alles gute Gründe, findet Sportdezernent Matthes – aber die angespannte Haushaltslage der Stadt biete keinen Spielraum, weder für die einmalige Investition noch für die Folgekosten des Gebäudes. Das betreffe im übrigen nicht nur 2023, sondern auch die Folgejahre. Denn: Auf der städtischen Investitionsliste stünden andere Sportbauprojekte (&bdquo;insbesondere Sanierungen bestehender Anlagen“), die nicht noch weiter in den Hintergrund geraten dürften. Es fehlt das Geld Mit dieser Bemerkung verbaut Matthes möglicherweise auch jegliche Chancen für den FCG-Vorschlag, wonach die Stadt den 900.000-Euro-Zuschuss zusagt, aber auf vier Jahre verteilt. In diesem Fall, so die Idee, würde Hagedorn vorstrecken, um mit dem Bau bald beginnen zu können. Die Absage-Empfehlungen zum FCG und zum Bussystem passen zu einem anderen kürzlich getroffenen Beschluss. Auch bei den Betriebskosten für die Kindergärten hatte die Stadt argumentiert, es sei fachlich absolut berechtigt, den Zuschuss für die freien und kirchlichen Kita-Träger auf 100 Prozent zu erhöhen – allerdings fehle dafür das Geld (der Mehraufwand läge bei 1,2 Millionen Euro pro Jahr). Stadt und Kita-Träger suchen nun gemeinsam nach Lösungen.

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