Meinung

Welchen Grund sollten die Wohlhabenden haben, Gütersloh finanziell zu helfen?

Die Weberei wird schließen. Um das Angebot zu erhalten, fehlen Millionen. Woher sollen die kommen, fragt sich unsere Autorin.

Die Weberei in Gütersloh. | © Detlef Guethenke

Jeanette Salzmann
16.07.2025 | 16.07.2025, 11:10

Hier ist ja richtig was los. Ist das immer so?“, wollte Jörg Hartmann von seinem Publikum wissen. In charmantem Plauderton verriet der Schauspieler, den man gemeinhin als „Tatort“-Kommissar Faber kennt, dass er zum ersten Mal in Gütersloh ist. Es gefiel ihm, denn während er sein Buch „Der Lärm des Lebens“ im Weberei-Saal vorstellte, kam der Lärm der Stadt dazu. Draußen dröhnten die Bässe vom Jugendkulturfestival. Auf dem Gelände überall junge Menschen und drinnen war der Saal randvoll mit Älteren. „So viel Leben“, stellte Hartmann fest, „so muss es sein.“ Fast tat es weh.

Zum 31. Januar 2026 hat die Bürgerkiez-Gesellschaft den Pachtvertrag gekündigt. Die nicht beseitigten Gebäudemängel führten zu dem Schritt. Die Stadt reagierte, hat die Fördervereinbarung zum Ende dieses Jahres gekündigt. Daher endet zu Silvester das geförderte Sozial-, Kultur- und Raumangebot in der Weberei.

Wenige Stunden nach Hartmanns Lob fand der erste Inventarverkauf im Rahmen eines „Kiezklüngel Spezial“ statt. Von Technik aus den Bereichen Licht und Ton sowie Küche bis hin zu kleinen Erinnerungen wie Gläser, Möbel und Deko gingen zahlreiche Dinge aus 13 Jahren Bürgerkiez über den Tresen. Die Weberei verschachert sich auf dem Flohmarkt.

Newsletter
Wohnen & Wohlfühlen
Immo-News, Bautrends und Wohntipps aus dem Kreis Gütersloh.

Inventarverkäufe sind für September angekündigt

Alle Dinge, die im zweiten Halbjahr nicht mehr benötigt werden, konnten sofort von den Käufern mitgenommen werden. Andere Teile, die noch im Einsatz sind, werden erst zu einem späteren Zeitpunkt an die neuen Besitzer übergeben. Weitere Inventarverkäufe sind für September angekündigt, auch eine unterhaltsame Auktion soll veranstaltet werden, auf der dann besondere Schätzchen meistbietend unter den Hammer kommen.

2026 soll die Weberei wegen Umbau für ein Jahr geschlossen werden. Die Stadt will die Verpachtung des Gebäudes neu ausschreiben. Freilich ohne Inventar, das gehört der Bürgerkiez GmbH. Und dann? Das gesamte Gebäude gilt als schwer sanierungsbedürftig, die Rede ist von mehreren Millionen Euro, die jetzt neben der geplanten Küchen-Renovierung investiert werden müssten. Die Mittel sind nicht da.

Man könnte Liz Mohn fragen, ob sie sich beteiligt. Aber sie hat in dieser Woche schon Post bekommen – verbunden mit der Bitte, den Sprungturm im Gütersloher Nordbad zu retten. Man könnte Thomas Hagedorn fragen, ob er sich beteiligt. Aber der taucht mit seinem freundlichen Lächeln inzwischen so oft auf den (finanziellen) Baustellen dieser Stadt auf, dass einem fast mulmig werden kann.

Wohl dem, der einen solventen Sponsor hat

Die Stadt hat den „Investitionsfonds Sport 2030“ beschlossen. Er wird mit 2,5 Millionen Euro gespeist, verteilt auf die Jahre 2026 bis 2030. Zusätzlich und schon im Vorgriff darauf erhält der FC Gütersloh 900.000 Euro für den Neubau von Umkleiden mit Jugend- und Vereinsheim im Sportzentrum Süd. Für diesen Neubau steuert Hauptsponsor Hagedorn weitere 900.000 Euro bei. Allein die Grünen stimmten im Rat der Stadt Gütersloh dagegen; sie prangerten eine Bevorzugung des FC Gütersloh an.

Ja, natürlich wird der bevorzugt. Da hilft auch kein Klagen von Grünen-Vertreter Mantovanelli, ihm seien die Kinder von Tur Abdin genauso lieb wie die vom FC Gütersloh. Dafür läuft’s beim FCG wieder rund, die Ticketverkäufe boomen. Fußball ist Stadtmarketing, man muss sich halt entscheiden. Wohl dem, der einen solventen Sponsor hat.

Aber wer gibt Geld für die Weberei? Es sind Unternehmensspenden in Millionenhöhe geflossen, um den Theaterbau zu ermöglichen. Den Bau, auf den bis heute so viele Gütersloher schimpfen. Und der die letzten Tage von Hunderten von Kindern für ihre Schultheaterstücke genutzt und von Tausenden Kindern besucht wird, dass Christian Schäfers Mannschaft an ihre Grenzen gerät.

Warum sollten die ihrer Heimatstadt helfen?

Werner Gehring hatte eine Million gespendet, um gleich mehrere Projekte umzusetzen, die vor wenigen Monaten allesamt auf der Streichliste der Stadtverwaltung landeten. Also mal ehrlich: Welchen Grund sollten die Wohlhabenden haben, ihrer Heimatstadt finanziell zu helfen?

Bis die großen Fragen geklärt sind, könnten die kleinen erledigt werden, bevor der nächste Pächter abspringt. Da wäre etwa noch der Toilettenwagen am Parkbad, der seit Jahren dort steht, weil die sanitären Anlagen nicht funktionieren. Aber vielleicht muss Betreiber Franz-Josef Füchtenschnieder nur mal den FCG zum Trainingslager einladen, damit Bewegung in die Sache kommt.