
Gütersloh. Überraschender Schwenk im Fall der geplanten Sanierung und Erweiterung des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums (ESG): Das historische Hauptgebäude (Bauteil A) samt Aula und Türmchen soll nun doch auch künftig für schulische Zwecke genutzt werden. Dies zeichnet sich nach einer Gesprächsrunde von Kuratorium, Fraktions- sowie Verwaltungsvertretern Anfang dieser Woche ab. Die bisher von Verwaltung und Schule favorisierte Ausbauvariante 4 wäre damit vom Tisch.
Sie sah neben dem Umbau und der Sanierung des Bestandsgebäudes an der Daltropstraße (Bauteil B) sowie der Sanierung der Sporthalle einen großen Neubau auf dem Gelände des Sportplatzes vor. Hier sollten Klassenräume, Fachklassen, Aula, Bibliothek, Lehrerzimmer und Verwaltung untergebracht werden. Der denkmalgeschützte, stadtbildprägende Altbau aus dem Jahr 1928 würde nach dieser Variante nicht mehr für den Schulbetrieb benötigt. Für ihn müsste eine andere Nutzung gefunden werden. Jedoch gebe es dazu „weiterhin null Ideen“, hieß es aus Teilnehmerkreisen.
"Entscheidung zum Altbau wird uns abgenommen"
Die nun offenbar mehrheitlich bevorzugte Variante 1 mit Komplettsanierung des Gebäudebestands und Anbau an Bauteil B trifft bei Heiner Kollmeyer auf „große Sympathie“. Mit dieser Lösung entledige man sich zweier Probleme, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende: Zum einen werde damit die Diskussion darüber beendet, ob der bislang geplanten Kombination Neubau/Sanierung ein Architektenwettbewerb vorgeschaltet werden sollte oder nicht. Wegen der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung hatte sich der zuständige Beigeordnete Henning Matthes, der zugleich Kuratoriumsmitglied ist, strikt dagegen ausgesprochen, was der Stadt eine heftige Schelte unter anderem des Forums Baukultur OWL eingebracht hatte. Zum anderen, so Kollmeyer, „wird uns die Entscheidung über eine andere Nutzung des Bauteils A als die schulische abgenommen“.
Während die Grünen-Fraktion und auch die BfGT sich nach Aussage deren Fraktionssprecherinnen noch nicht auf eine Variante festgelegt haben, argumentierte SPD-Fraktionschef Volker Richter ähnlich wie Kollmeyer. „Wir könnten die Variante 1 mittragen.“ Sie erspare allen die emotionale Debatte über die Zukunft des Altbaus mit dem Türmchen, „und ein Architektenwettbewerb ist auch nicht erforderlich“.
"Sanierung des Bestands birgt Risiken"
Richter und Kollmeyer benannten allerdings auch Risiken. Bei der Sanierung eines Altbaus könne es immer passieren, dass die Kosten explodieren; das habe das Beispiel 3. Gesamtschule gezeigt. Wie berichtet, liegen die bisher ermittelten Investitionen für die beiden infrage kommenden Varianten 1 und 4 in etwa auf gleicher Höhe: gut 46 Millionen Euro.
Er vertraue auf die Expertise und die Berechnungen des eingeschalteten Projektsteuerers Mathias Eisenmenger, sagte Kollmeyer. „Die Kostenschätzungen könnten gut aufgehen.“ Unbefriedigend sei jedoch der hohe Aufwand, der bei der Variante 1 für Provisorien getrieben werden müsse. Sehr viel Geld sei nötig, um die Schulklassen während der Sanierungsphase in einem Ersatzbau aus Containern unterzubringen. „Container, die hinterher keiner mehr braucht.“ Insofern falle einem die Entscheidung nicht leicht. Dennoch denke er, die Variante 1 sei der richtige Weg. Jedoch wolle er den erneuten Beratungen seiner Fraktion zu dem Thema in der kommenden Woche nicht vorgreifen.
Der Rat hatte Anfang September eine Entscheidung in Sachen ESG vertagt, weil allen Fraktionen die bis dato vorliegenden Informationen dafür nicht ausreichten. Vorgesehen ist, dass die komplexe Angelegenheit am 8. Oktober erneut auf die Tagesordnung kommt. Volker Richter sagte, er sei gespannt, wie die Verwaltung dann die Favorisierung der Variante 1 begründen werde. Zuletzt hatte sich Matthes auch im Sinne des Kuratoriums gegen diese Lösung ausgesprochen und Variante 4 präferiert, denn: „Zuletzt bleibt auch bei der Sanierung des Gebäudeteils A ein denkmalgeschütztes wilhelminisches Schulgebäude, das aktuellen Anforderungen an Schulräume nur unzureichend erfüllt.“
"Beides ist bildungsfachlich tragfähig"
Am Freitag legte der Beigeordnete Wert auf die Feststellung: „Aus bildungsfachlicher Sicht sind beide Varianten tragfähig.“ Den Ausschlag für die Komplettsanierung habe das größere wirtschaftliche Risiko gegeben, das mit einer unklaren Weiternutzung des Altbaus verbunden sei. Dies liege im Zweifel nämlich bei der Stadt und nicht dem Kuratorium, das zwar Eigentümer, aber ansonsten mittellos sei.
Matthes fügte hinzu, angesichts der außerordentlich hohen Bedeutung des ESG-Themas liege ihm sehr an einer möglichst einstimmigen Beschlussfassung. "Das wäre ein positives Signal für die Weiterentwicklung der Gütersloher Bildungslandschaft."