Klimaschutz scheint in Gütersloh zu nerven: Sind Bäume nur Kleinigkeiten?

Gütersloh. Es ist noch nicht so lange her, da konnte die Gütersloher Stadtverwaltung recht frei darüber entscheiden, wenn ein paar Bäume zugunsten einer Baumaßnahme gefällt werden mussten. Aber das ist vorbei. Wir stecken alle miteinander im Klimawandel und wir sind empfindlich geworden, wenn es um Maßnahmen geht wie das Fällen von Bäumen. Kein Wunder: Der Baumzustandsbericht der Stadt Gütersloh dokumentiert 2.361 todkranke Bäume. An die braunen Fichtenwäldchen haben wir uns fast gewöhnt, jetzt stehen seit diesem Sommer die toten Birken aufgereiht am Wegesrand – wer es nicht glauben mag, kann es am Blankenhagener Weg besichtigen. Die Buchen folgen. Mehr als 20 Bäume sollen für die neue Brücke gefällt werden &bdquo;Und hier sollen nun 21 gesunde Bäume gefällt werden? Das ist ein kleiner Wald. Das kann nicht sein", sagt Angelika Daum von der GNU auf der Demo vor der Stadthalle. Es waren etliche Naturschützer gekommen, um den Lokalpolitikern die Meinung zu sagen. Die Bäume sollen weichen, weil die Stadt eine neue Fußgängerbrücke über die B61 plant. Die alte war marode, steht – halb abgerissen – seit zwei Jahren rum und zwingt Radler, Fußgänger, Kinder, Hunde, Jogger zu riesigen Umwegen. Alle hatten sich gefreut, dass es jetzt weitergehen soll. Eh die Brücke steht, dauert es ohnehin noch bis Ende 2021. Aber dass für das neue Brückenkonstrukt die 21 Bäume weichen sollen, wurde in den Planungen vorab nicht offen ausgesprochen. In der Stadtverwaltung schüttelt man ungläubig den Kopf Die Umweltverbände sind sprichwörtlich auf dem Baum. &bdquo;Der Preis der Bäume für diese Brücke ist nicht in Ordnung", dabei entspräche die teure Brücke nicht einmal dem Stand der Anforderungen an eine Hauptroute im Radverkehr. &bdquo;Sie war von Anfang an zu schmal geplant", so Felix Kupferschmidt von der Verkehrswende Gütersloh. In der Stadtverwaltung schüttelt man ungläubig den Kopf. Die Erste Beigeordnete und Umweltdezernentin Christine Lang sagte bereits, dass eine solche &bdquo;Kleinteiligkeit der Politik" bislang kein Standard sei. Es mangele offenbar an Vertrauen in das Handeln der Verwaltung. &bdquo;Wenn wir weiterhin über Dinge derart bis ins Detail diskutieren und sie in Frage stellen, führt das dazu, dass sämtliche Vorhaben sich auf unbestimmte Zeit verzögern." Kritik an Expansions-Plänen von Storck in Halle Werfen wir einen kurzen Blick rüber in die Stadt Halle, die hat ein ähnliches Problem, wenn auch von größerem Ausmaß. Durch die geplante Firmenerweiterung von Storck sollen im Rahmen der Baumaßnahmen wieder viele gesunde Bäume des Tatenhauser Waldes weichen – wie zuletzt beim Bau der A33. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fragte: &bdquo;Lässt es sich aus ethischen Gründen überhaupt noch vertreten, einen gesunden Waldbestand in einer Größenordnung bis zu zehn Hektar abzuholzen?" Die Verwaltung warnte davor, die Expansion zu verweigern. Die Lokalpolitiker haben im Stadtrat die Pläne voll umfänglich abgenickt. Viele Bürger können es nicht fassen. Wird das Verabredete nicht eingehalten, muss sich doch niemand über Vertrauensverlust beklagen Die Stadt Gütersloh hat im Sommer letzten Jahres eine deutliche Willensbekundung zum Klimaschutz abgegeben. &bdquo;Der Rat der Stadt Gütersloh berücksichtigt ab sofort bei allen Entscheidungen die Auswirkungen auf das Klima und bevorzugt Lösungen, die sich positiv auf Klima, Umwelt- und Artenschutz auswirken." Es ist im Grunde ganz einfach: Wird das Verabredete nicht eingehalten, muss sich doch niemand über Vertrauensverlust beklagen. Oder? Es gibt viele Gütersloher, die meinen es ernst mit dem Klimaschutz. Und man darf von der Verwaltung und der Politik erwarten, dass sie das auch tun.

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