Gütersloh. „Meine Geschichte der Alkoholabhängigkeit beginnt wie die vieler anderer, langsam und schleichend“, sagt Brigitte Haas. Als ehemalige Alkoholikerin leitet sie eine Selbsthilfegruppe für Patientinnen und Patinenten der Bernhard-Salzmann-Klinik (BSK) in Gütersloh. „Anfangs war es nur ein Glas auf Partys oder zum Essen, später wurde Alkohol zum ständigen Begleiter, als Belohnung, Trost oder Ausweg.“
Die Sucht-Rehaklinik des LWL-Rehazentrums Ostwestfalen feiert in diesem Jahr 60-jähriges Bestehen. In der Fachklinik auf dem Gelände des LWL-Klinikums Gütersloh werden Menschen auf ihrem Weg raus aus der Abhängigkeit von stoffgebundenen und -ungebundenen Süchten professionell begleitet.
Brigitte Haas weiß, wovon sie spricht. Sie hat ihren Alltag irgendwann nur noch um das nächste Glas herum organisiert. "Es gab immer einen Grund zu trinken: Gute oder schlechte Tage, Stress, Lob, sogar eine Schnapszahl auf dem Kilometerzähler im Auto", sagt sie rückblickend.
Beeindruckende Worte von Gütersloher Chefarzt
Im Jahr 2014 traf Brigitte Haas eine Entscheidung, die ihr Leben veränderte. Sie begab sich in eine Langzeittherapie in der Bernhard-Salzmann-Klinik. "Das war das Beste, was mir passieren konnte. Ich hatte endlich verstanden: Ich bin nicht schwach, ich bin krank und brauche Hilfe."
Besonders die wertschätzende Haltung des Teams habe sie beeindruckt. "Der damalige Chefarzt begrüßte mich mit den Worten: 'Ich möchte Sie beglückwünschen, dass Sie den Mut gefunden haben, sich in Therapie zu begeben.' Das hat mich tief bewegt", resümiert sie.
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Aufgrund der langjährigen Alkoholabhängigkeit blieb eine dauerhafte Beeinträchtigung ihrer Motorik zurück. "Ich bin auf den Rollator angewiesen, weil der Alkohol mein Kleinhirn geschädigt hat", erklärt Brigitte Haas. Heute engagiert sich Brigitte Haas selbst in der Suchthilfe. Sie leitet Selbsthilfegruppen in der Bernhard-Salzmann-Klinik und begleitet Betroffene in ein suchtfreies Leben.
Ehemaligen Suchterkrankte hilft heute anderen Betroffenen in Gütersloh
„Die Geschichte von Frau Haas ist ein wichtiges Beispiel, wie erfolgreich der Weg aus der Abhängigkeit gelingen kann, und trifft den Kern unserer Arbeit: Patienten ermutigen, die Selbstwirksamkeit befördern und ihnen wieder Hoffnung geben“, sagte Christiane Rasmus, Cherfärztin des LWL-Rehazentrums Ostwestfalen kürzlich auf einer Fachtagung anlässlich des Jubiläums der Klinik.
„Die unermüdliche Lebensfreude von Frau Haas steckt auch unsere Patienten an. Es ist wunderbar zu sehen, wie sie die Alkoholabhängigkeit bekämpft hat und mit ihrem Wissen und eigenen Erfahrungen nun anderen Betroffenen hilft“, ergänzte Ulrike Dickenhorst, Therapeutische Leitung der BSK.
Zu der Tagung waren unter anderem auch Klaus Baumann, Vorsitzender der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe, und Gitte Trostmann, stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Gütersloh, geladen. Baumann betonte in seiner Rede die sechs Jahrzehnte des täglichen Einsatzes aller Mitarbeiter der Klinik: "Die BSK steht für Weitblick, Engagement und Menschlichkeit. Hier wurden in der Suchtrehabilitation stets Veränderungen angenommen und vorausschauend gedacht. Innovation hat hier Tradition."
INFORMATION
Hintergrund
Die Bernhard-Salzmann-Klinik wurde 1965 eröffnet und ist heute Teil des LWL-Rehazentrums Ostwestfalen, das wiederum zum Klinikum Gütersloh des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) gehört. Sie bietet mit 110 stationären Plätzen Menschen mit Suchterkrankungen ein umfassendes Therapieangebot, von der medizinischen Rehabilitation über Nachsorge bis hin zur beruflichen Wiedereingliederung. Durch das große Einzugsgebiet, werden in der Klinik Menschen aus ganz Deutschland behandelt. Ziel ist es, Betroffenen Wege in ein selbstbestimmtes, abstinentes Leben zu eröffnen.