Mehr als 1.500 Infizierte, 7.000 Menschen in Quarantäne, teils unter unwürdigsten Umständen. Und einfach alle im Lockdown. Im Kreis Gütersloh herrscht seit dem massenhaften Corona-Ausbruch bei Tönnies Ausnahmezustand. Ist das die richtige Zeit für Witzchen?
Einer, der sich das gar nicht erst fragt, ist Oliver Pocher. Der 42-Jährige taucht am Mittwoch, verkleidet als Clemens Tönnies, im Kreis Gütersloh auf, will sich bei den Menschen vor Ort entschuldigen. Für den Corona-Skandal aber auch für die Schalke-Saison. Sein Auftritt sorgt schon vor Ausstrahlung am Donnerstagabend bei RTL ("Pocher - Gefährlich ehrlich") für hitzige Diskussionen in den sozialen Netzwerken.
Ein mutiger Verler bringt Pocher aus dem Konzept
Pocher versichert, er wolle lediglich auf die Missstände im Unternehmen aufmerksam machen, auf die Produktion von Billigfleisch, Tierquälerei und die Ausbeutung osteuropäischer Mitarbeiter. Gute Idee, mag manch einer denken, an der Umsetzung allerdings hapert es. Während einige der befragten Passanten in der Innenstadt noch zu Scherzen aufgelegt sind, wird es spätestens dann unappetitlich, als Oliver Pocher einen der Wohnblocks in Quarantäne erreicht. Hinter dem Zaun: zahlreiche Tönnies-Mitarbeiter, die (und das ist vielleicht sogar ihr Glück) kaum eines von Pochers Worten verstehen. In einer Tüte, die er Männern überreicht, befinden sich laut eigener Aussage "Tofu und Glücksbärchenwurst". Ein Hohn.
Findet auch Heribert Schönauer, Erster Beigeordneter der Stadt Verl. Ob das denn die richtige Zeit für so etwas wäre, will er wissen, stellt sich dem Comedian vor laufendender Kamera und gibt ihm den Tipp, doch einfach mal durch eine Spende aus eigener Tasche zu unterstützen. Das tue er zusätzlich auch, versichert Pocher (der sofort aus seiner Rolle fällt und versucht, sich zu rechtfertigen). Das wäre zumindest mal ein Anfang.
Pocher selbst müsste doch am besten wissen, was es in Quarantäne braucht, schließlich waren er und seine Frau selbst mit Corona infiziert, zu Hause und mutaßlich deutlich besser versorgt. Sich selbst durch das Schicksal anderer (und damit ist definitiv nicht Clemens Tönnies gemeint, mit dem in dieser Situation wohl niemand Mitleid hat) Aufmerksamkeit zu verschaffen - damit ist niemandem geholfen.