Meinung

Merz im Rentenstreit: Eine selbst verschuldete Eskalation

In der Auseinandersetzung über die Rente beweist Friedrich Merz kein gutes politisches Gespür. Er hat die Debatte außer Kontrolle geraten lassen, meint unsere Autorin.

Bundeskanzler Friedrich Merz beim Landesparteitag der rheinland-pfälzischen CDU: Die von ihm unterstützte Rentenreform stößt in der eigenen Partei auf heftigen Widerstand. | © Harald Tittel/dpa

Christiane Jacke
16.11.2025 | 16.11.2025, 14:25

Für den Kanzler und CDU-Chef war der Besuch beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union ungemütlich. Dass es dort zu einem Showdown im Rentenstreit kam, daran ist Friedrich Merz aber selbst schuld. Und dass die Lage nun noch verkorkster ist als vorher, hat er sich auch selbst zuzuschreiben.

Merz und sein Führungszirkel sind sehenden Auges in die Auseinandersetzung mit den Jungen in der Union gesteuert. Die trugen ihre Bedenken intern schon vor Monaten vor, doch sie wurden nicht gehört. Stattdessen segnete das Kabinett das Rentenpaket trotz eines umstrittenen Zusatzes ab, den die Sozialdemokraten darin verewigten. Merz und seine Leute hätten vorhersehen können, dass die Jungen das nicht still hinnehmen.

Als die Junge Gruppe ihren Unmut schließlich öffentlich machte und eine Blockade im Parlament ankündigte, äußerte Merz dann großes Verständnis, erklärte das Thema zur Chefsache – und weckte damit große Erwartungen.

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Ein Fall von kommunikativer Fehlleistung

Merz sprach danach aber nicht mit den Jungen. Stattdessen sickerte über Medienberichte durch, dass ihm der Koalitionsfrieden wichtiger sei. Dem Parteinachwuchs sagte er das direkt aber erst jetzt beim „Deutschlandtag“. Dort entlud sich der ganze Ärger auf offener Bühne.

Rentenstreit spitzt sich zu: Merz enttäuscht den Parteinachwuchs

Es ist wieder mal ein Fall von kommunikativer Fehlleistung, wie er in Merz‘ Regierung öfter vorkommt. Diskussionen, die in der Sache vollkommen legitim sind, werden durch schlechte oder fehlende interne Abstimmung viel größer, viel dramatischer und in der Außenwirkung viel schädlicher, als sie es sein müssten. Merz hat die Sache von Anfang an schlecht gemanagt.

Beim „Deutschlandtag“ trat er dann mit einem schroffen Ton und in einer ruppigen Art auf. Damit hat er interne Gräben nur vertieft, statt zur Annäherung beizutragen. Das hinterlässt Spuren bei den Jungen.

Das Problem ist nicht gelöst

Vor allem hat der Kanzler das Problem nicht gelöst. Die jungen Unionsabgeordneten machen keine Anstalten, ihre Blockade im Parlament aufzugeben. Dafür ist der politische Spielraum, um eine Lösung zu finden, nun noch kleiner als vorher. Nachdem sich Merz so klar auf die Seite der SPD stellte, hat diese gar keinen Grund mehr, sich zu bewegen.

Zum Thema: Rentenplus 3,7 Prozent – Ausgaben steigen deutlich

Merz hat die Jungen in ihrem Widerstand nur stärker zusammengeschweißt. Bei ihnen ist nun eher ein „Jetzt erst recht“ zu spüren – und sie bekommen zunehmend Zuspruch von verschiedenen Seiten, auch von der Basis.

Aber auch die Anführer der internen Rebellion sind jetzt in einer schwierigen Lage. Sie haben die Auseinandersetzung zu einer Schicksalsfrage erhoben, die über die Glaubwürdigkeit der Union und das Vertrauen in die Partei entscheide. Sie haben getönt, auf keinen Fall einzuknicken. Davon können sie nicht einfach abrücken.

Damit ist ungewiss, wie es mit dem Rentenpaket weitergeht. Das Ringen dürfte sich noch länger hinziehen. Ob das bei den Wählern gut ankommt, ist fraglich.