Gütersloh

Kanus aus dem Drucker: Erste große 3D-Figuren produziert

Das in Melle beheimatete Unternehmen Melos druckt in Zusammenarbeit mit Teu2tec aus Friedrichsdorf erste 3D-Figuren aus. Einige könnten womöglich schon bald in der Gütersloher Innenstadt stehen.

Melos-Geschäftsführer Jörg Siekmann präsentiert das 1,20 Meter lange Melos-Boot aus dem 3D-Drucker. | © Jens Dünhölter

17.02.2020 | 17.02.2020, 16:00

Gütersloh. Seine Wassertaufe hat das neue, mit 1,20 Meter Länge vergleichsweise kurze, Melos-Kanu mit Bravour bestanden. „Es schwimmt tatsächlich, kein Problem. Das haben wir ausprobiert", sagt Jörg Siekmann während er den Prototyp in der Hand hält. Das Besondere an diesem Kanu ist dessen Herstellung. Das aus Holz-Verbundwerkstoff bestehende und im Verhältnis eins zu drei angefertigte Modell, wurde mit einem neuen, dreidimensionalen Druckverfahren gedruckt. Fräse, Bohrer oder Schweißgerät waren somit überflüssig.

150 Schichten liegen nun wie aus einem Guss übereinander. Doch das Herstellungsverfahren sieht man dem Boot nicht an. Ende 2020, das ist zumindest das Ziel des in Gütersloh geborenen Melos-Geschäftsführers, soll ein manntragendes, vier Meter langes Gefährt auf der Dalke schippern. Das Kanu „als erster Schritt für die Arbeit mit neuen Materialien" diene laut Siekmann lediglich als „Vorreiter. Als Beweis für die technische Machbarkeit". In einem kleinen Showroom steht unter anderem eine fast lebensgroße, bunte 3D-Riesenschildkröte für den Einsatz auf Kinderspielplätzen.

Sie beliefern auch das Berliner Olympiastadion

Zu Testzwecken wurden aus farblosem Granulat weitere Figuren wie ein Miniatur-Schiff oder ein kleiner Drache angefertigt. - © Jens Dünhölter
Zu Testzwecken wurden aus farblosem Granulat weitere Figuren wie ein Miniatur-Schiff oder ein kleiner Drache angefertigt. | © Jens Dünhölter

Mit dem seit fünf Jahren vorbereiteten Schritt in die dritte Dimension betritt das im niedersächsischen Melle beheimatete Unternehmen mit über 100 Millionen Jahresumsatz und 270 Mitarbeitern ein neues Geschäftsfeld. Die Experten für Böden und Granulate beliefern etwa den Gütersloher Kinderspielplatz oder auch das Berliner Olympiastadion.

Mit Siekmann als Kreativkopf an der Spitze steigt das Unternehmen auch in Handel und Vertrieb von 2D- und 3D-Figuren für Spielplätze ein. Beim Einstieg in die Fertigung steht Melos nun seit zwei Jahren das Start-Up-Unternehmen Teu2tec aus Friedrichsdorf für Entwicklung und Produktion zur Seite.

Geheimhaltung - samt Fotoverbot

Der Isselhorster Dirk Krupke gründete im Dezember 2017 auf einem gut 6.000 Quadratmeter großen Areal mit 5.500 Quadratmetern Produktionsfläche und 400 Quadratmetern Bürofläche des ehemaligen Flötotto-Werks, den wie er sagt „Innovationspartner für digitale Entwicklung, Innovationsprodukte, Megatrends und Digital Technologien". Ein internationales Team von 26 Mitarbeitern, darunter 13 Festangestellte und ebensoviele Studenten oder Auszubildende, beschäftigt sich derzeit parallel mit zwölf Zukunftsprojekten. Die unter Geheimhaltung – samt Fotoverbot – in den Hallen entwickelten 2D- und 3D-Figuren sind nur eines davon.

„Wir wollen von Friedrichsdorf aus neue innovative Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln und sie an den europäischen und Weltmarkt bringen", umreißt Jörg Siekmann das Ziel. Der Vorteil des Druckverfahrens liegt für den Fachmann auf der Hand. „Von digitalen Ansichten am Rechner bis zu realen Ausdrucken ist es kein weiter Weg. Man hat eine völlig andere Fertigungsgestaltung, kann frei planen." Ein weiterer Pluspunkt sei die Verwertung des Recyclingmaterials. „Das Verfahren verursacht fast keine Abfälle mehr. Das Restmaterial wird bei dem nächsten Druck weiter verarbeitet", sagt Siekmann.

So einfach wie es klingt, ist das Ausdrucken nicht

So einfach wie es klingt, ist das Ausdrucken indes nicht. Grund für weltweite Forschungen ist noch das Aushärteverfahren. In einer chemischen Reaktion muss der in einer Art Paste aufgetragene Stoff innerhalb von Sekunden aushärten. „Das ist momentan das primäre Kunststück daran", sagt Siekmann. Dennoch arbeite speziell die Bauindustrie unter Hochdruck an der Optimierung der Herstellungsverfahren. China und die USA seien sogar einen Schritt weiter. In Amerika würden laut Informationen von Siekmann bereits „bewohnfähige Häuser und Schiffe ausgedruckt". Auch der nächste, von der US-Weltraumbehörde NASA angepeilte Schritt „Häuser für die Besiedlung des Mondes auszudrucken" scheint nicht so weit entfernt, wie es den Anschein haben mag.

In solchen Dimensionen planen die Kooperationspartner aus Melle und Gütersloh aber nicht. Als Fernziel haben sich Melos und Teu2tec eine „Garagengröße von drei mal sieben Metern für Auto-Karosserien" auf die Fahne geschrieben. Mit den sechs bis sieben derzeit im Entwicklungszentrum vorhandenen Großformat-Druckern mit einem Meter Länge, sechs Metern Breite und einem halben Meter Höhe ist das Ende der Produktionskette erreicht.

„Wir könnten noch mehr Gas geben, warten aber momentan noch ab", sagt Siekmann. Ein gute Nachricht hat er aber noch für alle Gütersloher. Laut ihm könnten „vielleicht schon bald 3D-Figuren an prominenter Stelle in der Innenstadt" zu sehen sein. Mehr soll aber noch nicht verraten werden...