Prozessauftakt im Bielefelder Mordfall Nimani: Angehörige in Angst

Bielefeld. 16 Mal sollen die beiden Täter am 9. März 2024 in der Bielefelder Altstadt auf den bekannten Bielefelder Boxer Besar Nimani geschossen haben. Der 38-jährige Ex-Profisportler wurde mehrfach getroffen und starb noch am Tatort – eingangs der Obernstraße in der Bielefelder Altstadt. Seitdem leben die Angehörigen des Getöteten in Angst. Trotzdem stellen sie sich alle als Nebenkläger dem Prozess, der am Freitagvormittag, 31. Januar, vor dem Landgericht Bielefeld startete. Dort wirft die Staatsanwaltschaft dem 34-jährigen Bielefelder Hüseyin A. &bdquo;Mord aus Heimtücke“ vor. Die Witwe, die Eltern, sechs Schwestern und der Bruder des Getöteten, Berat Nimani, haben am Freitag nun erstmals dem mutmaßlichen Mörder vor Gericht gegenübergesessen. Er wurde aus der U-Haft im Gefängnis Bielefeld-Brackwede vorgeführt. Verstärkte Sicherheitskräfte und Polizeibeamte waren im Saal verteilt. Doch die Angst ist weiterhin groß. A. soll nicht allein gehandelt haben. Es gab zwei Täter. Der Bruder des Getöteten betont: &bdquo;Der zweite Täter ist bis heute nicht gefasst. Wir wissen nicht, wo er ist. Er könnte sich längst wieder in Bielefeld aufhalten.“ 📱 News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld Das kritisiert der Anwalt der Witwe und des Bruders Sein Anwalt Georg Schulze erklärt: &bdquo;Dass der zweite Täter nicht gefasst wurde, obwohl sein Name fünf Minuten nach der Tat bekannt war, hat das Leid der Familie noch verstärkt.“ Es sei schwer, zu ertragen, dass der zweite mutmaßliche Mörder sich noch immer frei durch Europa bewegen könne. Das Landgericht hat für den Prozess eigens die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und auch die Polizei als Unterstützung mit verschiedenen Einheiten hinzu gebeten. Vor Einlass in den Gerichtssaal mussten sich alle Besucher, aber auch alle Prozessbeteiligten auf Waffen und gefährliche Gegenstände durchsuchen lassen. Die Justizbehörde befürchtet Auseinandersetzungen zwischen Opfer- und Täterfamilie. Die ausführlichen Sicherheitskontrollen sorgten für eine 45-minütige Verspätung. Tränen, Umarmungen und angespannte Stimmung Als der Vorsitzende Richter der I. Großen Strafkammer, Sven-Helge Kleine, die Verhandlung eröffnen konnte, war die Anspannung im Saal greifbar. In den Reihen der Opferangehörigen flossen Tränen, immer wieder tröstende Umarmungen, große Ruhe im Saal. Und dann erschien der Angeklagte, flankiert von Justizwachtmeistern und seinem Verteidiger, Tobias Diedrich. Er blickte aufrecht in den Saal, legte sein Sakko über die Stuhllehne und begann sofort ein Gespräch mit seinem Verteidiger Tobias Diederich. Die Nebenklägerinnen und Nebenkläger gegenüber oder die Besucher hinter ihm würdigte er keines Blickes. Die Fragen des Vorsitzenden Richters beantwortete er laut und kurz. Dann verlas der ermittelnde Staatsanwalt Veit Walter die Anklage: Dafür brauchte er maximal zwei Minuten. Er wirft Hüseyin A. und seinem Komplizen vor, Besar Nimani gegen 18 Uhr an der Obernstraße aufgelauert zu haben, als dieser mit seinem Wagen einen Freund von einem Friseurgeschäft abholen wollte. A. und der zweite Täter eröffneten noch vor Erreichen der Ladentür mit ihren Schusswaffen das Feuer und trafen das Opfer an der linken Schulter, in beide Lungenflügel, ins Herz, in die Hüfte und in beide Oberschenkel. Der 38-Jährige verblutete noch am Tatort. Bielefelder Anwalt spricht von Hinrichtung Peter Wüller, anwaltlicher Vertreter der Eltern und der Schwestern des Opfers, bezeichnete die Tat als &bdquo;Hinrichtung auf offener Straße. Kaltblütiger geht es nicht“. Der Familie des Opfers gehe es seitdem sehr schlecht. Der Vater war am Freitag nicht in der Verfassung, dem Prozess persönlich beizuwohnen. Die Mutter, die Schwestern und der Bruder hätten aber heute im Gerichtssaal Stärke bewiesen, weil sie sich dem Angeklagten heute gegenübergestellt hätten, so Wüller. Das sei ihnen sichtbar nicht leichtgefallen, &bdquo;trotzdem haben sie heute wie eine Wand zusammengestanden, das hat mir höchsten Respekt abgerungen“, so der Bielefelder Strafverteidiger. Die Familie fordert seit dem Tag nach der Tat, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden und über ihn ein schuldangemessenes Urteil gefällt wird, so Wüller. Mit dem Auftakt des Prozesses ist zumindest für einen der beiden Täter ein erster Schritt getan. Wie berechtigt ist die Angst der Familie? Georg Schulze erklärt es so: &bdquo;Es hat eine Fülle seltsamer Vorfälle nach der Tat und während der Ermittlungen gegeben.“ So gebe es Videoaufnahmen von der Überwachungskamera, da fahren vor dem Haus der Familie mitten in der Nacht irgendwelche Menschen mit dem Motorroller vor.“ Auch von Drohnen über dem Grundstück sei zu hören gewesen. Auch wenn es keine konkreten Bedrohungen gegeben habe: &bdquo;Die Familie hat Angst, dass sie beobachtet wird.“ So habe es direkt nach der Tat in den sozialen Medien &bdquo;sehr abfällige Kommentare gegeben, die wirklich erschreckend waren, gerade angesichts einer so feigen und gewalttätigen Tat“, sagte Nebenklage-Anwalt Schulze. Zum Thema: Getöteter Ex-Profiboxer: Das sind die Anklagevorwürfe gegen den mutmaßlichen Mörder Zweiter mutmaßlicher Täter wird mit Haftbefehl gesucht Der mutmaßliche zweite Täter heißt Ayman Dawoud Kirit (34). Er wird seit der Tat von der &bdquo;Mordkommission Ober“ mit internationalem Haftbefehl gesucht. Dem Vernehmen nach soll auch er nach Belgien geflohen sein. Wie berichtet, wurde Hüseyin A. nach viermonatiger Flucht Mitte Juli von Zielfahndern des LKA in Brüssel entdeckt, von belgischen Spezialeinheiten überwältigt und wenig später nach Deutschland ausgeliefert. Weil Kirit noch flüchtig ist, wurde das Strafverfahren gegen ihn abgetrennt. Der aktuelle Prozess richtet sich nur gegen A., der übrigens zum Prozessauftakt keine Fragen beantwortete, weder zu seiner Person, seinem Werdegang und seiner privaten Situation noch zur Tat. Der erste Prozesstag endete damit ungewöhnlich schnell. Der Prozess wird mit den ersten Zeugenaussagen Mitte Februar fortgesetzt. Hinweise zum Aufenthaltsort von Ayman Kirit nimmt die Kripo (Mordkommission Ober) immer noch entgegen unter Tel. 0521 5450. Mehr zum Thema: Fall Besar Nimani – alle News und Hintergründe

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