Mord an Bielefelder Besar Nimani: Freunde der Beteiligten schildern Tathergang

Bielefeld. Der Mordprozess im Fall Besar Nimani ist am Dienstag, 11. März, im Bielefelder Landgericht fortgesetzt worden – weiterhin unter höchsten Sicherheitsbestimmungen. Erstmals kamen in der Verhandlung zwei Zeugen zu Wort, die den Angeklagten Hüseyin A. und den ebenfalls wegen Mordes verdächtigten Ayman Kirit persönlich kannten. Sie sagten aus, beide auch direkt am Tatort erkannt zu haben. Das war neu, hatten sich frühere Zeugen doch eher auf A. konzentriert. Die beiden Brüder, die sich am Abend des 9. März 2024 gerade in dem Friseursalon an der Obernstraße befanden, erlebten gegen 18 Uhr, wie vor ihrer Schaufensterscheibe plötzlich zahlreiche Schüsse auf Besar Nimani abgefeuert wurden. Als die beiden erkannten, was gerade vor der Tür passierte, sei einer der beiden Brüder aufgesprungen und habe sein Handy mit voller Wucht gegen die Schaufensterscheibe geworfen. Der Knall dieses Handys, so berichteten es beide vor Gericht, habe die Täter zumindest kurzfristig davon abgehalten haben, weiter zu schießen. Hüseyin A. soll daraufhin sofort die Flucht ergriffen haben. Der bis heute untergetauchte Ayman Dawoud Kirit hingegen habe sich lediglich zur Seite gedreht, habe die Brüder durch die Scheibe angelächelt, dann soll er mit dem Mund noch Wort noch &bdquo;Peng“ angedeutet haben und nochmals auf Besar Nimani geschossen haben. Dieser hatte sich wohl nach den ersten Schüssen nochmals aufrappeln können. Doch dann soll Kirit noch zwei bis drei Schüsse in den Rücken des Ex-Profiboxers abgegeben haben. Im Überblick: Alle Berichte zum Fall Nimani Bielefelder soll auch auf Friseursalon zu schießen versucht haben Anschließend soll sich Kirit wieder den Brüdern im Friseursalon zugewandt haben und mit der Pistole auf die Brüder (23, 35) gezielt und auch abgedrückt haben. In diesem Moment sei aber offensichtlich das Magazin der Waffe leer gewesen. Seine Pistole habe keine Projektile mehr abgefeuert, berichten die Zeugen. Der ältere Bruder sagte dazu: &bdquo;Wenn da noch Munition in dem Magazin gewesen wäre, hätte der mich durch die Scheibe umgeblasen.“ Dann soll der bewaffnete Bielefelder versucht haben, ein neues volles Magazin in seine Schusswaffe zu stecken. Doch die beiden Brüder drängten in diesem Moment nach draußen. Kirit soll zurückgewichen und daebi sein Magazin aus der Hand verloren haben. Das mit 14 Patronen (9-Millimeter-Vollmantelgeschosse) bestückte Magazin wurde später der Mordkommission als Beweisstück übergeben. Der 34-Jährige wiederum ergriff die Flucht in Richtung Alter Markt, so berichten die Zeugen, die noch wenige Meter weit hinter den Männern hinterherliefen. Zeuge schwört: Beide sollen geschossen haben Die beiden Brüder kennen Ayman Kirit seit vielen Jahren gut und hatten ihn sofort als Täter benannt. Auch Hüseyin A. war zumindest dem älteren Bruder bekannt. Er bezeichnete beide als Freunde, auch wenn er Besar Nimani näher gestanden habe. Immer wieder antworteten die Tatzeugen auf die Frage, wer denn geschossen habe, dass beide geschossen hätten. Beide hätten auch mehrfach geschossen. &bdquo;Ich schwöre. Beide haben geschossen. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen“, berichtet der 35-Jährige. Dem widerspricht allerdings die waffentechnische Analyse einer BKA-Expertin, die erst in der vorangegangenen Verhandlung betont hatte, dass 15 Patronenhülsen aus der einen und eine einzige aus einer anderen Schusswaffe stammen würden. Lesen Sie dazu: 15 Schüsse aus einer Pistole, nur einer aus einer anderen: Die tödlichen Schüsse auf Besar Nimani Einig waren sich beide Zeugen auch, dass der Iraker Kirit bei der Tatausführung sicherer gewirkt habe: &bdquo;Der hat geschossen wie ein Profi. Der wusste, was er machte.“ Er soll mit ausgestrecktem Arm und stabiler Stellung immer wieder gezielt auf den um sein Leben rennenden und springenden Ex-Boxer geschossen haben. Dabei sei er Stück für Stück näher an sein Opfer herangetreten. Zeuge war mit dem Opfer und den mutmaßlichen Tätern befreundet Der wegen Mordes angeklagte Deutsch-Türke Hüseyin A. habe hingegen nervöser gewirkt und seinen Schussarm immer wieder hin- und hergeschwenkt. Die Zeugen deuteten an, dass A. an der Waffe untrainiert wirkte. Der ältere der beiden Augenzeugen berichtete, dass er sowohl mit Besar Nimani als auch mit Hüseyin A. seit Kindestagen befreundet gewesen sei. Ayman Kirit kenne er, seitdem seine Familie aus dem Irak nach Bielefeld gekommen sei. Er habe zwei Jahre lang versucht, zwischen den beiden zerstrittenen Parteien zu vermitteln. So habe er auch Gespräche mit den Eltern und anderen Verwandten geführt. Doch alles ohne Erfolg. &bdquo;Besar war stur, stark und er war furchtlos.“ Er habe vor dem Tod keine Angst gehabt. Ein Zurückweichen habe es für ihn nicht gegeben. Und die beiden Angeklagten? Über sie berichtete der Wegbegleiter, dass sie &bdquo;aus einer anderen Szene“ kämen. Sie hätten oft Drogen konsumiert. &bdquo;Wer viel konsumiert, sieht die Dinge oft anders und verrennt sich auch darin.“ Die Aussage des 35-Jährigen führte beim Angeklagten zu einer seiner ganz wenigen Gemütsregungen. Seinen Anwälten gegenüber machte er eine Geste mit wegwerfenden Händen und mit einem Schulterzucken. Kündigung nach Prügelei führt zu jahrelangem Streit Der 35-Jährige wusste also, dass sich Besar Nimani auf der einen Seite sowie Ayman Kirit und Hüseyin A. hassten. Warum das so war, habe auch er nie verstanden. Es habe mal vor zwei Jahren Streit vor und im Kiosk von Besar Nimani an der Heeper Straße gegeben. Wegen einer Prügelei habe er einem Bruder des Angeklagten gekündigt. Er hatte mit ihm zusammen den Kiosk geführt. Anschließend sei es zu Handgreiflichkeiten und Bedrohungen gekommen. Ayman Kirit soll kurz darauf sogar mit einer Schusswaffe in dem Kiosk aufgekreuzt sein und nach Nimani gesucht haben. Seitdem hatte der Ex-Boxer Angst um sein Leben. Die Aussage Nimanis zu diesem Vorfall vom 15. September 2021 ist in einer Polizeiakte protokolliert. Weil der Ex-Boxer aber bei einem späteren Fotoabgleich, der zur Identifizierung der Täter führen sollte, bei der Kripo aber kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung gezeigt haben soll, so steht es in einem Polizeivermerk, wurden die Ermittlungen eingestellt. Auf die Frage, ob dieser Vorfall zweieinhalb Jahre vor der Mordtat das Motiv für den blutigen Streit gewesen sei, reagierte der 35-Jährige relativ vorsichtig: &bdquo;Ich vermute, dass der Kiosk-Streit ein Auslöser war. Aber ich denke, da war noch mehr.“ Er stelle sich seit der Ermordung Besar Nimanis jeden Tag die Frage, was der Grund für diese Tat gewesen sei. &bdquo;So etwas hat erst ein Ende, wenn einer unter der Erde liegt“ Der 35-Jährige selbst sei mit der drohenden Eskalation konfrontiert worden. &bdquo;Sie haben mir gesagt: ’Lauf nicht mit Besar Nimani durch die Stadt. Man weiß nie, wann es passiert. Sonst wirst Du auch sterben’.“ Gemeint war damit wohl, dass er in der Nähe seines Freundes Besar Nimani in Lebensgefahr schweben könnte. Wer diese Ankündigung gemacht habe, wollte der Zeuge nicht namentlich benennen. Die Drohung sei nicht direkt von den Angeklagten gekommen, sagte er, aber aus ihrem Umfeld. Einen Tag vor der Tat trafen laut dem 35-Jährigen Ayman Kirit und Besar Nimani zufällig in der Bielefelder Altstadt aufeinander. &bdquo;Ich hatte damals schon ein komisches Gefühl“, sagt der Zeuge, der das vergiftete Treffen miterlebt hatte. &bdquo;Ich habe mich extra zwischen die beiden gestellt, damit nichts passiert.“ Der 34-Jährige soll damals im Vorbeigehen gezischt haben: &bdquo;Du wirst sehen.“ Und dann sagt der Zeuge einen Satz, der das enorme Gewaltpotenzial in diesem Streit mehr als deutlich macht: &bdquo;So etwas hat erst ein Ende, wenn einer unter der Erde liegt.“ Die jüngste Eskalation vor dem Landgericht hat allerdings mehr als deutlich gezeigt, dass damit aber leider kein Ende eintritt. Knapp ein Jahr später fielen wieder mehrere Schüsse. Vier Männer wären fast gestorben, vermutlich nur weil sie Angehörige eines der mutmaßlichen Todesschützen sind. Lesen Sie auch: Schüsse in Bielefeld: Berat Nimani hat sich gestellt und sitzt ab sofort in U-Haft

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