Lebenslange Haftstrafe für den Mörder des Bielefelder Boxers Besar Nimani

Bielefeld. Am 9. März 2024 wurde der Bielefelder Ex-Profiboxer Besar Nimani in der Bielefelder Altstadt erschossen. 16 Schüsse mitten in der gut gefüllten Fußgängerzone lösten damals einen Schock unter den Bielefelder Bürgern aus. Gut ein Jahr nach den tödlichen Schüssen in der Obernstraße fällte am Dienstag, 8. April, die I. Große Strafkammer des Landgerichts nun ein Urteil in dem Fall: Der Angeklagte Hüseyin A. (34) wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts, Sven-Helge Kleine, erklärte in seiner Urteilsbegründung, dass der Angriff auf sein Leben für das Tatopfer nicht zu erwarten war. Die Kammer hatte laut Kleine demnach keine Zweifel an der Arg- und Wehrlosigkeit Besar Nimanis. Für die Entscheidung, ob A. wegen Totschlags oder Mord zu verurteilen war, war das die entscheidende Frage. Insofern habe Hüseyin A. heimtückisch agiert, so der Vorsitzende Richter, auch wenn kurz vor der Tat noch an das Auto Besar Nimans herangetreten war. Als der Angeklagte und der Mittäter mit Pistolen auf Nimani zugegangen seien, habe der Ex-Boxer abgewinkt und damit ein Zeichen gegeben, dass man ihn jetzt in Ruhe lassen solle. &bdquo;So verhält sich niemand, der einen Angriff auf sich oder sogar auf sein Leben erwartet“, betonte Kleine. Damit sah die Kammer das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt an. Eine besondere Schwere der Schuld, wie von Nebenklagevertreter Georg Schulze gefordert, konnte die Kammer allerdings nicht feststellen. 15 von 16 Schüssen auf Nimani soll Ayman Kirit abgegeben haben Der Angeklagte nahm das Urteil äußerlich zunächst ungerührt entgegen. Doch seine wiederholten Blicke an die Decke des Gerichtssaals und ein leerer Blick ließen aber doch erkennen, dass er mit diesem Urteil nicht gerechnet hatte. Für das Urteil mache es übrigens keinen Unterschied, ob der Täter einmal oder 15-mal geschossen hat, betonte der Vorsitzende Richter. Auch wenn Waffenexperten des Bundeskriminalamtes durch eine Analyse der am Tatort gesicherten Projektile und Patronenhülsen sicher waren, dass aus der Waffe, die Hüseyin A. zuzurechnen sei, wohl nur einer der 16 Schüsse abgefeuert wurde, war die Kammer &bdquo;unzweifelhaft davon ausgegangen, dass eine Mittäterschaft vorgelegen hat“. Es habe keinen einzigen Hinweis darauf gegeben, dass einer der Täter von dem Tun des anderen nichts gewusst habe. Die Motive für den tödlichen Streit im Fall Besar Nimani bleiben trotz der ausführlichen Beweisaufnahme und elf Verhandlungstagen weitestgehend im Unklaren. Offenbar hatten sich Besar Nimani und der Angeklagte schon vor Jahren so gestritten, dass sie sich besser aus dem Weg gingen. Es sei aber lebensfremd, zu glauben, dass dies der tatsächliche Auslöser für den brutalen Gewaltausbruch am 9. März 2024 war: &bdquo;Warum soll man dann zwei Jahre oder mehr warten?“, fragte der Vorsitzende Richter. Hintergründe: Alle Berichte zum Fall Besar Nimani 15 der 16 Schüsse soll Ayman Dawoud Kirit auf den bekannten Ex-Boxer abgegeben haben. Er ist seit der Tat auf der Flucht. Hüseyin A. wiederum konnte nach seinem Abtauchen am 15. Juli von Zielfahndern des LKA und Spezialkräften in Brüssel (Belgien) festgenommen werden. Die Anwälte der Witwe, Georg Schulze, und der Eltern sowie der Schwestern des Getöteten, Peter Wüller, zeigten sich mit dem Ausgang des Verfahrens zufrieden: &bdquo;Die Familie kann mit der Entscheidung leben“, sagte Wüller. Es sei aber nur eine halbe Genugtuung, solange nur ein Täter zur Rechenschaft gezogen werden konnte. &bdquo;Natürlich kann man nicht zufrieden sein, wenn ein Mensch getötet wurde“, ergänzt auch Schulze. &bdquo;Aber mit der höchsten möglichen Strafe ist alles erreicht, was an irdischer Gerechtigkeit denkbar war. Die Verurteilung wegen Mordes ist richtig. Das wollten wir erreichen.“ Die Witwe hatte das Urteil äußerlich gefasst entgegengenommen. Am Ende des unter höchsten Sicherheitsbestimmungen durchgeführten Prozesses bleibt die Angst, dass dieser blutige Streit mit dem Urteil noch lange nicht beendet ist. Diese Sorge wurde bereits am 26. Februar dieses Jahres bestätigt, als nach dem vierten Verhandlungstag ein zweites Mal Schüsse in der Bielefelder Innenstadt fielen. Vier Angehörige des nun verurteilten Bielefelders Hüseyin A. wurden nach Verlassen des Gerichtsgebäudes an der Kreuzstraße niedergeschossen. Kurz darauf fielen weitere Schüsse aus einem fahrenden Auto. Geschwister des getöteten Boxers sollen aus Rache geschossen haben Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis der &bdquo;Mordkommission Kreuz“ gilt der Bruder des getöteten Ex-Boxers, Berat Nimani, als dringend tatverdächtig, zu Fuß an die Familienmitglieder und deren Begleiter herangetreten zu sein und mit einer 9-Millimeter-Kurzwaffe auf sie geschossen zu haben. Vier Männer (63, 23, 25, 25) wurden dabei zum Teil lebensgefährlich verletzt. Auch interessant: Der Podcast zu den Schüssen an der Kreuzstraße Seine Schwester (33) soll zudem aus dem fahrenden Auto auf den 25-jährigen Bruder von A. geschossen, aber nicht getroffen haben. Beide sollen &bdquo;aus Rache für die Tötung ihres Bruders gehandelt haben“, heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Innenministeriums zu dem Fall. Obwohl diese Tat auf den ersten Blick kaum Bedeutung für die Aufklärung des Mordes an Besar Nimani haben dürfte, kam es kurz darauf doch zu einer großen Überraschung in dem Fall: Denn im Mietwagen des ebenfalls durch einen Schuss verletzten Bruders von Hüseyin A. fand sich eine versteckte, ganz besondere Schusswaffe. Die im Kofferraum gefundene, halbautomatische Glock 19 konnte von Waffentechnikern des Bundeskriminalamtes mit Sicherheit als Tatwaffe vom 9. März identifiziert werden. Die ohnehin für A. belastenden Zeugenaussagen und Beweise wurden durch den späten Fund der bisher nicht bekannten Waffe zusätzlich unterstrichen. Zum Thema: Im Bielefelder Nimani-Prozess zeigt der Angeklagte erste Gefühlsregung Trotz dieser belastenden Beweislage hatten die Verteidiger von Hüseyin A., Gerhard Strate und Tobias Diedrich, in ihren Plädoyers postuliert, dass sie für ihren Mandanten nicht das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt sehen. &bdquo;Wir halten das Urteil in drei Punkten für falsch“, sagt Diedrich nach dem Urteil. Die Bewertung der Tatwaffe sei nicht eindeutig gewesen, die Mittäterschaft des Mandanten sei in der Frage, wann und wohin er geschossen haben soll, nicht ausreichend geklärt worden und vor allem das Mordmerkmal der Heimtücke sei als Urteil &bdquo;schlichtweg falsch“. Die Verteidiger kündigten daher an, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen und in Revision zu gehen. Für alle Beteiligten dieses Prozesses ging ein besonderes Verfahren zu Ende. Trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen im Gerichtsgebäude fielen dann außerhalb des Landgerichts Schüsse. Georg Schulze, der anfangs für Berat Nimani die Nebenklagevertretung machte, sagte dazu: &bdquo;Dass ein Mandant von mir öffentlich den Rechtsstaat einfordert und dann womöglich zur Vergeltung selbst das Recht in die Hand genommen haben könnte, das hat mich schockiert.“ Auch sein Verteidiger Peter Wüller sprach beim Thema Selbstjustiz von einem No-Go. &bdquo;Aber noch sei in der Sache nicht endgültig geklärt, ob es wirklich so war.“ Schon in wenigen Monaten ist dann mit dem nächsten schwerbewachten Strafverfahren vor dem Bielefelder Landgericht zu rechnen.

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