
Bielefeld. In den nächsten Wochen soll feststehen, wie es mit der Erweiterung des Gymnasiums am Waldhof weitergeht. In der rot-grün-roten Rathauskoalition sind viele dafür, dass das benachbarte Haus des Handwerks abgerissen wird und an seiner Stelle ein Schul-Erweiterungsbau entsteht.
Andreas Beaugrand, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Baukultur und Denkmalpflege im Historischen Verein, hat jetzt noch einmal einen dringenden Appell an die politischen Entscheidungsträger gerichtet, den Abriss zu verhindern.
„Dem Umstand, dass das Haus des Handwerks eine wichtige stadtgestalterische bauliche Funktion zwischen Bielefelds Alt- und Neustadt und damit zwischen Marienkirche, deren Gemeindehaus, dem Waldhof, dem Gymnasium am Waldhof und dem kleinen Park mit der freigelegten Lutter hat und für Generationen Bielefelder Familien ein wichtiger Treffpunkt gewesen ist, wird durch den geplanten Abriss in keiner Weise Rechnung getragen“, heißt es in einer E-Mail, die sich auch an wichtige Akteure in der Stadtgesellschaft richtet.
Vier Varianten für den Schulausbau
Abriss und Neubau seien relativ schnell zu realisieren. Man komme ohne eine größere Interimslösung für die Schule aus, und das Ganze sei auch noch halbwegs finanzierbar, heißt es in Koalitionskreisen. Im Betriebsausschuss des städtischen Immobilienservicebetriebs waren vom Bielefelder Architekturbüro Brüchner-Hüttemann Pasch bereits im September vergangenen Jahres vier unterschiedliche Möglichkeiten vorgestellt worden, wie das Gymnasium am Waldhof erweitert werden könnte.
Die schnellste und günstigste wäre die Variante 3. Sie sieht den Abriss des Hauses des Handwerks und einen Neubau vor. Hinzu käme eine neue Sporthalle. Klassen müssten während der Bauphase aus dem vorhandenen Schulgebäude nicht ausquartiert werden. Container könnten vorübergehend zusätzlichen Raum bieten.
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Eine erste Kostenschätzung ging 2023 von 60 Millionen Euro aus, dürfte inzwischen aber bereits wieder höher ausfallen. Die drei anderen Varianten wären bis zu 80 Millionen Euro teuer.
Stadt Bielefeld hat Haus des Handwerks noch nicht gekauft

Planungsdezernent Gregor Moss sagt, ob das Haus des Handwerks auch für schulische Zwecke genutzt werden könne, sei von der Bezirksregierung geprüft werden. Er will den Ratsgremien noch vor Weihnachten eine Bewertung der unterschiedlichen Varianten vorlegen. „Die Politik muss dann entscheiden.“
Die Stadt habe das Haus des Handwerks noch nicht von der Kreishandwerkerschaft erworben. Der Absichtsbeschluss des Rates von 2023 sei noch nicht umgesetzt worden. Der Beschluss war seinerzeit damit verbunden, die Denkmalwürdigkeit des Gebäudes abschließend zu klären.
„Der Abbruch des historischen und stadtgestalterisch bedeutenden Hauses des Handwerks ist offenbar beschlossene Sache“, ist dagegen Beaugrands Einschätzung. Die Obere Denkmalbehörde, angesiedelt beim Landschaftsverband in Münster, hält das Gebäude für denkmalwürdig, von der „Unteren“, angesiedelt bei der Stadt Bielefeld, ist noch kein abschließendes Votum bekannt.
Stadtgeschichtliche Bedeutung
Das 1937 errichtete Haus des Handwerks stammt von dem Bielefelder Architekten Hanns Thiele, der 1952 auch für das gegenüberliegende Gemeindehaus der Neustädter Mariengemeinde und im selben Jahr außerdem für den Bau des Kreishauses an der August-Bebel-Straße verantwortlich zeichnete.
„Wir sind der Meinung, dass eine derartige stadtgestalterische Veränderung nicht einfach so und unter der Hand beschlossen werden sollte, sondern die Beteiligung der Öffentlichkeit erfordert“, schreibt Beaugrand zum möglichen Abriss. Die Schule wiederum, die vor einigen Jahren von drei auf vier Klassen pro Jahrgang erweitert worden war, benötigt dringend mehr Platz.
CDU und FDP lehnen die Erweiterungspläne und den dafür erforderlichen Ankauf des Hauses des Handwerks ab. Ein Vorschlag der beiden, das neue auf dem Seidensticker-Campus geplante Gymnasium zu erweitern, es beim Waldhof-Gymnasium bei drei Jahrgangsklassen zu belassen, war wiederum von Rot-Grün-Rot abgelehnt worden.
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