Generationen von Abibällen und Parties: Droht dem ehemaligen Bielefelder Stadtpalais der Abriss?

Bielefeld. Hohe Säulen, Stuckelemente, elegante Aufgangstreppe: &bdquo;Das ist alles aber nicht historisch, sondern wurde fürs Stadtpalais in dem Stil in sehr einfacher Leichtbauweise hier reingezimmert“, sagt Jürgen Sautmann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Er führt die NW durch das ehemalige Haus des Handwerks am Papenmarkt. Jahrelang war es der Stammsitz der Kreishandwerkerschaft. Nun zieht sie in das neue Ausbildungszentrum auf dem Campus Handwerk hinter den Hauptbahnhof. Bekannter dürfte vielen Bielefeldern ein anderer Teil des Gebäudes sein, der bis 2019 für die Diskothek Stadtpalais genutzt wurde und seitdem leer steht. Die Stadt wollte das markante Gebäude, das 1937 errichtet und 1952 nach Zerstörungen im Krieg wiederaufgebaut wurde, eigentlich von der Kreishandwerkerschaft kaufen, abreißen und den Platz für den geplanten Erweiterungsbau des benachbarten Gymnasiums am Waldhof nutzen. Doch dann wurde der Denkmalschutz zur Hürde und Baudezernent Gregor Moss äußerte deutliche Zweifel – die Entscheidung wurde zurückgestellt. Davon lässt sich nach Informationen der NW das rot-grün-rote Rathausbündnis nicht abschrecken. Für den Kauf gebe es eine politische Mehrheit, heißt es. Außerdem gingen die Belange der Schule vor. Denn klar sei, dass die Züge des Gymnasiums am Ort untergebracht werden müssten. Wünschenswert sei es, das im Bestand zu schaffen. Wenn nicht, müsse abgerissen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen sei das möglich. Man sehe sich in der Pflicht gegenüber der Schule, Eltern, Schülerinnen und Schülern. Denen war der Ausbau fest zugesagt worden. Am Gymnasium am Waldhof geht es schon derzeit äußerst eng zu. Soll die Schule, wie beschlossen, dauerhaft vierzügig betrieben werden, fehlt eine Fläche von 3.500 Quadratmetern. Zehn Klassenräume müssten neu geschaffen werden, außerdem Fachräume. 16 der 26 bestehenden Klassenräume sind zu klein. Mehr Raum ist auch nötig, weil 2026 G8 ausläuft, dann wieder regulär alle Jahrgänge neun Jahre das Gymnasium besuchen. Bielefelder Behörde prüft Denkmalschutz Die obere Denkmalbehörde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (Münster) hält das Gebäude aus &bdquo;orts-, wirtschaftsgeschichtlichen und städtebaulichen Gründen durchaus für denkmalwürdig“. Die zur Stadt gehörenden unteren Denkmalbehörde wurde 2020 mit der Prüfung beauftragt. &bdquo;Seitdem haben wir dazu nichts mehr gehört und warten wir darauf, dass es weitergeht“, sagt Caro Brauneis, Leiterin des Gymnasiums am Waldhof. Viel Platz gibt’s auf jeden Fall, so der erste Eindruck beim Rundgang durch die ehemalige Disco. Einiges ist noch da aus Stadtpalais-Zeiten: Große Spiegelflächen, verwaiste Theken- und Sitzelemente, eine riesige, leere Gin-Flasche, ein paar letzte Luftschlangen, in die Jahre gekommener Teppichboden, stark abgenutztes, zu Teilen kaputtes Holzparkett und oder Fliesen im Treppenhaus. &bdquo;Was hier im Inneren denkmalschutzwürdig sein soll, weiß ich wirklich nicht“, sagt Sautmann und lässt seinen Blick schweifen. So, wie das Gebäude geschnitten ist, sei es als Schulbau nicht geeignet, hieß es bereits vor zwei Jahren von der Stadt. Ein Umbau wäre schwierig, unter Denkmalschutz kaum möglich. Nun soll es ein Gutachten geben, das sich mit der Frage beschäftigt, was baulich möglich ist. Eine Option könnte sein, die Aula der Schule und andere Funktionsräume in das Haus des Handwerks zu verlegen, um so Platz zu schaffen für mehr Klassenräume im Gebäude des benachbarten Gymnasiums. Dringend benötigter Platzbedarf einer Schule ermögliche, dass Denkmalschutzbegehren hintenanstehen oder sogar wieder ausgetragen werden, so kürzlich Baudezernent Gregor Moss im Schulausschuss. Noch ist unklar, welche Elemente genau als schutzwürdig erachtet werden. Doch Moss ahnt, dass das Thema sensibel ist. Der Abriss besonderer Fassaden ist in der Stadt ein umstrittenes Thema. Zuletzt gab es eine hitzige Debatte um das alte Anker- und Seidensticker-Fabrikgebäude am Stadtholz. Plan B für den Verkauf des Haus des Handwerks in Bielefeld Von der Stadt gibt es deshalb zum aktuellen Stand der Planungen zum Haus des Handwerks eine knappe Antwort. Das Thema werde zurzeit in den politischen Gremien behandelt. &bdquo;Daher bitten wir um Verständnis, dass dieser Diskussion nicht vorweggegriffen werden soll.“ Die Verwaltung werde zu gegebener Zeit informieren. Sautmann begrüßt, dass die Politik zeitnah über den Kauf entscheiden will. Der Preis läge bei 2,5 Millionen Euro. Falls die Stadt das Objekt nicht kaufen möchte, käme es regulär auf den Markt.

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