Kesselbrink bebauen: Bielefelder Experte fordert innerstädtisches Quartier

Bielefeld. Hans E. Latzke hatte im vierten Kesselbrinkgespräch kein gutes Haar am Kesselbrink gelassen und dessen Gestaltung &bdquo;verkorkst“ und &bdquo;Menschen abweisend“ genannt. Ähnlich kritische Töne findet auch Herbert Jaspert im elften Gespräch. Er sagt mit Nachdruck: &bdquo;Der Kesselbrink ist mit seinen 25.000 Quadratmetern viel zu groß – er ist gar kein Platz. Er ist lediglich eine Freifläche.“ Jaspert betont daher nochmals mit Leidenschaft auf dem Balkon des Grünen Würfels, was er schon vor einiger Zeit gesagt hat: &bdquo;Er gehört drastisch verkleinert, dann kann in seinem Zentrum ein neuer Platz geschaffen werden, der diesen Namen auch wirklich verdient.“ Großer Wurf statt kleinteiliges Nachbessern Aus diesem Grund appelliert Jaspert, der von 1987 bis 2000 Ostwestfalens größte Wohnungsgesellschaft, die BGW, führte, an die Stadt: &bdquo;Es macht keinen Sinn mehr, lediglich an kleinen Stellschrauben zu drehen und hier und da etwas nachzubessern. Der Platz ist nur noch durch einen großen Wurf zu retten.“ Und der sollte jetzt endlich gewagt werden. Denn der Platz müsse wieder aus den Schlagzeilen verschwinden. &bdquo;Aber auch die Bebauung, die gerade im weiteren Umfeld mit der Wissenswerkstadt, mit dem neuen Medienhaus der NW und dem runderneuten H1 begonnen wurde, sollte die Stadt dazu ermuntern, jetzt auch auf dem Platz selbst, einen echten Neustart zu wagen.“ Radikale Verkleinerung Der besteht für den 87-Jährigen darin, den Platz durch Bebauung an allen vier Rändern in einer Tiefe von 60 bis 70 Metern radikal von derzeit 25.000 auf rund 8.000 Quadratmeter zu verkleinern. &bdquo;Die würden dann immer noch ausreichen, um in dem neuen Karree einen wunderbaren Platz mit Aufenthaltsqualität zu schaffen, der vielleicht sogar eines Tages die Qualität eines Siegfriedplatzes erreichen könnte“, formuliert Jaspert seine Hoffnung und ergänzt: &bdquo;Und der Platz würde so auch sicherer werden, denn die Bebauung um den Platz herum schafft soziale Kontrolle“, betont Jaspert. Lesen Sie auch: Reportage: Zwischen Chillen, Gewalt und Angst – eine Nacht am Bielefelder Kesselbrink Der derzeitige Platz mit seinen Schwierigkeiten in Sachen Drogen, Gewalt und Kriminalität zeige ja, wohin es führe, wenn auf einer so großen Freifläche die soziale Kontrolle nicht ausreichend gegeben sei. Neuer Wohnraum wäre Gewinn für die Stadt Doch die Stadt könnte mit dieser Bebauungsmaßnahme nicht nur einen wirklichen Platz in ihrem Herzen schaffen, &bdquo;sondern auch viel neuen Wohnraum, an dem in Bielefeld ja immer noch großer Bedarf herrsche“, sagt Jaspert, der, bevor es ihn 1987 nach Bielefeld zog, in Bochum für die Stadtentwicklung und -sanierung verantwortlich war. Um bei dieser Randbebauung für Wohnen und Gewerbe, wie er sie empfiehlt, das Optimum herauszuholen, schlägt der Bau-Experte der Stadt zudem einen Architekturwettbewerb vor. Es könne dabei auch die Vorgabe geben, den Grünen Würfel in die neue Bebauung zu integrieren, fügt er im Gespräch hinzu und sagt: &bdquo;Bielefeld hat hier auf dem Kesselbrink die Chance für ein innerstädtisches Quartier mit hoher Lebensqualität in der Hand.“ Sie sollte zupacken. Den Aufwand für diese städtebauliche Neuordnung nennt er zudem &bdquo;überschaubar“. Investoren für Erlöse am Kesselbrink? Ein Sparmodell sei sein Vorschlag zudem, denn die Unterhaltskosten für den deutlich verkleinerten Platz, der in städtischer Hand bleiben sollte, würden deutlich sinken. Und aus dem Verkauf der Grundstücke an Investoren, &bdquo;natürlich mit einer Bauverpflichtung und Duldungspflichten von künftigen Platznutzungen versehen“, ließen sich zudem durchaus erkleckliche Erlöse erzielen. Damit würden dann wiederum Mittel frei, mit denen sich der Restplatz in ein innerstädtisches Kleinod verwandeln ließe. Teich oder Wasserspiel für die Mitte des Kesselbrinks Auch dazu hat Jaspert eine Idee mitgebracht. &bdquo;Wir sollten dem neuen Platz mit einem Gewässer (einem See oder einem breiten Kanal mit Brücken zum Beispiel) eine ganz neue Ausstrahlung und Anziehungskraft verleihen.“ Jaspert verweist auf ein Beispiel aus seiner Geburtsstadt Essen: &bdquo;Mitten im Universitätsviertel der Ruhrgebietsmetropole reiht sich Wasserfläche an Wasserfläche und stärkt so den Freizeit- und Erholungswert erheblich.“ Im Sommer dürfe darin geplanscht werden. Auch das wäre ein großer Wurf für Bielefeld im Vergleich zur doch eher kleinteiligen Lutterfreilegung. &bdquo;Und zudem noch ein starker Beitrag, die Stadt für den Klimawandel besser aufzustellen“, betont Jaspert und fügt schließlich hinzu: &bdquo;Ich bin jetzt 87 Jahre alt und werde diese Umgestaltung sicherlich nicht mehr erleben, aber ich hoffe, dass die Stadt sich ein Herz fasst und kommende Generationen dann mehr vom Kesselbrink haben als die jetzigen.“ Alle bisherigen Kesselbrinkgespräche können Sie hier nachlesen: Folge 1: Simon Böer: Stadtsportbund: Bielefelder Kesselbrink braucht mehr grüne Oasen und Sportangebote Folge 2: Georg Fortmeier: Jede Woche ein Event: Neue Ideen für den Bielefelder Kesselbrink in der Diskussion Folge 3: Raphaela Kula: &bdquo;Das Grün muss runter“: Bielefelder Künstlerin mit ungewöhnlichem Vorschlag für den Kesselbrink Folge 4: Hans E. Latzke: &bdquo;Völlig verkorkst“: Soziologe übt scharfe Kritik am Bielefelder Kesselbrink Folge 5: Tom Kummerfeldt: Impulse für das Herz Bielefelds: Neue Ideen für mehr Leben auf dem Kesselbrink Folge 6: Barbara America-Sieckmann: Bielefelder Händlerin wünscht sich Kesselbrink-Betreuer für mehr Sicherheit Folge 7: Hans-Jürgen Fieberg: Blinder Bielefelder versteht Aufregung nicht: &bdquo;Habe keine Angst auf dem Kesselbrink“ Folge 8: Anke Schmidt: Überraschende Idee: Bielefelderin wünscht sich ein Shopping-Angebot auf dem Kesselbrink Folge 9: Leida Schievink: Mehr Sicherheit: Jahnplatz-Ufos sollten auch Bielefelder Kesselbrink erhellen Folge 10: Andreas Kämper: Bielefelder verständnislos: &bdquo;Fragt endlich die Bürger, was mit dem Kesselbrink passieren soll“

Meistgelesen