Bielefelder verständnislos: „Fragt endlich die Bürger, was mit dem Kesselbrink passieren soll“

Bielefeld. Andreas Kämper hat ein Foto ausgedruckt und zum zehnten Kesselbrinkgespräch mitgebracht. Es stammt aus dem Sommer 2019 und zeigt Kinder und Jugendliche auf dem Kesselbrink. Sie spielen begeistert Basketball zwischen Fitness- und Skateranlage. Doch das Foto ist längst Geschichte, denn das Ein-Korb-Feld wurde von der Stadt nach wenigen Monaten wieder aufgegeben, weil angeblich die anderen Sporttreibenden durch umherfliegende Bälle gestört wurden. Der 72-Jährige, der über den Basketballkreis Ostwestfalen einst mit für das Feld gesorgt hatte, schüttelt über dessen Aufgabe immer noch den Kopf, will sich damit nicht abfinden und regt deshalb mit Nachdruck an: &bdquo;Wir sollten die Begeisterung, die gerade Olympia in Paris für das bei jungen Leute ohnehin sehr populäre Kleinfeldbasketballspiel 3×3 noch verstärkt hat, jetzt nutzen und das Feld auf dem Kesselbrink endlich reaktivieren.“ Der Korb, der damals samt Stange mobil verankert war, müsse sogar bei der Stadt noch vorhanden sein, mutmaßt Kämper, &bdquo;so dass Bielefeld zügig und ohne viel Aufwand solch einen Platz hier wieder einrichten könnte“. Der brächte bestimmt neuen Schwung auf den Platz, ist sich Kämper sicher, der 32 Jahre lang als Soziologe bei der Stadt Bielefeld gearbeitet hat – zuletzt als Quartiersentwickler unter anderem für das Ostmannturmviertel. Herausforderung Kesselbrink annehmen Als Soziologe und als Bürger Bielefelds interessiere ihn auch der Kesselbrink nach wie vor sehr, &bdquo;denn er ist ein Platz, der das ganze Spektrum des großstädtischen Lebens abbildet mit all seinen Licht- und Schattenseiten und eben auch vielen Möglichkeiten, hier seine Freizeit zu verbringen“. Lesen Sie auch: Reportage: Zwischen Chillen, Gewalt und Angst – eine Nacht am Bielefelder Kesselbrink Daher stelle er eine sehr große Herausforderung für die gesamte Stadtgesellschaft dar, &bdquo;und es sollte uns sehr interessieren, wie wir ihn weiterentwickeln können jenseits von einem Denken nur in Schwarzweiß.“ Die Menschen befragen und Daten erheben Um die richtigen Schritte in die Zukunft zu gehen, sollte die Stadt die Menschen, die den Platz nutzen, die in seinem Umfeld leben und arbeiten sowie Geschäfte oder Einrichtungen unterhalten, in einer Studie befragen, was sie denn von dem Platz erwarten. &bdquo;Es ist nicht zu verstehen, dass das bisher unterblieben ist. Dabei postuliert die Stadt doch ständig ihren Anspruch, die Menschen an Prozessen und Entscheidungen zu beteiligen“, sagt Kämper. &bdquo;Auch die Randgruppen auf dem Platz sollten dabei einbezogen werden“, betont er zudem, &bdquo;denn sie gehören genauso zu dieser Stadtgesellschaft wie alle anderen auch, haben Ideen und Bedürfnisse.“ Zudem sollten Daten über das Einwohnermeldeamt erhoben werden, um genauer zu ergründen, ob das Quartier um den Kesselbrink wächst oder schrumpft, sich die Bevölkerung verjüngt oder altert, um auf dieser Basis datenbasierte Schlussfolgerungen ziehen zu können, was rund um den Platz in Sachen Quartiersentwicklung zu tun ist. &bdquo;Wir müssen weg von nur gefühlten Wahrheiten“, sagt Kämper, der zusammen mit seiner Tochter das sozialwissenschaftliche Institut &bdquo;Gesellschaft für Organisation und Entscheidung“ betreibt. Ein Bürgerforum für das Quartier Wichtig sei es aber auf jeden Fall auch, die Menschen aus dem Umfeld des Platzes für diesen stärker zu interessieren. Ähnlich wie Anke Schmidt, die im achten Kesselbrinkgespräch, die Einrichtung von Quartierskonferenzen angeregt hatte, wirbt Kämper für ein &bdquo;Bürgerforum Kesselbrink“, das sich regelmäßig um den Platz kümmert, Lobbyarbeit für den Kesselbrink betreibt und die Menschen aus dem Viertel zusammenbringt. Zwei Slogan-Ideen hat er auch bereits mitgebracht, mit denen für den Platz geworben werden könnte. &bdquo;Wie wäre es mit ,Kesselbrink – Markt der 1.000 Möglichkeiten oder ,Kesselbrink – der Abenteuerspielplatz mitten in der Stadt?“, fragt Kämper und hofft nun, dass zumindest das Basketballkleinfeld wiederbelebt wird – &bdquo;als erster Schritt“. Grünen Würfel länger öffnen Auf jeden Fall sollte auf dem Platz das Angebot für Kinder noch deutlich erhöht und verbessert werden. Das bringe Leben auf den Platz. Auch der Grüne Würfel sollte zumindest übers Wochenende deutlich länger – mindestens bis Mitternacht – geöffnet sein. Das wäre auch ein belebendes Element. &bdquo;Je mehr Angebote wir den Menschen machen können, die um den Platz herum wohnen, desto interessanter wird dieser doch für sie und andere.“ Und Belebung bedeute eben auch eine stärkere soziale Kontrolle, so dass wir nicht immer nur über mehr Polizeipräsenz auf dem Kesselbrink reden. &bdquo;Die allein löse die Probleme auf dem Platz doch überhaupt nicht.“ Auch eine mobile Wache hält er nicht für notwendig, da der Platz ja eh stark bestreift werde. Aber eine Videoüberwachung sollte doch mal genau geprüft werden, sagt Kämper. Lesen Sie auch: Bielefelder Händlerin wünscht sich Kesselbrink-Betreuer für mehr Sicherheit Der Idee von Barbara America-Siekmann, Kesselbrink-Betreuer auf den Platz zu bringen, die die Menschen ansprechen, Regeln vermitteln und bei Bedarf helfen, kann Kämper durchaus etwas abgewinnen. &bdquo;Wir sollten so etwas ruhig mal ausprobieren.“ Er selbst fände es aber auch gut, wenn im Grünen Würfel Anlaufstellen geschaffen würden, wo Menschen bei Problemen auf dem Platz weitergeholfen wird. Baulich würde Kämper den Platz nicht groß verändern wollen. &bdquo;Er sollte auch in Zukunft als offener Multifunktionsplatz genutzt werden können.“ Das sei einer seiner Vorzüge. Deshalb halte er nicht viel von Tiny Houses am Rand des Platzes oder gar einem Kiosk mitten auf dem Platz als Anlaufpunkt, wie Andres E. Latzke im vierten Kesselbrinkgespräch vorgeschlagen hatte. Quartiersbündnis der neuen Player Er würde es allerdings sehr begrüßen, wenn die vielen neuen Player wie Goldbeck, die Wissenswerkstadt, die Uni im H1 und auch die NW mit ihrem neuen Medienhaus am Kesselbrink, in einer Art Quartiersbündnis mit ihren jeweiligen professionellen Möglichkeiten jeweils auch für den Platz aktiv werden würden. Für die NW hat er gleich noch eine konkrete Anregung parat: &bdquo;Ihr Medienhaus könnte doch zum Beispiel Konzerte auf den Platz bringen.“ Alle bisherigen Kesselbrinkgespräche können Sie hier nachlesen: Folge 1: Simon Böer: Stadtsportbund: Bielefelder Kesselbrink braucht mehr grüne Oasen und Sportangebote Folge 2: Georg Fortmeier: Jede Woche ein Event: Neue Ideen für den Bielefelder Kesselbrink in der Diskussion Folge 3: Raphaela Kula: &bdquo;Das Grün muss runter“: Bielefelder Künstlerin mit ungewöhnlichem Vorschlag für den Kesselbrink Folge 4: Hans E. Latzke: &bdquo;Völlig verkorkst“: Soziologe übt scharfe Kritik am Bielefelder Kesselbrink Folge 5: Tom Kummerfeldt: Impulse für das Herz Bielefelds: Neue Ideen für mehr Leben auf dem Kesselbrink Folge 6: Barbara America-Sieckmann: Bielefelder Händlerin wünscht sich Kesselbrink-Betreuer für mehr Sicherheit Folge 7: Hans-Jürgen Fieberg: Blinder Bielefelder versteht Aufregung nicht: &bdquo;Habe keine Angst auf dem Kesselbrink“ Folge 8: Anke Schmidt: Überraschende Idee: Bielefelderin wünscht sich ein Shopping-Angebot auf dem Kesselbrink Folge 9: Leida Schievink: Mehr Sicherheit: Jahnplatz-Ufos sollten auch Bielefelder Kesselbrink erhellen

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