Bielefelder Realschule schließt: Neue Schulform am alten Standort

Bielefeld. Das war's jetzt, endgültig. Das sei schon ein befremdliches Gefühl, sagt Inge Milbrandt-Finkbeiner. Die 68-Jährige arbeitet seit 1981 an der Kuhlo-Realschule, wäre eigentlich schon längst im Ruhestand und hat als Konrektorin jetzt noch den allerletzten Jahrgang begleitet. Montag war der letzte Schultag für die 91 Schüler des Abschlussjahrgangs und für die noch 20 verbliebenen Lehrerinnen und Lehrer dort. &bdquo;Dabei würden die Realschulplätze hier eigentlich noch gebraucht“, sagt Milbrandt-Finkbeiner. Aber das sei Politikum, und schon lange entschieden. Zum Schuljahr 2018/19 hatte die Stadt beschlossen, die 1951 vom Leiter des Bielefelder Kinderchores, Friedrich Oberschelp, gegründete Realschule auslaufen zu lassen und am Standort an der Fritz-Reuter-Straße eine von zwei neuen Sekundarschulen der Stadt aufzubauen. Die Sekundarschule Königsbrügge nutzt mittlerweile einen Großteil der verschiedenen Gebäude, die im Laufe der Jahre für die immer drei- bis vierzügige Kuhlo-Realschule errichtet wurden. Zuvor hatte die Stadt bei den Eltern der Viertklässler den Bedarf abgefragt. Realschuleltern äußerten allerdings immer wieder Kritik und Bedenken, dass Plätze fehlen. Das hat sich mit den Anmeldungen zum neuen Schuljahr bestätigt: Es gab stadtweit 75 Anmeldungen mehr als Realschulplätze. Luisenrealschule oder Realschule Heepen: Das seien die nächstgelegenen Alternativen zur Kuhlo-Realschule, so Milbrandt-Finkbeiner. Aber die seien immer stark überbucht. So hatte die Luisenschule zum kommenden Schuljahr 75 Anmeldungen (insgesamt 183) mehr als Plätze (108), an der Realschule Heepen gab es sogar 192 Bewerber für die nur 108 Plätze. Schülerschaft ist immer ein Spiegel der Gesellschaft &bdquo;Wir hatten hier jetzt zuletzt noch vier Klassenräume“, berichtet Milbrandt-Finkbeiner. Die, und auch die Verwaltungsräume, würden zukünftig auch von der Sekundarschule mit genutzt. Nach über 40 Jahren muss die 68-Jährige, die selbst einst erst die Realschule abgeschlossen hat, anschließend noch aufs Gymnasium gewechselt ist und Lehramt studiert hat, ihr Büro räumen. Die alten Schulchroniken mit handschriftlichen Aufzeichnungen aus den Gründungsjahren kämen ins Stadtarchiv, die Schülerakten mit den Abschlusszeugnissen würden zukünftig von der Sekundarschule Königsbrügge verwahrt. Die Schüler seien immer ein Spiegel der Gesellschaft, sagt Milbrandt-Finkbeiner. Immer mehr Kinder aus unterschiedlichsten Herkunftsländern, Einfluss und Ablenkung durch die Sozialen Medien: Die Herausforderungen seien gestiegen. Aber sie habe trotz alledem kein schlechtes Gefühl, wenn sie jetzt die &bdquo;letzten Kuhlos“, so der selbstgewählte Titel für die Abschlussfeier am Montagnachmittag, entlässt. Oft sei sie sehr positiv überrascht, wenn sie Ehemalige nach einigen Jahren wiedertrifft. Sich wirklich auf die Kinder einzulassen, mit ein bisschen Ruhe, sie in ihrer Situation wichtig zu nehmen, damit sei schon viel gewonnen, sagt die Pädagogin. Lob für die Lehrer der Kuhlo-Realschule in Bielefeld Viele Schülerinnen und Schüler aus dem Abschlussjahrgang machen erst mal mit Schule weiter, am Max-Planck oder auch am Berufskolleg. Mauritz, der eine Ausbildung zum Fachmechatroniker bei Schüco startet, ist da eher die Ausnahme. Auch sie gehen jetzt mit gemischten Gefühlen. Sie hätten eine gute Schulzeit gehabt, mit tollen Klassenfahrten, und wirklich viele tolle Lehrer. Besonders sei die Möglichkeit gewesen, Profilklassen entsprechend der persönlichen Neigungen wählen zu können und individuell gefördert zu werden, wie im Bereich Musik. &bdquo;Ich fand es auch super, dass wir hier viele Sozialarbeiter haben, die uns zusätzlich unterstützt haben“, ergänzt Simon. Zum Ende hin hätten sich sich allerdings ein bisschen von der Sekundarschule verdrängt gefühlt. Die letzte Zeit hätte das immer kleiner gewordene Kollegium zusammengeschweißt. Einige der 20 Lehrer der Kuhlo-Realschule hätten teils schon zeitweise mit an der Sekundarschule unterrichtet. Alle könnten jetzt zu neuen Schuljahr entsprechend ihren persönlichen Wünschen wechseln. Sie habe zwar die Schule immer noch nicht satt, sagt Milbrandt-Finkbeiner. Und gehe nach den über 40 Jahren mit vielen schönen Erinnerungen. Wie an eine ganz besondere Klassenfahrt nach England. &bdquo;Wir waren ein ganz kleiner Jahrgang, wohnten in einem alten Gebäude direkt am Meer, am riesigen Mahagoni-Esstisch im Salon gab’s jeden Tag typisches Englisches Frühstück. Und wir waren in London in Starlight Express.“ Das Musical sei damals noch kaum bekannt gewesen. Aber sie wolle jetzt noch mal etwas anderes machen – im Ehrenamt. Gerade habe sie sich als Schöffin beworben.

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