Wird Wohnen in Bielefeld bald noch teurer?

Bielefeld. Etliche Immobilienbesitzer müssen sich darauf einstellen, dass ihre Grundsteuern künftig höher ausfallen. Treffen kann es auch Mieter: Denn Grundsteuern werden von Vermietern und Wohnungsgesellschaften als Nebenkosten durchgereicht. Die Grundsteuer wird reformiert. Für 2025 wird die Höhe der Steuer zum ersten Mal nach einer geänderter Methode berechnet. Die Vorbereitungen beginnen im Sommer. Denn in Deutschland müssen dafür rund 36 Millionen Immobilien neu bewertet werden. In Bielefeld sind 105.000 Grundstücke sowie 1.500 Betriebe mit land- oder forstwirtschaftlichen Flächen betroffen.Die Preise von Immobilien sind in Ballungsräumen, Uni-Städten und wirtschaftlich starken Regionen enorm gestiegen. Bielefeld ist dafür ein Beispiel. Hier kletterten die Kurse zuletzt Jahr für Jahr um gut zehn Prozent.Ungleiche Steuern Doch die sogenannten Einheitswerte, die Basis für die Grundsteuerberechnung sind, beziehen sich in Westdeutschland noch auf das Jahr 1964. Dadurch kommt es &bdquo;zu steuerlichen Ungleichbehandlungen“, hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Die Höhe der Grundsteuer habe sich von den tatsächlichen Werten der Immobilien entkoppelt. Für vergleichbare Immobilien könnten daher extrem unterschiedliche Grundsteuern fällig werden. Das soll es nicht mehr geben. Allerdings &bdquo;macht es auch künftig einen Unterschied, ob ein Haus oder eine Wohnung in einer begehrten oder einer weniger gefragten Lage steht oder, ob ein Gewerbebetrieb in einer strukturschwachen Region angesiedelt ist oder in einer Großstadt“, erklärt das Bundesfinanzministerium.Der springende Punkt aber ist: &bdquo;Individuelle Steuerzahlungen werden sich verändern“, so das Finanzministerium. Einige würden mehr Grundsteuer bezahlen müssen, andere weniger. Das sei die zwingende Folge der Reform und &bdquo;unvermeidbar“. 81 Millionen für Bielefeld Wie hoch die Grundsteuer am Ende ausfällt, entscheiden die Kommunen individuell über den sogenannten Hebesatz. In der Summe soll sie jedoch gleich bleiben. Heißt für Bielefeld: Die Stadt will weiterhin rund 81 Millionen Euro pro Jahr an Grundsteuer einnehmen. Dazu müssen die Hebesätze an die neuen Immobilienbewertungen, die Grundsteuerwerte, angepasst werden.&bdquo;Das Ministerium der Finanzen wird daher sämtliche Kommunen öffentlich über den jeweiligen Hebesatz informieren, der zur Aufkommensneutralität in der jeweiligen Kommune führen soll. So wird Transparenz darüber ermöglicht, ob seitens der Kommune mit den Hebesätzen Steuern erhöht, gesenkt oder gleich gelassen werden“, teilt die Oberfinanzdirektion NRW mit.Hebesätze steigen Von vielen Städten wird das als Misstrauen gedeutet. Den schwarzen Peter will man sich nicht zuschieben lassen. &bdquo;Wir wollen keine Steuererhöhung“, betont Stadtkämmerer Rainer Kaschel. Doch an einer Erhöhung des Hebesatzes führe kein Weg vorbei, wenn die Stadt ab 2025 genauso viel einnehmen will, wie zuvor. Das liegt an der komplizierten Berechnung der Grundsteuer: Aus den Grundsteuerwerten und sogenannten Messzahlen werden die Messbeträge ermittelt. Auf die wird dann der Hebesatz angewandt. &bdquo;Die Summe der Messbeträge wird künftig aber niedriger ausfallen als bisher“, sagt der Leiter des städtischen Steueramtes Udo Jalaß.Damit am Ende wieder 81 Millionen Euro für die Stadt zu Buche stehen, müsse zwangsläufig der Hebesatz erhöht werden.Wohngrund teurer Das den Bürgern zu erklären, wird wohl nicht ganz einfach. Zumal es einen weiteren Effekt der Reform gibt. &bdquo;Wir befürchten, dass es zu Strukturverschiebungen kommt“, sagt Jalaß. Denn: In Bielefeld sorgen nur 6 Prozent der 105.000 bebaubaren Grundstücke für 40 Prozent des Grundsteueraufkommens. Es handelt sich um Gewerbegrundstücke, die häufig sehr groß und intensiv bebaut sind.&bdquo;Beispielrechnungen zeigen, dass Gewerbe- und Geschäftsgrundstücke in Folge der Neubewertung günstiger werden“, sagt Jalaß. Folge: Ihr Anteil am Steueraufkommen werde sinken.Damit das Gesamtsteueraufkommen gleich bleibe, müssten Wohngrundstücke wohl höher taxiert werden. Damit steigt für sie die Steuer. Wohnen könnte damit noch teurer werden – zumindest in bestimmten Fällen, etwa gut gelegenen Immobilien mit gehobener Ausstattung. Kämmerer Kaschel formuliert vorsichtig: &bdquo;Wahrscheinlich wird es nicht billiger.“ NRW müsste eingreifen Auch der Bund der Steuerzahler unkt, die Reform sorge nicht für bezahlbares Wohnen. Damit es nicht zu sehr großen Unterschieden komme, &bdquo;müsste sich das Land kümmern“, sagt Udo Jalaß. NRW müsste Öffnungsklauseln im Reformgesetz nutzen. Sonst würden bestimmte Wohngrundstücke wohl teurer, ohne das die Stadt es beeinflussen könne.Steueramtsleiter Jalaß geht allerdings davon aus, dass die Steuern für rund 13.500 Grundstücke, auf denen in Bielefeld Mietshäuser stehen, &bdquo;relativ konstant bleiben“. &bdquo;Wir erwarten keine großen Veränderungen“.Dazu könnte beitragen, dass die Reform Vergünstigungen für den sozialen, gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsbau vorsieht. Aber auch das muss wohl durch die Steuer auf andere Immobilien ausgeglichen werden. Corona-Kosten und Landtagswahl Spätestens im Herbst 2024 muss der Rat über den künftigen Hebesatz entscheiden. Ob da Spielraum für einen Verzicht auf Grundsteuereinnahmen gesehen wird, ist fraglich. Denn ab 2025 schlagen erhebliche Corona-Spätfolgen auf die städtischen Finanzen durch. Eine Hebesatz-Erhöhung dürfte nicht populär sein. Mitte 2025 sind in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen. Eines hat sich der Kämmerer fest vorgenommen. Eine Grundsteuer C für unbebaute, aber bebaubare Grundstücke, will er nicht einführen. Kaschel: &bdquo;Es könnte sein, dass die ohnehin teurer werden. Wir warten erst einmal ab.“

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