Passend zu Weihnachten: Entscheidung zur Bielefelder Grundsteuer fällt erst spät

Bielefeld. Das kann noch spannend werden. Erst kurz vor der entscheidenden Ratssitzung am 19. Dezember soll feststehen, wie hoch die Grundsteuer in Bielefeld vom kommenden Jahr an ausfallen soll. Zur Wahl stehen zwei Modelle. Bei dem einen gäbe es einen einheitlichen Steuersatz, dadurch würden Wohngrundstücke teilweise stärker belastet. Bei dem anderen, dem differenzierten Hebesatz, würde es für die Eigentümer von Wohngrundstücken günstiger, für die von Gewerbegrundstücken aber deutlich teurer. Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) und Stadtkämmerer Rainer Kaschel (CDU) haben sich eindeutig festgelegt. Sie bevorzugen das einheitliche Modell. Aber sowohl bei den Sozial- wie auch den Christdemokraten wird das nicht durchgängig geteilt. Und auch in den anderen Fraktionen soll nicht unbedingt Einigkeit herrschen. Kaschel hatte in der vergangenen Woche vorgeschlagen, den Hebesatz für die Grundsteuer B einheitlich von 660 auf 765 Prozent anzuheben. Nur so könne die Grundsteuerreform in Bielefeld aufkommensneutral umgesetzt werden. Das heißt: Zurzeit nimmt die Stadt Bielefeld 81,7 Millionen Euro aus der Grundsteuer B ein, und so viel sollen es auch nach der Reform sein. Einheitliches Modell sorge für Rechtssicherheit Bei einem Bürgerdialog am Mittwoch in der &bdquo;Wissenswerkstadt“ machten sich Clausen und Kaschel noch einmal für das einheitliche Modell stark. Zum einen gehe es um Rechtssicherheit. Die sei bei dem differenzierten Modell nicht gegeben. Wegen der Ungleichbehandlung von Wohn- und Nichtwohngrundstücken drohten Klagen. Wegen dieses Klagerisikos müsste die Stadt Rückstellungen von jährlich 15 Millionen Euro bilden. Denn sollten Kläger vor Gericht recht bekommen, dürfe die Stadt dann nur noch den geringeren Hebesatz anwenden. Die Rückstellungen wiederum seien eine erhebliche Belastung für den städtischen 1,9-Milliarden-Haushalt, der ohnehin schon mit einem dreistelligen Millionenbetrag ins Minus laufe. Lesen Sie auch: Grundsteuer in Bielefeld steigt auf 765 Prozent – Wohnen wird teurer Oberbürgermeister Pit Clausen geht es bei der Grundsteuer auch um &bdquo;soziale Gerechtigkeit“. Wohn- und Geschäftshäuser fielen bei der differenzierten Grundsteuerreform in die Kategorie der &bdquo;Nichtwohngrundstücke“. Sie würden also höher besteuert. Weil die Grundsteuer auf die Miete umgelegt werden dürfe, träfe dies die Bewohner solcher gemischt genutzten Gebäude umso härter. &bdquo;Und das sind in der Regel nicht die Besserverdienenden“, sagt Clausen. Insgesamt gibt es in der Stadt 2.000 solcher gemischt genutzten Immobilien. &bdquo;Das wäre das falsche Signal“ Außerdem geht es Clausen darum, die Unternehmen in der Stadt nicht noch höher zu belasten. &bdquo;Wir befinden uns in einer volkswirtschaftlich schwierigen Situation. Da wäre ein höherer Steuersatz für gewerblich genutzte Immobilien das falsche Signal.“ Da sich für jedes Grundstück in Bielefeld ein neuer Messbetrag als Ausgangswert für die Grundsteuerberechnung ergeben hat, kommt es individuell auch im Endergebnis bei der Grundsteuerberechnung zu finanziellen Be- oder Entlastungen. Tendenziell werden durch die Grundsteuerreform in Nordrhein-Westfalen und damit auch in Bielefeld vor allem die Gewerbegrundstücke geringer und die Wohngrundstücke mehr belastet. Den Wünschen der kommunalen Spitzenverbände nach einer Anpassung der dazu gesetzlich festgelegten Grundlagen bei der Grundstücksbewertung – wie in den Ländern Sachsen, Saarland, Berlin und Bremen umgesetzt – sei das Land Nordrhein-Westfalen nicht nachgekommen, bedauern Clausen und Kaschel. NRW hat Kommunen zwei Möglichkeiten eingeräumt Den Gemeinden wurde stattdessen noch kurzfristig vom Land die Möglichkeit eröffnet, bei der Grundsteuer B durch zwei unterschiedliche Hebesätze für die Gruppe der &bdquo;Nichtwohngrundstücke“ – dazu zählen eben vor allem die Gewerbegrundstücke – und der &bdquo;Wohngrundstücke“ zu differenzieren. Für &bdquo;Wohngrundstücke“ sollten geringere Hebesätze ermöglicht werden, für &bdquo;Nichtwohngrundstücke“ höhere. Die vom Land Nordrhein-Westfalen dazu errechneten Hebesätze liegen für die Stadt Bielefeld bei 1.122 Prozent für die &bdquo;Nichtwohngrundstücke“ und bei 623 Prozent für die Gruppe der &bdquo;Wohngrundstücke“. Doch diese Unterschiede bergen besagtes Klagerisiko. In Herford Mehrheit für differenzierte Besteuerung Im benachbarten Herford ist man diesen Weg dennoch gegangen. Entgegen dem Vorschlag der dortigen Verwaltung sprachen sich die Politiker im Stadtrat mehrheitlich für eine differenzierte Anhebung der Grundsteuer B aus. Damit werden Wohneigentümer und Mieter weniger stark finanziell belastet. Die Kritik der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen (IHK) an der Herforder Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten. IHK-Geschäftsführer Götz Dörmann erklärte, in der jetzigen konjunkturellen Situation die lokalen Unternehmen mit höheren Grundsteuern zu belasten, sei nicht wirtschaftsfreundlich und verschlechtere die Bedingungen am Standort Herford. News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der &bdquo;NW“-Bielefeld

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