Bielefeld. Gesellschaftskritik, Rassismus, Umweltschutz, Sexismus oder bewegende und lustige Alltagssituationen – inhaltlich sind den Künstlern beim Poetry Slam keine Grenzen gesetzt. Daher freute sich das Publikum bei der NRW-Meisterschaft über eine Bandbreite vielfältiger Texten, mal bewegend, mal unterhaltend, oft beides.
20 der besten Slam Poets des Landes maßen sich zunächst beim Halbfinale im Bunker Ulmenwall miteinander, acht kamen weiter zum Finale in der Stadthalle. Die Teilnehmer hatten sich zunächst bei größeren lokalen Poetry Slams bewährt. Beim Finale waren am Ende noch drei Finalisten übrig, aus dem Stechen ging der Gütersloher Stadtmeister Jan Wattjes siegreich hervor.
Gewertet wurden die Texte von einer zufällig ausgewählten Publikums-Jury. Die Wertungen waren im Schnitt hoch. Das Niveau des Wettkampfes spiegelte sich auch im häufig begeisterten Beifall des Publikums wider.
Wattjes präsentierte zunächst einen witzigen, skurrilen Text über die Beerdigungsfeier seiner noch lebenden Großmutter. Dies sei in Ostfriesland gang und gäbe, schließlich sei so etwas nach dem Tod ja eine viel zu traurige Angelegenheit. Im Stechen setzte er sich mit dem deutlich politischeren Text „Der Mader" durch.
Als auf dem Dachboden des Elternhauses ein Mader vermutet wird, sorgt dies zunächst in der gesamten Nachbarschaft für helle Aufregung. Mit allen Mitteln will man den Eindringling loswerden. Als sich jedoch herausstellt, dass sich anstelle eines Maders Björn Höcke auf dem Dachboden versteckt, legt sich die Aufregung.
Björn Höcke von der AfD als Nager
Für Wattjes unverständlich, da er keinen „sozialen Brandstifter, den man auf richterlichen Beschluss als Faschisten bezeichnen darf" auf dem Dachboden dulden möchte. In dem Text äußert Wattjes sich mehrfach humorvoll und gleichzeitig vehement gegen Faschismus und Demokratiefeindlichkeit.
Knapp hinter Wattjes mit 88,2 Punkten lagen Abdul KhaderChahin mit 87,5 Punkten und Julius Esser mit 85,3 Punkten. Chahin startete ebenfalls mit einem gleichzeitig humorvollen und nachdenklichen Text „Schaf im Wolfspelz" über Vorstellungen und Ansprüche von Männlichkeit und das damit verbundene Unterdrücken von Ängsten und Schwächen.
Ernster wurde es im Stechen, wo er in „Musik" über persönliche Erfahrungen seiner Familie mit Rassismus berichtete. Seine Hoffnung: Menschen nicht dazu zu bringen, mehr nachzudenken, sondern mehr zu fühlen.

Nachdenklich machte Julius Esser in seinem Finaltext, in dem er reflektierte, wie er 2003 begeistert „Deine Schuld" von den Ärzten mitgegrölt hat, sich aber selbst nicht in der Verantwortung für mehr Umweltschutz gesehen hat, bis er die CD Jahre später beim Entrümpeln wiederfand.