Bielefeld. Der historische Quellenhof ist nicht zu retten. Das erklärt auf neuerliche Nachfrage Bethels Sprecher Johann Vollmer. Zuvor hatten sich nach der Berichterstattung über die Abrisspläne etliche Bürger kritisch geäußert – und hatte sich die Grünen-Fraktion der BZV Gadderbaum in einem Offenen Brief an Bethel-Vorstand Pastor Ulrich Pohl gewandt. Sie alle mahnen, sorgfältig mit historischer Bausubstanz umzugehen. Der 1842 erbaute Hof habe eine besondere Bedeutung. Der Ort sowieso. Bereits 1556, so die Grünen, sei an dieser Stelle ein Hof erwähnt worden, als einer der größten der Bauerschaft Sandhagen.
Auch Experte Dr. Lutz Volmer (nicht verwandt mit Bethels Pressesprecher, auch andere Schreibweise) hält den Hof für bedeutend. Er, ausgewiesener Kenner westfälischer Höfe und Leiter des ältesten deutschen Bauernhausmuseums an der Bielefelder Ochsenheide betont: „Es handelte sich um den Hof Göllner, bevor Bethel ihn kaufte.“ Dieser Name stehe auch in der Inschrift. Friedrich von Bodelschwingh hatte den Hof 1904 für die Anstalt erworben. Für Volmer ist der Hof, der der größte der Bauerschaft Sandhagen (später Gadderbaum) gewesen sei, damit so zu bewerten: „Dieses Gebäude könnte vereinfacht gesagt als Ursprung des ganzen Stadtteils angesehen werden.“
Drei Quellen als Namensgeber
Viele bringen ihr Wissen ein, so auch Hartmut Piater. Er arbeitete im Kotten von 1970 bis 1996 als Diakon. Er weist darauf hin, dass „der Göllner’sche Hof schon damals Quellenhof genannt worden ist, denn es gab auf dem Gelände drei wasserreiche Quellen“.Nun aber wird der Quellenhof abgerissen. Daran, so Bethel-Sprecher Vollmer, führe kein Weg vorbei. Zu marode sei das Haus, nicht denkmalgeschützt und ungeeignet für eine Sanierung und Nachnutzung. Der Hof sei dem Detmolder Freilichtmuseum angeboten worden, doch nach einem Besuch vor Ort hätten die Experten aus Detmold abgewunken.
2020 habe es eine Machbarkeitsstudie gegeben, Ergebnis: negativ. Das Hospiz Haus Zuversicht, das vom Bethelweg an den Quellenhofweg verlegt werden soll, könne den alten Hof nicht nutzen. Das Hospiz in den alten Hof zu integrieren, hätte zudem bedeutet, dass der Bau ausgeweitet hätte werden müssen, so Vollmer. „Wir wären dann in das Landschaftsschutzgebiet gekommen, und da hat die Umweltbehörde der Stadt bereits wenig Gesprächsbereitschaft signalisiert.“
Zu wenig Qualität
Doch es sei eh zu wenig Qualität im Kotten vorhanden. „Die letzte Renovierung gab es in den 1970er Jahren, was dann noch gemacht wurde, war innen kleinklein und nie historisch fachlich.“ Genutzt worden war der Hof bis Anfang der 2000er-Jahre von der Wohnungslosenhilfe, „seither ist dort seit sicher 15 Jahren nicht mehr geheizt worden“, sagt Johann Vollmer. Entsprechend sei viel Feuchtigkeit im Gebäude, es sei schon in den letzten Nutzungsjahren „nicht mehr zumutbar gewesen“.
Hier sieht Hermann Ostermann, der sich seit 2020 um den Erhalt des Hofes bemüht und sich an die Bezirksvertretung gewandt hatte, Bethel in der Verantwortung. „Ich habe mich an die untere Denkmalbehörde gewandt, demnach hat Bethel immer die Unterdenkmalstellung des Gebäudes abgelehnt.“ Er unterstellt (wie mehrere NW-Leser in Reaktionen auf die erste Berichterstattung), dass mit dem Abriss gezielt gewartet wurde, bis Hausvater Diakon Martin Braune gestorben ist. Ostermann: „Der hätte sich wahrscheinlich erheblich gegen den Abriss gewehrt.“
DDR-Dissidenten aufgenommen
Braune war bis 1997 Hausvater, er starb vor gut fünf Jahren. Fast drei Jahrzehnte lang leitete er die Wohnungslosenhilfe. Für Schlagzeilen sorgte er, als er Ende der 1980er Jahre Freikäufe von DDR-Dissidenten vermittelte und diese zeitweise im Quellenhof aufnahm.
Diakon Piater aber berichtet von einem innen sehr verwinkelten Hof, der keine gute Raumaufteilung habe und „zu Recht nicht denkmalgeschützt ist“. Für die Unterstützung arbeits- und obdachloser Männer jedoch sei er ideal gewesen, es habe viele kleine Rückzugsräume gegeben.
Eine andere Idee, die eines Mehrgenerationsprojektes im alten Hof, wurde vor Jahren schnell wieder verworfen, baulich zu ungeeignet war der Hof. Vieles spricht Bände: Bereits seit mehr als 20 Jahren, so Bethel-Sprecher Vollmer, hätten die noch heute außen zu sehenden Stützbalken das Gebäude mit gesichert.
Hospiz-Neubau folgt
Nun aber gebe es keine Perspektive mehr, besser: eine neue. Neu gebaut werden soll ein Hospizgebäude – das neue Haus Zuversicht. Vollmer hat noch keine Skizzen vorliegen, es sei zwar der Bauplatz bestimmt, aber noch nicht der Gebäudekörper als solcher festgezurrt. Für Piater ist das der richtige Weg, „der Hof wäre nicht für ein Hospiz geeignet“. Ein Neubau, „der sich in die Umgebung einfügt, wäre eine gute Lösung“.
So soll es nun auch kommen. Nach den Ferien soll laut Vollmer dem Vorstand ein Entwurf vorgelegt werden, spätestens Ende August solle die Entscheidung gefallen sein. Es werde von einem zweigeschossigen Gebäude ausgegangen, „vermutlich ein bisschen höher als die aktuelle oberste Kante des Kottens“.
Torbogen wird erhalten
Gerne werde Bethel die Pläne dann auch der Bezirksvertretung und damit auch der Öffentlichkeit vorstellen. Was bereits entschieden sei, ist: „Wir werden sicher den Torbogen mit den Engeln erhalten und in das neue Gebäude integrieren – am oder im Hospiz.“ Vollmer: „Wir wollen die Erinnerung hochhalten.“
Piater wirbt dafür, entweder die Hausfassade mit dem Torbogen in ein anderes Gebäude, vielleicht am benachbarten Gnadenhof, einzubauen, oder den Torbogen „in eine Wand im Inneren des Neubaus zu integrieren“.