Endlich wird es wieder Zeit, aktiv in die Rolle eines Superhelden zu schlüpfen. Mit „Marvels Avengers" aus dem Hause Square Enix bieten uns die Entwicklerstudios Crystal Dynamics und Eidos Montréal genau diese Möglichkeit – besser noch: Wir können nicht nur einen Helden spielen, sondern (zu Release) gleich sechs. Wie das funktioniert und ob uns die Umsetzung gefällt, lest ihr in unserem Test.
Neue Heldin, neues Glück
Wir beginnen die Story-Kampagne in der Rolle der Teenagerin Kamala Khan, die ein riesiger Fan der Avengers ist. In ihrer Freizeit schreibt sie Comics über ihre größten Idole, die sie für das Finale eines Fan-Fiction-Wettbewerbs qualifiziert haben. In Begleitung ihres Vaters reist Kamala nach San Francisco, um dort am „A-Day" teilzunehmen.
Während der Festlichkeiten enthüllen Captain America, Iron Man, Hulk, Black Widow und Thor ihr Hauptquartier, den Helicarrier – auch „Chimera" genannt, welcher von einer experimentellen Energiequelle, dem „Terrigen-Kristall", angetrieben wird.
Durch einen folgenschweren Unfall verwandeln sich die Festivitäten jedoch schlagartig zu einer Tragödie, bei der die halbe Stadt zerstört und viele Menschen mit der „Inhuman-Krankheit" infiziert werden, durch die sie Superkräfte erhalten. Die Schuld für die Ereignisse wird den Avengers zugeschrieben, sodass sich diese auflösen und Superhelden insgesamt komplett verboten werden.

Fünf Jahre später hat sich die Welt verändert. AIM (Advanced Idea Mechanics), geleitet vom Forscher George Tarleton, hat die Menschheit unter seine Kontrolle gebracht. Nicht Superhelden seien die Lösung für alle Probleme, predigt er, sondern die Wissenschaft und Technologie. Superhelden seien eine Bedrohung für die Menschen, weshalb die Inhumans gefangen und festgehalten werden, bis es ein Heilmittel gibt.
Zu diesem Zeitpunkt erfährt Kamala von einer Verschwörung, die sie dazu bringt, sich auf die Suche nach den Avengers zu machen, um diese wieder zusammen zu führen und die Welt vor AIM zu retten.
Missions-Action für bis zu vier Spieler
Die zweite Option, die uns neben der Kampagne zur Verfügung steht, ist die Avengers-Initative, der Koop-Modus. Hier können wir mit bis zu drei (zufälligen) Spielern zu Missionen antreten oder auf KI-gesteuerte Gefährten zurückgreifen.

Unsere Einsätze sind, was die Optik angeht, sehr abwechslungsreich, was man leider nicht vom Levelaufbau in den Missionen behaupten kann. Es spielt keine Rolle, ob wir als Kamala, der Hulk oder als einer der anderen Avengers in den Kampf ziehen, es geht immer wieder nur darum von A nach B zu kommen, um dort Gegnerwellen zu bekämpfen, um dann zu C zu laufen, dort Selbiges zu wiederholen und das Ganze dann bei D zu beenden.
Alternativ dazu mussten wir bei manchen Missionen verschiedene Ziele zerstören oder mehrere Zonen gleichzeitig unter unserer Kontrolle halten, bis die Gegnerwellen oder die Zeit vorüber waren. Auch das Loot-System macht das Ganze nicht spannender, da die während unserer Einsätze gefundenen Ausrüstungsgegenstände zwar technischen Einfluss (z. B. mehr Schaden) haben und sich durch gefundene oder verwertete Ressourcen aufwerten lassen.
Optische Auswirkungen bringt das aber nicht mit sich, was uns als Spieler eine große Möglichkeit zur Individualisierung verwehrt, die andere Spiele uns schon geboten haben. Zumindest haben die Entwickler nicht komplett auf die Möglichkeit der ästhetischen Einflussnahme verzichtet, denn
Es gibt einen Battle Pass!

Wie mittlerweile üblich, können wir durch die Investition von Echtgeld Stufenaufstiege beschleunigen oder Outfits und weiteren Schnickschnack kaufen. Ob sich das lohnt, liegt allerdings im Auge des Betrachters, da die Belohnungen aus dem Battle Pass wie auch die Items aus dem Shop lediglich kosmetischen Einfluss haben.
Für jene, die kein weiteres Geld ausgeben möchten, bleibt nur das magere Angebot der Händler direkt im Spiel übrig. Hier können wir uns mit unserer verdienten Währung Heldenanzüge und stufenabhängige Ausrüstung zulegen.
Manche Spieler dürfte das System abschrecken. Neue Helden, die dem Spiel in den kommenden Monaten hinzugefügt werden, sollen zwar kostenlos spielbar sein. Ihre Battle Passes allerdings schlagen mit rund 10 Euro pro Charakter zubuche. Das kann bei der Heldenschar im Marvel Universum ganz schön ins Geld gehen.
Hack and Slay oder durchdachtes Kampfsystem?
Sowohl in der Kampagne als auch in der Avengers-Initiative entscheiden wir uns im Vorfeld jeder Mission für einen unserer Helden. Diese Auswahl hat keinen direkten Einfluss auf das Spielgeschehen, jedoch unterscheiden sich die Helden natürlich in ihren Fähigkeiten. Dazu kommt, dass jeder Avenger einzeln Erfahrungspunkte sammelt und damit auch einzeln Stufen aufsteigt.
Mit jedem Stufenaufstieg erhalten wir Fähigkeitenpunkte, die wir wiederum zum Ausbau unserer Fähigkeiten nutzen können. Es gilt dabei, die Balance zwischen leichten, schweren und Spezialangriffen zu finden, um die kraftvollsten Kombos frühestmöglich aus dem Skillbaum zu kitzeln. Das Kampfsystem ähnelt damit am ehesten den Prügeleinlagen aus der Batman-Arkham-Reihe.
Zu den Gegnern lässt sich sagen, dass es zwar verschiedene Modelle der AIM-Roboter gibt, die unterschiedlich stark sind und sogar über eine gewisse Waffenvielfalt verfügen, diese jedoch offenbar nicht mit einer sonderlichen Strategie an das Kampfgeschehen herangehen, weshalb wir uns am Ende dann doch meistens durchschnetzeln, statt mit Köpfchen an die Sache zu gehen. Das reicht meist ohnehin.

Fazit: Marvels Avengers bietet uns durch liebevolle Charaktereinführungen und optisch großartige Zwischensequenzen einen optimalen Start in das Spiel. Die Storyline der Kampagne wird nachvollziehbar vermittelt, was dadurch verstärkt wird, dass wir uns sehr gut mit unserer Hauptprotagonistin, dem Fangirl Kamala Khan, identifizieren können. Auch die anderen Helden werden innerhalb der Kampagne auf positive Art und Weise ins Zentrum gerückt, indem wir in gewissen Sequenzen mit ihnen in den Kampf ziehen dürfen.
Doch so sehr uns das Spiel am Anfang begeistert, so schnell lässt das Gefühl nach. Dafür verantwortlich sind nicht nur das wenig motivierende Loot-System oder das schlauchartige Leveldesign, sondern vor allem das gleichbleibende Knöpfe hämmern. Gerade im direkten Vergleich zwischen Kampagne und Koop-Modus wirken unsere Helden in letzterem deutlich kraftloser, wodurch das Button Mashing erst richtig auffällt. Hinzu kommen einige Bugs und Glitches zu Release, wovon jedoch einige zügig durch Patches nachgebessert wurden.
Zumindest für Stirnrunzeln sorgt das Battle Pass-System. Warum Spieler für recht uninspirierte A-nach-B-Missionen ihre Helden kostenpflichtig verschönern sollen, will uns nicht so recht einleuchten. Höchstens, weil die Entwickler darauf setzen, dass wir die Missionen der Avengers-Initiative so langweilig finden, dass wir sie wenigstens mit einem aufgehübschten Iron Man bestreiten wollen. Wie gesagt: ein merkwürdiges System.
Marvels Avengers ist erhältlich für PC, Xbox One und PS4, kostet etwa 60 Euro und ist ab 12 Jahren freigegeben.