Games-Kritik

„Split Fiction“ im Koop-Test: Genug Ideen für 20 Spiele

Das neue Zwei-Spieler-Abenteuer der Hazelight-Studios brennt ein herausragend kreatives Action-Feuerwerk ab. Daran ändern auch kleinere Makel bei Steuerung und World Building nichts. Wer Koop mag, muss „Split Fiction“ spielen.

Geteilt und doch gemeinsam: Im neuen Koop-Spiel "Split Fiction" erforschen wir als die angehenden Schriftstellerinnen Mio und Zoe unsere eigenen fantastischen Geschichten, in die wir katapultiert wurden. Ein Feuerwerk der Ideen! | © EA Originals / Hazelight Studios

03.04.2025 | 03.04.2025, 14:36

Das Leben einer Autorin war auch mal einfacher. Früher musste man höchstens seine Seele verkaufen, damit Verlage das eigene Werk veröffentlichten. Peanuts im Vergleich zu dem, was in „Split Fiction“ von den angehenden Fantasy-, Schrägstrich Science-Fiction-Schreiberinnen Mio Hudson und Zoe Foster verlangt wird.

Die nämlich sollen sich im futuristischen Verlagsgebäude des verdächtig charismatischen Verlegers Rader an eine ominöse Maschine anschließen lassen, damit der Verlag an ihre Ideen kommt. Überflüssig zu erwähnen, dass die Sache schiefläuft und sich die beiden plötzlich in den Welten aus ihrer eigenen Fantasie wiederfinden – und irgendwie aus diesen entkommen müssen.

Dabei wird schnell klar: Rader will mehr als nur eine, er will Zugang zu allen Ideen der beiden Autorinnen. Die versuchen derweil, mittels Glitches, die ihre gleichzeitige Anwesenheit im System der Maschine verursachen, Raders Pläne zu vereiteln, indem sie das Gerät zum Absturz bringen.

Ist „Split Fiction“ ein gutes Koop-Spiel?

Eben noch in einer mittelalterlichen Fantasiewelt gefangen, tut sich plötzlich einer dieser blitzartigen Glitches auf, und wir ahnen nicht, wohin uns dieser Weltenübergang führen wird. - © EA Originals / Hazelight Studios
Eben noch in einer mittelalterlichen Fantasiewelt gefangen, tut sich plötzlich einer dieser blitzartigen Glitches auf, und wir ahnen nicht, wohin uns dieser Weltenübergang führen wird. | © EA Originals / Hazelight Studios

„Split Fiction“ ist das Produkt eines Studios, das seit Jahren überdurchschnittlich gute story-fokussierte Koop-Spiele produziert. „A Way Out“ (hier geht’s zu unserem Test) erzählte die Geschichte des Ausbruchs und der Flucht zweier Häftlinge, in „It Takes Two“ müssen zu Puppen mutierte Eheleute einen Weg finden, ihre Ehe zu kitten. Die Gameplay-Mechaniken blieben meist simpel und gut verständlich, man wusste spätestens im Zusammenspiel, welcher Spieler jeweils welche Aufgabe hatte.

Was „Split Fiction“ auf eine andere Stufe hebt, ist die Kreativität, die in den verschiedenen zu erkundenden Welten steckt. Sie sorgt dafür, dass auch Mechaniken, die man immer wieder nutzt, nicht alt werden.

Ein Beispiel: Im Zuge der erfreulich umfangreichen Kampagne erkunden wir auch mehrere optionale Welten, deren Ideen wir durch das erfolgreiche Absolvieren der Mission vor Rader in Sicherheit bringen. Teilen sich die Hauptmissionen grob in die beiden Spezialgebiete der Autorinnen – Fantasy und Science-Fiction – so wird man in den Nebenmissionen gern auch mal zum Schwein. Ja, wirklich!

Als solches lässt man sich nach einem Jump&Run-Ausflug über die Farm durch den Fleischwolf drehen, spritzt sich anschließend gegenseitig Ketchup und Senf auf die Wurstpelle und hüpft zuletzt als gelb-rot dekorierte Bockwurst in ein Hot-Dog-Brötchen. Ein urkomisches Vergnügen, das wegen seiner Idee funktioniert und nicht, weil die einzelnen Gameplay-Schritte so wahnsinnig innovativ wären.

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In einer anderen Mission gilt es, das Sterben einer Sonne im Orbit eines futuristischen Planeten zu verhindern. Immer wieder müssen wir an Konsolen gleichzeitig Schalter drücken, Schutzschilde aktivieren, uns hinter Wänden verstecken, wenn mal wieder eine Eruption über die Planeten fegt – kurz: simpelste Timing-Rätsel bewältigen. Die überwältigende (Sound-)Kulisse und die Tatsache, dass manche Passagen aus der Schulterperspektive, andere dafür in Sidescroller-Manier bewältigt werden müssen, bringen Abwechslung rein.

Es mögen alles keine neuen Kniffe sein, aber sie ergeben in der Kombination ein unheimlich unterhaltsames, weil abwechslungsreiches Spielerlebnis. Wie in einem Abenteuer von James Bond wechseln wir die Schauplätze wie 007 seine weiblichen Bekanntschaften.

Das Konzept funktioniert unheimlich gut

Hier ist viel los auf dem Bilschirm: Über die futuristische Autobahn in schwindelerregender Höhe müssen wir uns weiter nach vorne kämpfen. Beide haben unterschiedliche Fähigkeiten, aber nur gemeinsam wird daraus ein Erfolg. - © EA Originals / Hazelight Studios
Hier ist viel los auf dem Bilschirm: Über die futuristische Autobahn in schwindelerregender Höhe müssen wir uns weiter nach vorne kämpfen. Beide haben unterschiedliche Fähigkeiten, aber nur gemeinsam wird daraus ein Erfolg. | © EA Originals / Hazelight Studios

Das Konzept funktioniert die meiste Zeit über unheimlich gut, weil die immer neuen Ideen den Eindruck vermitteln, man hätte aus diesen Abenteuern auch jeweils eigene, kleinere Spiele machen können. Wir springen von einer Game-Show, in der wir eine Bombe in Handballmanier entschärfen müssen, weil diese explodiert, wenn einer der Spieler sie zu lange bei sich behält, in einen Wingsuit, mit dem wir einen entführten Zug wieder einfangen müssen. Auf Motorrädern, die an die „Tron“-Filme erinnern, flüchten wir durch Hochhäuserschluchten, bevor in einer Fantasy-Welt als Gorilla und beweglicher Baum geklettert und Wurzelwerk bewegt werden will.

Einziger Wermutstropfen: Einzelne Rätselpassagen erklären etwas sparsam, was in ihnen gemacht werden soll. Insbesondere, wenn zwischen zwei Spielsessions mit dem Mitspieler ein paar Tage vergangen sind, muss man sich erst wieder in die Welt und ihre Mechaniken hineindenken.

Collectibles oder Abkürzungen sucht man vergebens

Ich bin ein Baum, der riesig stark ist. Manchmal auch eine Elfe, die flirrend fliegend große Entfernungen überbrücken kann. Die Ideen, die Hazelight hat, sind oft kurios, aber wir finden immer schnell in unsere neue Rolle. Wer wollte noch nie ein Gorilla sein? - © EA Originals / Hazelight Studios
Ich bin ein Baum, der riesig stark ist. Manchmal auch eine Elfe, die flirrend fliegend große Entfernungen überbrücken kann. Die Ideen, die Hazelight hat, sind oft kurios, aber wir finden immer schnell in unsere neue Rolle. Wer wollte noch nie ein Gorilla sein? | © EA Originals / Hazelight Studios

Und abseits des Hauptpfades durch die einzelnen Areale gibt es in „Split Fiction“ kaum etwas zu finden. Collectibles oder Abkürzungen sucht man vergebens. Kleine Details, wie die Baumstumpfhäuser, in denen Zoe als Elfe den Kamin anfeuern kann, bleiben farblos – auch wenn es als Spieler von Mio lustig ist zu sehen, wie plötzlich Rauch aus dem winzigen Schornstein am Baumstumpfdach aufsteigt.

Toll dafür: Zum gemeinsamen Spielen muss nur einer das Spiel kaufen. Der jeweils andere Spieler kann sich per „Friends Pass“ dazuschalten – man lädt also einfach die Spieldateien im Shop herunter, und per Einladung des Spielbesitzers beginnt das Vergnügen. Crossplay, also das gemeinsame Spielen über Plattformgrenzen hinweg, ist ebenfalls möglich. Ein sehr fairer Deal, den man heutzutage nicht mehr voraussetzen kann.

Noch mehr Spiele-Tests? Gibt’s auf unserer Themenseite

Unser Fazit zu „Split Fiction“

Daran, dass sich die Hauptkritikpunkte auf ein paar schlecht kommunizierte Rätselanforderungen und einen Mangel an „noch mehr“ in der Spielwelt beschränkt, erkennt man: „Split Fiction“ ist ein großartiges Koop-Abenteuer geworden. Die recht simple Hauptstory ist im Kern keine um den Kampf zweier Heldinnen gegen einen bösen Schurken, sondern dreht sich immer wieder auch um den seelischen Ballast, den die beiden Autorinnen in ihre eigenen Geschichten mitbringen. Das verleiht der Angelegenheit genügend Tiefe, um bis zum Schluss zu motivieren.

Die oft atemlosen Missionen fühlen sich zwar eher an, als seien Mio und Zoe Drehbuchautorinnen für Hollywood-Blockbuster anstatt Schriftstellerinnen auf der Suche nach einem Buchdeal. Die überbordende Kreativität der Leveldesigner bei Hazelight sorgt aber dafür, dass wir uns ständig gut unterhalten fühlen. Und wenn mal wieder eine knackig schwere Rätselpassage gemeinsam geschafft ist, dann klatscht man innerlich (und im Voicechat) mit dem Mitspielenden ab und merkt: Es sollte viel mehr solcher Koop-Erlebnisse geben.

Wir jedenfalls werden „Split Fiction“ weiterspielen. Wäre doch gelacht, wenn wir in diesen Zeiten zwei Überzeugungstäterinnen am geschriebenen Wort im Stich lassen würden.

„Split Fiction“ ist verfügbar für Playstation 5, Xbox Series und PC, ist freigegeben ab 12 Jahren und kostet rund 50 Euro. Ab dem 5. Juni 2025 wird das Spiel außerdem Launch-Titel für die neue Nintendo Switch 2.