Tod, Trauer, Schicksalsschläge: Seelsorgerinnen aus dem Kreis Herford erzählen von ihrer Arbeit

Bünde/Herford. Sie sind da für Menschen, die sich einsam fühlen. Für Menschen, die schwere Schicksalsschläge erlebt haben und sich dadurch hilflos fühlen. Für Menschen, die jemanden verloren habe, dem sie nahestanden. Kurzum: Sie sind da für Menschen, die Redebedarf haben. Claudia Dornhoff und Gisela Deppermann sind ehrenamtliche Seelsorgerinnen. Vor Kurzem haben sie den zugehörigen 14-monatigen Kurs vom evangelischen Kirchenkreis Herford abgeschlossen und wurden bei einem Segnungsgottesdienst im Bünder Lukas-Krankenhaus feierlich verabschiedet. Doch bereits während des Kurses haben sie Seelsorge für Menschen geleistet. &bdquo;Ich habe in meinem Leben viel bekommen, jetzt möchte ich etwas zurückgeben“, begründet Claudia Dornhoff ihre Entscheidung, sich in der Seelsorge zu engagieren. Patienten mit lebensverändernden Diagnosen Die 66-Jährige betreut mindestens einmal die Woche Patienten im Klinikum Herford. Dort geht sie in der Regel auf Stationen, auf denen Patienten über einen längeren Zeitraum behandelt werden. So ist sie unter anderem oft auf der Station der Gefäßchirurgie, auf der unter anderem Menschen liegen, die eine Amputation hinter sich haben. &bdquo;Ich frage als Erstes immer beim Pflegepersonal nach, welcher Patient Redebedarf hat“, erklärt Dornhoff ihre Arbeit. &bdquo;Da gibt es eigentlich immer jemanden.“ Häufig spricht sie mit Menschen, die erschreckende, lebensverändernde Diagnosen hinter sich haben oder auch mit Angehörigen, die in Trauer sind. Genauso unterschiedlich wie die persönlichen Schicksale sind auch die Menschen, die sich Dornhoff anvertrauen. &bdquo;Von 19 bis 98 Jahre ist alles dabei“, sagt sie. Dementsprechend unterschiedlich seien auch die Sorgen der Betroffenen und die Gespräche, die sie mit der Ehrenamtlerin aus Herford führen. Sorgen unterschiedlichster Art So haben junge Menschen oftmals die Sorge, ob und wie sie fortan ihre Familien versorgen können, oder was der Schicksalsschlag für ihre Karriere bedeutet. Bei älteren Menschen stehe hingegen oft die Frage im Raum, wie sich ihre Wohnsituation künftig verändern muss, wenn sie beispielsweise alleine leben und fortan gepflegt werden müssen. Mit den Sorgen von Menschen, die nicht mehr im eigenen Zuhause, sondern in einem Pflegeheim leben, kennt sich Gisela Deppermann aus. Die 72-Jährige, die den Kurs zur klinischen Seelsorge im April gemeinsam mit Claudia Dornhoff und fünf anderen Teilnehmern abgeschlossen hat, ist als ehrenamtliche Seelsorgerin im Jakobi-Haus in Bünde tätig. Die Arbeit mit älteren Menschen bereite ihr große Freude, wie sie selbst sagt. &bdquo;Ich finde es schön, ihnen meine Zeit zu schenken“, sagt sie. Insbesondere ältere Menschen würden sich darüber besonders freuen. Und gleichzeitig bekomme sie selbst viel Dankbarkeit und Wertschätzung zurück, &bdquo;einfach, weil ich sie nehme, wie sie sind“, sagt Deppermann, die neben ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Jakobi-Haus auch in ihrer Gemeinde in Südlengern als Seelsorgerin tätig ist. Ein bewegendes Erlebnis im Altenheim Die Krankheitsbilder und Umstände der Bewohner in dem Seniorenheim sind dabei ebenfalls sehr unterschiedlich. Teilweise sind die Menschen körperlich eingeschränkt, teilweise leiden sie unter Demenz. Dementsprechend unterschiedlich laufen daher auch ihre Besuche ab. Oft geht sie mit den Senioren spazieren. &bdquo;Die Leute sehnen sich danach, nach draußen zu kommen“, weiß die Bünderin. Oft bleibt Deppermann auch mit den Bewohnern auf ihren Zimmern, weil sie nicht mehr in der Lage sind, nach draußen zu gehen. Einer dieser Besuche hat die 72-Jährige besonders bewegt: In dem Zimmer einer alten Dame, die im Sterben lag und auf nichts mehr reagiert hat, außer auf Gesang. Lesen Sie auch: Wie der Kirchenkreis Seelsorge neu organisiert (2022) &bdquo;Ich habe ihre Hand genommen und ihr vorgesungen“, erinnert sich Deppermann. &bdquo;Und ich habe sofort gemerkt, wie sich ihr Gesicht entspannte.“ Wenige Tage später verstarb die Dame. &bdquo;Aber es war gut, dass sie gehen konnte, es war eine Erlösung für sie“, sagt Deppermann, noch immer sichtlich bewegt. Emotionale Distanz fehlte Auch Claudia Dornhoff erinnert sich an eine Situation in ihrer ehrenamtlichen Arbeit, die sie besonders berührt hat. Sie besuchte eine Frau im Krankenhaus, die unter einer unheilbaren Krankheit litt. &bdquo;Es war klar, dass sie sterben würde“, sagt Dornhoff. Wie sich im Gespräch mit der Patientin herausstellte, ähnelten sich die Lebenssituationen der beiden Frauen, abgesehen von der schlimmen Diagnose, sehr. Dadurch sei es der Ehrenamtlerin extrem schwergefallen, die nötige emotionale Distanz zu wahren. &bdquo;Da bin ich an meine Grenze gekommen“, erinnert sie sich. &bdquo;Und ich musste das Gespräch dann beenden.“ Selbstreflexion als wichtiger Baustein in der Seelsorge Selbstreflexion und Selbstschutz sind wichtige Bausteine in der klinischen Seelsorge. &bdquo;Man muss bereit sein, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen“, sagt Hanno Paul, Krankenhauspfarrer im Lukas-Krankenhaus Bünde. Gemeinsam mit Gabriele Tuchel, Pfarrerin i. R., hat Paul den Kurs zur klinischen Seelsorge 2017 ins Leben gerufen und das Programm seitdem geleitet. Lesen Sie auch: Notfallseelsorger erzählt von seinen traurigen Einsätzen Währenddessen und auch jetzt noch seien die beiden immer ansprechbar für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewesen – auch wenn es um belastende Erfahrungen während der Seelsorge geht. &bdquo;Es ist unser Anspruch, dass sie nicht alleine sind“, sagt Paul. Ein ständiger Lernprozess Obwohl es sich bei dem Kurs um ein Angebot des Kirchenkreises handelt, können auch Menschen das Angebot wahrnehmen, die nicht Mitglieder der Kirche sind. So hätten unter anderem auch schon Palliativpflegerinnen aus dem Lukas-Krankenhaus an dem Kurs teilgenommen. Wichtig sei, dass &bdquo;man ein Mindestmaß an kommunikativen Fähigkeiten mitbringt und sich auf andere Menschen einlässt“, sagt Paul. Claudia Dornhoff und Gisela Deppermann sind froh, den Weg in die ehrenamtliche Seelsorge eingeschlagen zu haben. Auch, weil es ein ständiger Lernprozess sei. &bdquo;Man hört erst auf, zu lernen, wenn man aufhört, Seelsorge zu machen“, sagt Claudia Dornhoff lächelnd. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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