Er selbst bezeichnet sich als „Lipper mit Migrationshintergrund“. Schließlich stammt Markus Lüttgens vom Niederrhein, ehe es ihn 2009 in den schnuckeligen Leopoldshöher Ortsteil Bexterhagen verschlug. Von dort aus ist es nicht weit nach Bielefeld, doch um Arminia macht Markus Lüttgens einen großen Bogen. Er hat sein Herz an den SC Paderborn verloren und wechselt sich mit Andreas Ludwig als Autor unserer Fankolumne „Drei-Hasen-Grätsche“ ab.
Liebe blau-schwarze Fans,
in diesen Tagen jährt sich zum 15. Mal der Tag meines Umzugs vom Rheinland nach Ostwestfalen und mittlerweile denke ich, dass ich mich als „Lipper mit Migrationshintergrund“ ganz gut eingelebt habe. Nur mit einem angeblich typisch ostwestfälischen Wesenszug habe ich immer noch so meine Probleme: Der Nöckeligkeit.
Während der Rheinländer in mir immer sagt „Et hätt noch immer jot jejange“, ist für manche hier das Glas öfter halb leer als halb voll oder es wird nach dem Haar in der Suppe gesucht. Wenn auch meist auf eine liebenswerte Art und Weise. Und so gesehen muss man der Mannschaft des SC Paderborn für das zähe 0:0 am vergangenen Wochenende gegen Aufsteiger Ulm fast schon dankbar sein. Denn sonst gäbe es am Saisonstart des SCP07 ja gar nichts auszusetzen.
Dem ersten Sieg überhaupt bei Hertha BSC folgte zunächst ein letztlich souveräner 3:1-Erfolg im ersten Heimspiel gegen Absteiger Darmstadt, dann ein sehr seriöser Auftritt in der ersten DFB-Pokalrunde beim Bremer SV - der übrigens ein sehr sympathischer Gastgeber war.
Und auch im anschließenden Spitzenspiel gegen unseren Angstgegner Greuther Fürth war die spielerische Leistung der Paderborner Jungs durchweg überzeugend - sieht man einmal von der Chancenverwertung ab. Hier hätte der SCP das Spiel schon in der ersten Halbzeit entscheiden können, vielleicht sogar müssen.
Sommerfußball gegen die Spatzen reicht nicht aus
Insofern war die Nullnummer bei hochsommerlichen Temperaturen gegen die „Spatzen“ aus der Stadt an der Donau eher enttäuschend. Ich hatte den Eindruck, dass eine Mannschaft, die nicht kann (Ulm), auf eine Mannschaft trifft, die nicht wirklich will (Paderborn).
Kaum einer der SCP-Spieler konnte gegen den SSV Ulm an die durchweg guten Leistungen der ersten Spieltage anknüpfen. Selbst Leistungsträger wie Raphael Obermair oder Sven Michel wirkten in vielen Aktionen unglücklich. „Wir waren nicht hungrig genug“, stellte Cheftrainer Lukas Kwasniok nach dem Spiel fest - und ich möchte ihm nicht widersprechen. Denn diese Feststellung wird auch durch eine um sechs Kilometer geringere Laufleistung im Vergleich zu Ulm untermauert.
Natürlich stellt sich die Frage, warum sich bereits im fünften Pflichtspiel der Saison erste Verschleißerscheinungen bemerkbar machen. Allerdings hat die Saison für die Spieler mit der Vorbereitung inklusive Trainingslager schon deutlich früher begonnen.
Meckern auf hohem Niveau
Vielleicht kam der kleine Dämpfer zur rechten Zeit, um die Sinne zu schärfen. Weniger als 100 Prozent Leistung reichen in dieser zweiten Liga auch gegen eine spielerisch limitierte Mannschaft wie Ulm nicht aus. Gleichzeitig offenbarte das Spiel aber auch eine noch offene Baustelle beim SCP: Gegen einen körperlich robusten und kompakt verteidigenden Gegner tut sich die Mannschaft nach wie vor schwer, spielerische Lösungen zu finden.
Aber genug der Kritik, denn grundsätzlich sehe ich die Mannschaft auf einem sehr guten Weg. Acht Punkte aus den ersten vier Spielen sind eine gute Ausbeute, und wenn die Mannschaft an die Leistungen der ersten drei Ligaspiele anknüpfen kann, sehe ich einer sorgenfreien Saison entgegen, in der wir eine gute Rolle im vorderen Feld der zweiten Liga spielen können.
Dazu tragen auch einige Neuzugänge bei, aus denen Spieler wie Felix Götze oder der erst 19-jährige Santiago Castaneda herausragen, die sich auf Anhieb in der Startelf etabliert haben. Kollege Frank Beineke hat sich das schon einmal genauer angeschaut.
Arminia-Hoffnungsträger kickt künftig an der Pader
Deshalb möchte ich an dieser Stelle auf einen anderen Transfer eingehen, der vielleicht etwas unter dem Radar lief, aber gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist. Am vergangenen Dienstag wurde bekannt, dass der 18-jährige Nachwuchsspieler Henrik Koch von Bielefeld an die Pader wechselt, wo er zunächst in der U19 zum Einsatz kommen soll.
Koch gilt als großes Sturmtalent und war vor nicht allzu langer Zeit ein großer Hoffnungsträger bei der Armina. Mit gerade einmal 16 Jahren wurde er 2023 im Relegationsrückspiel gegen Wehen Wiesbaden eingewechselt und avancierte zum jüngsten Profispieler in der Geschichte der Arminia.
Dass dieses große Talent nun ausgerechnet zum OWL-Rivalen an die Pader wechselt, ist vielen Arminia-Fans ein Dorn im Auge. Zumal Koch nicht der erste junge Spieler ist, der diesen Weg geht. Vor ihm wechselten bereits Lucas Kiewitt, im vergangenen Jahr noch Kapitän der U17-Meistermannschaft der Arminia, oder Arne Schulz zum SCP.
So kam ein Leser in einem Kommentar auf „nw.de“ zu dem Schluss, dass „der Club vom Möbelhaus“ die Armina im Nachwuchsbereich „seit langem überholt“ habe. So etwas geht einem wie mir, der mit dem DSC nichts anfangen kann, natürlich runter wie Öl.
Für unsere Nachbarn rächt sich hier, dass die eigene zweite Mannschaft vor einigen Jahren aus Kostengründen vom Spielbetrieb abgemeldet wurde. Damit fehlt den jungen Spielern der entscheidende Zwischenschritt von der Jugend in den Profibereich. Genau diesen können sie in Paderborn machen.
Investition in den Nachwuchs zahlt sich aus
Zugleich ist es ein Beleg dafür, wie richtig es war, dass der SC Paderborn in den vergangenen Jahren in den Nachwuchs investiert hat - nicht nur mit dem Bau des schmucken Trainings- und Nachwuchsleistungszentrums, sondern auch personell. Und wie wichtig der Aufstieg der zweiten Mannschaft in die Regionalliga war.
Hier können junge Spieler auf hohem Niveau Erfahrungen sammeln und so den letzten Schritt in ihrer Entwicklung vom Nachwuchs- zum Seniorenspieler machen. Die Investition in den Nachwuchs zahlt sich vielleicht nicht sofort aus, ist aber eine nachhaltige Investition. Und der Verein erntet bereits die ersten Früchte.
Ein Ilyas Ansah hat sich bereits in der ersten Mannschaft etabliert, Spieler wie Martin Ens, Marco Pledl oder Luis Engelns trainieren bereits bei den Profis mit und werden uns in Zukunft noch viel Freude bereiten - und irgendwann hoffentlich das investierte Geld durch entsprechende Transfererlöse wieder einspielen.