Er selbst bezeichnet sich als „Lipper mit Migrationshintergrund“. Schließlich stammt Markus Lüttgens vom Niederrhein, ehe es ihn 2009 in den schnuckeligen Leopoldshöher Ortsteil Bexterhagen verschlug. Von dort aus ist es nicht weit nach Bielefeld, doch um Arminia macht Markus Lüttgens einen großen Bogen. Er hat sein Herz an den SC Paderborn verloren und wechselt sich mit Andreas Ludwig als Autor unserer Fankolumne „Drei-Hasen-Grätsche“ ab.
Liebe Fans des SCP07,
das vergangene Wochenende hat richtig gut angefangen. Nach dem überzeugenden 1:0-Sieg gegen den HSV war ich als SCP07-Fan regelrecht beseelt. Mit einer der besten Leistungen seit Monaten hatte die Mannschaft im letzten Heimspiel der Saison für einen versöhnlichen Abschluss gesorgt, den man einfach nur feiern konnte.
Doch die gute Laune hielt nur bis Sonntagnachmittag. Da gab der Verein in einer Mitteilung die neuen Ticketpreise für die Saison 2024/25 bekannt. Die Mitteilung begann zunächst harmlos. Dass der Verein die gestiegenen Kosten in den Bereichen Energie, Personaldienstleistungen und Spielbetrieb auf die Ticketpreise umlegen muss, dafür sollte jeder Fan Verständnis haben. Diese Preissteigerungen aus der Substanz zu decken, wäre wirtschaftlich nicht zu verantworten.
Doch schon im zweiten Absatz der Mitteilung folgte dann der eigentliche Hammer. „Um die steuerrechtlichen Vorschriften einzuhalten und die Gemeinnützigkeit des Vereins nicht zu gefährden, kann der SCP07 zukünftig keine Rabatte mehr für Mitglieder im Ticketing gewähren. Aus diesem Grund gelten Mitglieder nun als Vollzahler“, heißt es dort.
Der SCP erntet einen Shitstorm
Für mich war das wie ein Schlag ins Gesicht. Vor allem, nachdem ich mir die neuen Preise angeschaut und verglichen hatte. Mit diesen beiden lapidaren Sätzen teilte mir der Verein mit, dass meine Dauerkarte aus heiterem Himmel um rund ein Drittel teurer wird. Später erklärte Geschäftsführer Martin Hornberger gegenüber „nw.de“ knapp ergänzend, dass der Mitgliederrabatt bei einer Steuerprüfung beanstandet worden sei.
Die Reaktion der Fans war zu erwarten. Unter dem Facebook-Beitrag des SC Paderborn zu den neuen Preisen entwickelte sich ein regelrechter Shitstorm. Fast ausnahmslos wurde die Entscheidung negativ kommentiert. Bemerkenswerterweise sehr oft sachlich, manchmal aber auch nicht.
Nachdem sich die erste Empörung bei mir gelegt hatte, begann ich zu recherchieren: Wie machen das andere Vereine? Und in der Tat gibt es einige Erst- und Zweitligavereine, die ihren Mitgliedern keine Ermäßigung auf die Eintrittskarten gewähren. Es gibt aber auch einige Vereine, die genau das tun. Auch in der Saison 2024/25.
Herbe Kritik an der Kommunikation
Es kann also kein grundsätzliches Problem sein. Was die Frage aufwirft, warum es beim SC Paderborn offensichtlich eines ist. Ist der Verein steuerlich schlecht beraten? Oder hat man den Hinweis eines Steuerprüfers dankbar zum Anlass genommen, den Rabatt für Mitglieder zu streichen und damit mehr Geld einzunehmen? Ich weiß es nicht.
Aber selbst wenn ich im besten Fall davon ausgehe, dass die Argumentation des Vereins stimmt und dieser Schritt unumgänglich ist, muss ich feststellen: Viel schlechter hätte man es nicht kommunizieren können.
Sicherlich sind viele Fans nicht in erster Linie Vereinsmitglieder, weil sie die Geschicke des Vereins mitgestalten wollen. Sondern weil sie einfacher und günstiger an Karten kommen wollen. Ich gebe zu, auch für mich war das damals das Hauptmotiv, dem SC Paderborn 07 e.V. beizutreten.
Die Sensibilität fehlt
Daran finde ich aber auch nichts Verwerfliches. Denn durch die Mitgliedschaft zeigen die Fans ja, dass sie gewillt und bereit sind, den SCP07 so oft wie möglich im Stadion zu unterstützen. Man kann durchaus sagen, dass Dauerkarteninhaber, die Mitglieder sind, zu den treuesten Fans gehören.
Diese Menschen nun in einer Mitteilung, die ansonsten die Preiserhöhungen durchweg euphemistisch verpackt, kurz und knapp mit dem Satz „Ihr seid jetzt Vollzahler“ vor vollendete Tatsachen zu stellen, geht, mit Verlaub gesagt, gar nicht. Das ist maximal unsensibel und zeugt von keinerlei Wertschätzung.
Aus der bisherigen Kommunikation des SC Paderborn weiß ich, dass man die Zielgruppe „Vereinsmitglied + Dauerkarteninhaber“ sehr genau ansprechen kann. Wäre es zu viel verlangt gewesen, diese Personen vor der Veröffentlichung der Mitteilung anzuschreiben, die Gründe für die Maßnahme (ausführlicher und transparenter) zu erläutern und mögliche Vorschläge zur Kompensation des entgangenen Vorteils zu unterbreiten?
Bei Gegenwind gibt’s schnell die kalte Schulter
Offensichtlich ja, zumindest für die Vereinsführung und die Kommunikationsabteilung des SC Paderborn. Bin ich enttäuscht? Ja. Überrascht mich das? Nein. Denn es passt leider in das Bild einer Kommunikation, in der der Verein schon in der Vergangenheit immer wieder den Eindruck erweckt hat, die Bedürfnisse und Befindlichkeiten der Fanszene allenfalls sehr bedingt zu verstehen.
Wenn die aktive Fanszene die Mannschaft nach erfolgreichen Spielen feiert oder mit einer Choreographie für stimmungsvolle Bilder sorgt, schmückt sich der Verein allzu gerne damit. Wenn es aber Gegenwind gibt, zeigt der Verein schnell die kalte Schulter.
Unrühmlicher Höhepunkt in dieser Hinsicht war die Reaktion des Vereins auf die Geldstrafe des DFB-Kontrollausschusses nach den Fanprotesten gegen den geplanten Einstieg von Investoren bei der DFL Anfang des Jahres.
Friedlicher Protest wird kriminalisiert
Dort wurde Geschäftsführer Martin Hornberger mit den Worten zitiert: „Straftaten gehören nicht in Veranstaltungsstätten und zum Sport.“ Lieber Herr Hornberger, erklären Sie mir bitte, welche Straftat das Werfen von Tennisbällen oder Schokotalern ist?
Verstehet mich nicht falsch: Martin Hornberger ist als Geschäftsführer verpflichtet, wirtschaftlichen Schaden vom Verein abzuwenden. Deshalb kann er verhängte Geldstrafen weder gutheißen noch kommentarlos tolerieren, sonst würde er sich arbeitsrechtlich angreifbar machen.
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Aber friedlichen Fanprotest zu kriminalisieren, zeigt mir, wie weit Hornberger von der eigentlichen Fanszene entfernt ist. Aber um es klar zu sagen: Wir Fans sind keine Jubelperser, die nur für eine stimmungsvolle Kulisse bei den Spielen sorgen. Eine respektvolle Kommunikation auf Augenhöhe und nicht von oben herab, darf nicht zu viel verlangt sein. Hier hat der SCP07 noch Nachholbedarf.
Bitte bleibt Mitglied, der Verein braucht Kontrolle
In den Reaktionen auf die neuen Ticketpreise haben viele Fans angekündigt, ihre Mitgliedschaft kündigen zu wollen. Im ersten Reflex habe ich das auch getan. Und auf den ersten Blick finde ich das auch verständlich, denn warum soll man den Mitgliedsbeitrag bezahlen, wenn man keinen entscheidenden Vorteil mehr davon hat?
Doch mittlerweile habe ich meine Meinung geändert und appelliere an alle Fans: Bitte bleibt Mitglied im Verein. Gerade die aktuelle Entwicklung rund um die Ticketpreise zeigt, dass der Verein mehr denn je auf eine möglichst breite Basis angewiesen ist, die sein Handeln kontrolliert.
Was wir als Mitglieder bewirken können, hat sich erst vor wenigen Monaten gezeigt. Das Votum unserer Mitgliederversammlung gegen den Einstieg von Investoren bei der DFL war wohl der entscheidende Mosaikstein, der die Pläne zu Fall brachte. Was zeigt: Demokratie funktioniert, auch in schwierigen Zeiten. Lasst uns gemeinsam den SCP07 zu einem besseren Verein machen, auch wenn es erst einmal teurer wird.