Er selbst bezeichnet sich als „Lipper mit Migrationshintergrund“. Schließlich stammt Markus Lüttgens vom Niederrhein, ehe es ihn 2009 in den schnuckeligen Leopoldshöher Ortsteil Bexterhagen verschlug. Von dort aus ist es nicht weit nach Bielefeld, doch um Arminia macht Markus Lüttgens einen großen Bogen. Er hat sein Herz an den SC Paderborn verloren und wechselt sich mit Andreas Ludwig als Autor unserer Fankolumne „Drei-Hasen-Grätsche“ ab.
Liebe Fans des SCP07,
die Zweitliga-Saison 2023/24 biegt langsam, aber sicher auf die Zielgerade ein. Und wenn man sich die nackten Zahlen anschaut, steht der SC Paderborn 07 acht Spieltage vor Saisonende gar nicht so schlecht da. Der sechste Tabellenplatz liegt voll im Rahmen der Erwartungen. Bei nur fünf Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz darf man sogar noch von einer Saisonverlängerung durch die Relegation träumen. Damit könnte man zufrieden sein.
Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir diesen sechsten Tabellenplatz nun schon seit fünf Spieltagen halten, obwohl in dieser Zeit nur fünf Punkte geholt wurden. Gefühlt hat man zuletzt nach jedem Spiel darauf gewartet, nach hinten durchgereicht zu werden. Aber auch die direkten Konkurrenten wie Düsseldorf, Fürth oder Hannover waren nicht erfolgreicher. Hinter den beiden Spitzenklubs St. Pauli und Kiel liefert sich das vordere Tabellenfeld derzeit ein Schneckenrennen, bei dem kein Verein so richtig vom Fleck kommt.
Und das ist der erste Punkt, an dem meine Zufriedenheit einen kleinen Knacks bekommt, weil ich mir überlege: Was wäre, wenn? Wenn wir im Heimspiel gegen Magdeburg unsere Überlegenheit in einen Sieg umgemünzt hätten? Wenn wir auf Schalke nicht in der Nachspielzeit den Ausgleich kassiert hätten? Wenn wir gegen Braunschweig nicht so unnötig verloren hätten? Es wäre viel mehr möglich gewesen in den letzten Spielen.
Dann klaffen die objektive Wahrheit der Tabelle und die gefühlte Wahrheit des Zuschauers auseinander. Für mich ist es nach wie vor eine sehr zähe Saison. Unsere Jungs spielen zwar meistens ordentlich bis gut, aber das spiegelt sich nicht in den Spielverläufen und Ergebnissen wieder.
Heimspiel-Blues drückt auf die Stimmung
Zu oft laufen wir einem Rückstand hinterher und schaffen es nicht immer, das Spiel zu drehen. Das liegt auch an der mangelnden Effizienz in der Offensive. Der SCP braucht zu viele Chancen, um ein Tor zu erzielen. Deshalb sind viele Spiele so umkämpft und man hat nach dem Schlusspfiff oft das Gefühl: Es wäre mehr drin gewesen.
Was mir als Stadiongänger zusätzlich auf die Stimmung drückt, ist die aktuelle Ergebniskrise bei den Heimspielen. Erst die bittere 0:4-Pleite gegen Kiel, dann das zähe 0:0 gegen Magdeburg und schließlich am vergangenen Freitag die wie schon erwähnt völlig unnötige 1:2-Niederlage gegen Braunschweig - die letzten drei Heimspiele waren nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig.
Und dann sind da noch die Aussagen unseres Cheftrainers Lukas Kwasniok, die mich immer wieder erstaunen. So erklärte uns Kwasniok auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Braunschweig anhand ausgewählter Statistiken, dass es sich im Grunde um ein Spitzenspiel zweier formstarker Mannschaften handele.
Faktisch mag das nicht falsch sein, aber vor einem Spiel gegen einen Abstiegskandidaten hätte ich mir ein etwas selbstbewussteres Auftreten gewünscht. Natürlich beweist die 2. Liga immer wieder, dass jeder jeden schlagen kann, aber man muss den Gegner auch nicht über Gebühr starkreden. Denn damit liefert man der Mannschaft im Vorfeld auch schon Gründe, falls es am Ende nicht klappt.
Nachdem der SCP das Spiel gegen Braunschweig mit 1:2 verloren hatte, obwohl wir in allen relevanten Statistiken besser waren, erklärte Kwasniok dann, die Mannschaft habe alles gegeben, mehr könne er von ihr nicht verlangen und einziger Maßstab sei für ihn die gezeigte Leistung.
Am Ende muss auch das Ergebnis stimmen
Einerseits finde ich es gut, dass sich unser Cheftrainer nach einer solchen Niederlage schützend vor die Mannschaft stellt, andererseits würde mich interessieren, ob sein Vorgesetzter Benjamin Weber auch der Meinung ist, dass nur die gezeigte Leistung zählt?
Ich möchte an dieser Stelle einwenden, dass wir hier nicht von einer Schülermannschaft sprechen, sondern von Profis, die mit Fußball ihren Lebensunterhalt verdienen. Und Profifußball ist nun einmal ein Ergebnissport, bei dem am Ende zählt, was unter dem Strich herauskommt. Ohne jetzt jemanden kritisieren zu wollen, aber von einem gestandenen Zweitligaspieler wie Sirlord Conteh darf man hoffentlich erwarten, dass er so eine Chance wie kurz vor Spielende auch mal reinmacht.
Wenn ich meinem Chef im Job nur Engagement und Einsatzbereitschaft, aber keine Ergebnisse liefern kann, wird er sich früher oder später fragen, ob ich der richtige Mitarbeiter für ihn bin. Wer sich schon einmal mit Arbeitszeugnissen beschäftigt hat, weiß, dass das Urteil „Er war stets bemüht“ alles andere als eine Auszeichnung ist.
Aber vielleicht sehe ich das noch unter dem Eindruck der Enttäuschung nach dem Spiel gegen Braunschweig etwas zu schwarz und suche das Haar in der Suppe. Doch wie gesagt: Die objektive Wahrheit der Tabelle und meine gefühlte Wahrheit klaffen im Moment auseinander. In Anlehnung an den großen Fußballphilosophen Andreas Möller könnte man auch sagen: Vom Feeling her habe ich kein gutes Gefühl.
Das kann sich aber auch ganz schnell wieder ändern. Einfach beim nächsten Heimspiel die alte Tante Hertha aus dem Stadion schießen und alles ist vergeben und vergessen.
In diesem Sinne: Kommt gut durch die Länderspielpause!