Paderborn. Auf dem Papier war es ein Topspiel. Doch im Zweitligaduell zwischen dem SC Paderborn und Holstein Kiel bewiesen am Samstag nur die Gäste, dass sie eine echte Spitzenmannschaft sind. So feierte der Tabellenzweite von der Ostsee vor 12.852 Zuschauern in der Paderborner Home-Deluxe-Arena einen ungefährdeten 4:0 (2:0)-Auswärtssieg. Zwischendurch hatte es in der zweiten Halbzeit aufgrund von Fanprotesten eine halbstündige Spielunterbrechung gegeben.
Lukas Kwasniok hatte unterdessen einmal mehr eine durchaus überraschende Startelf auf den Rasen beordert. Paderborns Cheftrainer nahm hierbei im Vergleich zum 2:1-Sieg in Kaiserslautern vier Änderungen vor. Marcel Hoffmeier, Jannis Heuer, Laurin Curda und Adriano Grimaldi rückten für Calvin Brackelmann, Visar Musliu, Sebastian Klaas und Kai Klefisch in die Anfangsformation. Für Heuer war es der erste Startelf-Einsatz seit dem 9. Dezember (2:1 in Hamburg). Grimaldi durfte erstmals in der Rückrunde von Beginn an ran. Hoffmeier hatte in den vergangenen drei Partien lediglich 24 Einsatzminuten in Kaisersautern verbucht.
Musliu und Heuer mussten derweil auf der Bank Platz nehmen, auf der auch Maximilian Rohr saß. Der 28-Jährige feierte nach langer Verletzungspause sein Kader-Comeback. Mattes Hansen, Marco Schuster und Calvin Brackelmann fehlten dagegen im 20er-Aufgebot. Hansen und Brackelmann waren stattdessen für die Regionalliga-Reserve in Bocholt im Einsatz. Schuster war leicht angeschlagen.
Anfangsphase verschlafen
Die Hausherren, die in der Rückrunde bislang so manche Anfangsphase verschlafen hatten, erwischten einen starken Start. Gerade über die linke Seite, auf der diesmal Raphael Obermair auftauchte, kamen die Paderborner in den ersten 15 Minuten immer wieder vors Tor der Gäste. Abschlüsse von Obermair (3./6.) wurden so gerade noch geblockt. Zwischendurch hatte SCP-Winterneuzugang Koen Kostons die dicke Chance zum 1:0. Der Niederländer tauchte nach einem Doppelpass mit Filip Bilbija frei vor Kiels Keeper Timon Weiner auf, zog in diesem Duell jedoch den Kürzeren (4.).
Holstein verbuchte mit einem Kopfball von Colin Kleine-Bekel (9.) seine erste Offensivaktion, ehe Kostons seine zweite gute Gelegenheit hatte. Diesmal kam er nach einem sehenswerten Grimaldi-Pass zum Abschluss, doch erneut war Weiner zur Stelle (15.). Dann aber war es mit der Paderborner Herrlichkeit vorbei, denn der erste gute Angriff der Gäste sollte für eine maßgebliche Änderung der Kräfteverhältnisse sorgen.
Kiel lauerte auf Konter
Shuto Machino setzte seinen Teamkollegen Finn Porath in Szene. Der schoss per Vollspann ins rechte untere Eck. Und Kiel führte mit 1:0 (16.). Der SCP tat sich fortan extrem schwer, sich ins letzte Drittel zu kombinieren. Die Gäste machten die Räume eng. Paderborn kam kaum noch in den gegnerischen Strafraum.
Kiel lauerte derweil auf Konter und hatte damit in der 33. Minute Erfolg. Ein langer Ball von Lewis Holtby hebelte die SCP-Defensive aus. Der bis dato unauffällige Holstein-Torjäger Steven Skrzybski ließ Laurin Curda ganz alt aussehen und vollstreckte eiskalt zum 0:2. Keine 120 Sekunden später hätte Skrzybski gleich seinen neunten Saisontreffer verbuchen können. Diesmal scheiterte der Ex-Schalker allerdings an SCP-Torhüter Pelle Boevink (35.).
Torschuss vor der Pause
In der 37. Minute gab es dann eine Spielunterbrechung, für die ausnahmsweise nicht die Fans, sondern der Schiedsrichter sorgte. Bei Referee Patrick Alt zwickten offenbar die Adduktoren. Der 39-Jährige konnte aber nach einer kurzen Behandlungspause weitermachen.
Das Offensivspiel der Gastgeber wurde aber auch anschließend nicht besser. Bis zur Pause verzeichnete der SCP nur noch einen Torschuss. Der hatte es allerdings in sich. Obermair setzte einen Freistoß aus 26 Metern nur knapp neben das Tor. Timon Weiner wäre wohl machtlos gewesen. So aber gingen effiziente und enorm zweikampfstarke Kieler mit einer 2:0-Halbzeitführung in die Kabine.
Mit einem Wechsel auf Paderborner Seite ging es in den zweiten Durchgang. Rohr rückte für Heuer in die Abwehrkette. Die erste Chance nach Wiederanpfiff ging dagegen aufs Kieler Konto. Machino grätschte an einer Holtby-Hereingabe vorbei (50.). Und auch bei einem Rohr-Ballverlust gegen Skrzybski schnellte der Blutdruck der Paderborner Fans in die Höhe (51.).
Dieser Fauxpas blieb noch unbestraft, doch in Minute 52 stand es dann 0:3. Kostons verlor an der Mittellinie den Ball. Das Zentrum stand wieder sperrangelweit offen. Kiels Marvin Schulz setzte sich gegen Rohr und den zurückgeeilten Kostons durch und zog ab. Boevink war noch mit der linken Hand dran, doch der Ball segelte ins Netz.
In der 58. Minute hätten die Hausherren auf 1:3 verkürzen müssen. Adriano Grimaldi köpfte nach einer Obermair-Flanke aus kurzer Distanz aufs Tor, verfehlte jedoch sein Ziel. Es folgte die fast schon obligatorische Spielunterbrechung durch Fanproteste. So flogen in der 62. Minute Gegenstände aus dem Kieler Block aufs Spielfeld, ehe die SCP-Fans Tennisbälle auf den Rasen warfen.
Bevor es weiterging, nahm SCP-Coach Kwasniok einen Vierfachwechsel vor. Sirlord Conteh, Robert Leipertz, Sebastian Klaas und Aaron Zehnter kamen für Grimaldi, Ansah, Kostons und Obermair (63.). Dann rollte nach rund acht Minuten Wartezeit wieder das runde Leder. Allerdings nur für 30 Sekunden. Dann flogen aus beiden Fanlagern erneut Gegenstände auf den Platz. Konsequenz: Schiedsrichter Patrick Alt bat beide Teams in der 70. Minute in die Kabinen und fror die Spielzeit ein.
Spielabbruch in Sicht
Nach zehn weiteren Minuten gingen dann SCP-Sport-Geschäftsführer Benjamin Weber, Chefcoach Lukas Kwasniok und die Co-Trainer Uwe Hünemeier, Nico Burchert und Frank Kaspari zu den Fans auf die Südtribüne, um die Anhänger zu bitten, mit den Tennisballwürfen aufzuhören. Vermutlich machten sie ihnen klar, dass der Schiedsrichter die Partie ansonsten abbricht.
Auch Stadionsprecher Jürgen Lutter machte klar, dass es bei weiteren Würfen zu einem Spielabbruch kommen könnte. Anschließend ging es nach insgesamt 30 Minuten (!) Zwangspause weiter. Das Paderborner Spiel wurde allerdings nicht besser. Machino hatte das 0:4 auf dem Fuß, wurde aber im letzten Moment von Rohr am Abschluss gehindert (73.).
Rote Karte
Auf der Gegenseite konnte Leipertz den Ball nach Conteh-Vorarbeit nicht aufs Tor bringen (77.). Letztlich aber plätscherte das Spiel nun vor sich hin, wenngleich die Hausherren sich nicht hängen ließen. Für einen Paderborner sollte der Samstag dann noch bitterer werden. Martin Ens erwischte Holtby in der zweiten Minute der Nachspielzeit bei einer verunglückten Abwehraktion mit dem rechten Fuß am Kopf. Schiedsrichter Alt blieb nichts anderes übrig, als Ens die Rote Karte zu zeigen. Der gefoulte Holtby führte den Freistoß selbst aus und zirkelte das Leder ans Lattenkreuz (90.+3).
Das 0:4 sollte aber doch noch fallen. Holstein-Joker Niklas Niehoff setzte in der neunten Minute der Nachspielzeit den Schlusspunkt unter ein Spiel, in dem der Tabellenzweite aus Kiel den Hausherren die Grenzen aufgezeigt hatte. Für den SC Paderborn geht es bereits am kommenden Freitag, 23. Februar, weiter. Dann gastiert das Team von Trainer Lukas Kwasniok um 18.30 Uhr beim SV Wehen Wiesbaden.