SCP-Splitter

Paderborns Elfmeter-Spezialist bleibt wieder eiskalt, Hamburgs Trainer trotzig

Florent Muslija versenkt beim 2:2 in Hamburg seinen sechsten Strafstoß in dieser Saison. Teamkollege Marvin Pieringer macht Bekanntschaft mit dem Dickschädel eines Ex-Paderborners. Und HSV-Coach Tim Walter sammelt mal wieder keine Sympathiepunkte.

Florent Muslija nutzte in der 73. Minute ein Elfmeter-Geschenk des Hamburger SV, um per Strafstoß den 2:2-Endstand zu markieren. HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes blieb machtlos. | © imago images

Frank Beineke
06.05.2023 | 07.05.2023, 10:06

Kalt, kälter, Muslija

Auch 57.000 Zuschauer, von denen rund 55.400 für ein gellendes Pfeifkonzert sorgten, konnten Florent Muslija am Freitagabend nicht aus der Ruhe bringen. Der 24-jährige Edeltechniker des SC Paderborn schnappte sich am Freitagabend im Zweitliga-Gastspiel beim Hamburger SV in der 73. Minute den Ball und verwandelte einen Foulelfmeter, den er selbst herausgeholt hatte, in souveräner Manier zum 2:2 (1:1)-Endstand.

Es war Muslijas sechster Strafstoß der Saison - und zum sechsten Mal landete das Leder im Netz. Unterm Strich hat der kosovarische Nationalspieler in dieser Spielzeit damit schon neun Tore und fünf Assists verbucht. Allein in der Rückrunde kommt der SCP-Akteur auf satte sieben Treffer. Und saisonübergreifend hat Muslija nun schon acht von acht Elfmetern verwandelt.

Von einer solchen Bilanz sind die anderen Strafstoß-Schützen, die in den Zweitliga-Spielzeiten 2021/22 und 2022/23 für den SC Paderborn zum Punkt schritten, weit entfernt. Von fünf Versuchen fand nur einer den Weg ins Ziel. So hatte Sven Michel am 28. November 2021 zum 1:1 gegen Rostock getroffen. Dennis Srbeny und Felix Platte schossen in der vergangenen Spielzeit dagegen Fahrkarten. Und Marvin Pieringer scheiterte in dieser Saison in den Heimspielen gegen Darmstadt (1:2) und Braunschweig (5:1).

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Brummschädel statt Siegtreffer

Eben jener Marvin Pieringer hätte am Freitag in Hamburg fast als Joker gestochen. Der 23-jährige SCP-Stürmer war in der 59. Minute für Sirlord Conteh in die Partie gekommen und machte zunächst unliebsame Bekanntschaft mit dem Schädel eines Ex-Paderborners. So prallte Pieringer in Minute 62 bei einem Kopfballduell mit HSV-Kapitän Sebastian Schonlau zusammen.

Beide zogen sich Platzwunden zu, konnten aber nach kurzer Behandlungspause weiterspielen. Schonlaus Stirn zierte fortan ein Pflaster. Pieringer erhielt einen schmucken Kopfverband, der ihn aber nicht daran hinderte, in weitere Luftduelle zu gehen. So schraubte sich die Schalke-Leihgabe in der 77. Minute in die Höhe, um eine Muslija-Flanke Richtung HSV-Tor zu köpfen.

Der Versuch wäre im rechten oberen Toreck eingeschlagen, aber Hamburgs Torhüter Daniel Heuer Fernandes verhinderte das 2:3. "Aus dem Winkel war es für mich etwas schwierig", erklärte Pieringer, der nach dem Zusammenstoß mit Schonlau nur kurz angeknockt gewesen war. "Ich war relativ schnell wieder klar im Kopf", berichtete der Paderborner Angreifer, der dann auch ein treffendes Fazit ziehen konnte: "Hier wäre heute mehr drin gewesen."

Dompé ärgert wieder den SCP

Im Hinspiel hatte Jean-Luc Dompé maßgeblich dazu beigetragen, dass der HSV einen 3:2-Sieg in Paderborn einheimste. Der Hamburger Flügelstürmer war damals der überragende Mann auf dem Platz, erzielte einen Treffer und bereitete zwei Tore vor. Leidtragender war vor allem SCP-Akteur Marcel Hoffmeier, der von Dompé ein ums andere Mal vernatzt worden war.

Wohl auch deshalb entschied sich Paderborns Cheftrainer beim Rückspiel gegen Hoffmeier, um stattdessen Jannis Heuer auf die rechte Abwehrseite zu beordern. "Ich wollte gegen Dompé mehr Physis aufbieten", erklärte Lukas Kwasniok. Heuer hatte den 27-jährigen Franzosen über weite Strecken auch gut im Griff, doch in einigen Szenen blitzte Dompés Klasse auf.

Und eine dieser Situationen hatte Folgen, denn der HSV-Linksaußen bereitete den 1:0-Treffer (39.) durch Robert Glatzel mustergültig vor. In der 59. Minute wäre fast ein weiterer Assist hinzugekommen, doch Moritz Heyer grätschte eine flache Dompé-Hereingabe am leeren Tor vorbei. "Ich hätte nichts dagegen, wenn Dompé mal das Paderborner Trikot tragen würde", sagte SCP-Coach Kwasniok angesichts der Qualitäten des trickreichen Franzosen, der von der "ARD" unlängst als "Torschütze des Monats März" ausgezeichnet worden war.

Ein Trainer in der Trotzphase

Lukas Kwasniok weiß einfach, was sich gehört. Paderborns Trainer lobte den Gegner bei der Pressekonferenz nach dem Spiel in den höchsten Tönen ("Der HSV gehört eigentlich nicht in die 2. Liga"), schwärmte über die in der Tat sehr eindrucksvolle Atmosphäre im ausverkauften Volksparkstadion und wünschte den Hamburgern alles Gute für den Saisonendspurt.

Von seinem Trainerkollegen Tim Walter gab es dagegen kaum anerkennende Worte für den SCP und keine guten Wünsche für den Kontrahenten. So manche Kritiker werfen dem HSV-Coach ja eine gewisse Beratungsresistenz oder gar Arroganz vor. Bei der Pressekonferenz tat Walter herzlich wenig, um diese Vorurteile zu widerlegen.

Seine Aussagen klangen vielmehr ziemlich trotzig. "Wir gehen weiter unseren Weg und trotzen allen Widerständen", erklärte Hamburgs Coach und fügte an: "Wir sind ein verschworener Haufen." Immerhin: Die Begrüßung und auch die Verabschiedung zwischen Walter und Kwasniok waren äußerst herzlich. Schließlich kennen sich die beiden Trainer aus gemeinsamen Karlsruher Zeiten.

Premiere im zwölften Duell

In elf Pflichtspielen zwischen dem SC Paderborn und dem Hamburger SV hatte es stets einen Sieger gegeben. In sieben Partien hatten die Hanseaten die Nase vorn, vier Mal gewann der SCP. Darunter waren zwei Auswärtssiege an der Alster. Am zweiten Spieltag der Bundesliga-Saison 2014/15 hatten die Paderborner in Hamburg mit 3:0 triumphiert. Vor einem Jahr gelang ein 2:1-Erfolg im Volksparkstadion. Mit dem 2:2 gab es am Freitagabend in Duell Nummer zwölf nun erstmals ein Remis.

Fährt Humphreys zur WM?

Chelsea-Leihgabe Bashir Humphreys bestritt in Hamburg möglicherweise das letzte Spiel im Paderborner Trikot. So muss der SCP in den nächsten Tagen entscheiden, ob der 20-jährige Innenverteidiger für die englische U20-Nationalmannschaft zur U20-Weltmeisterschaft nach Argentinien (20. Mai bis 11. Juni) fahren darf. So will Englands U20-Coach Ian Foster seinen WM-Kader am kommenden Mittwoch, 10. Mai, bekanntgeben. "Ich weiß wirklich noch nicht, welche Entscheidung wir treffen", sagte SCP-Coach Lukas Kwasniok nach dem 2:2 beim HSV.

Eigentlich wollten die Paderborner das Abwehrtalent nicht freigeben. Doch da die Aufstiegschancen nur noch theoretischer Natur sind, hat sich die Ausgangslage nun verändert. Sollte Humphreys grünes Licht für die WM erhalten, könnte es dennoch weitere Spiele im SCP-Dress geben. Schließlich bemühen sich die Paderborner, das Leihgeschäft mit dem FC Chelsea um eine weitere Saison zu verlängern. Doch ehe in diesem Fall eine Entscheidung fällt, dürften noch einige Wochen ins Land ziehen.


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