Fußball

Hoher Aufwand, geringer Ertrag: Warum der HSV erneut am Aufstieg scheitert

Hamburg kassiert mit der 1:2-Heimpleite gegen Paderborn den nächsten Nackenschlag. Die Partie wird dabei zum Spiegelbild der gesamten Saison.

HSV-Kapitän Sebastian Schonlau geht nach der Heimniederlage gegen seinen Ex-Klub Paderborn sichtlich enttäuscht vom Platz. | © Witters

Frank Beineke
03.04.2022 | 03.04.2022, 16:00

Hamburg/Paderborn. Viele Fans des Hamburger SV hatten offenbar schon vor dem Heimspiel gegen den SC Paderborn nicht mehr an den Bundesliga-Aufstieg geglaubt. So kamen am Samstag trotz der Aufhebung der meisten Corona-Beschränkungen lediglich 27.136 Zuschauer ins 57.000 Besucher fassende Volksparkstadion. Nach der Partie dürften selbst die größten Optimisten im HSV-Lager den besagten Glauben verloren haben, denn mit der verdienten 1:2 (0:1)-Heimpleite gegen den SCP musste der einstige Bundesliga-Dino einen weiteren Nackenschlag einstecken.

Und so wird das Unternehmen Aufstieg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum vierten Mal in Folge scheitern. "Es sieht jetzt natürlich nicht gut aus. Das tut schon sehr weh", konstatierte HSV-Torjäger Robert Glatzel, der in der 57. Minute beim Spielstand von 0:1 die größte Gelegenheit für die Hausherren vergeben hatte. So scheiterte der 28-jährige Stürmer nach einem etwas eigentümlichen Anlauf mit einem schwach geschossenen Foulelfmeter an SCP-Keeper Jannik Huth.

"Wir haben heute überhaupt kein Glück gehabt", ärgerte sich HSV-Coach Tim Walter und hatte dabei sicher auch die beiden aberkannten Abseitstore von Sebastian Schonlau (78.) und Mikkel Kaufmann (83.) im Hinterkopf. Doch weitaus entscheidender als das fehlende Fortune war die Hamburger Harmlosigkeit in der Offensive. Denn trotz eines Ballbesitz-Anteils von knapp 70 Prozent erspielten sich die Hausherren so gut wie keine klaren Torchancen.

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Kittel ist ein Schatten seiner selbst

"Wir waren in vielen Dingen und vielen Situationen etwas fahrig und hätten zwingender sein müssen", bemängelte Walter. Dessen Team fand gegen einen tief stehenden und geschickt verteidigenden SCP einfach keine Lösungen. Die Angriffe liefen oftmals nach Schema F.

In die Tiefe ging es fast nur über die rechte Seite, auf der Bakery Jatta ein ums andere Mal durchbrechen konnte. Doch die zumeist flachen Hereingaben des HSV-Flügelstürmers fanden so gut wie nie einen Abnehmer. "Daraus hätte viel mehr entstehen können und müssen", so Walter.

Zudem zeigte sich auch am Samstag, dass wichtige Offensiv-Asse in einer tiefen Formkrise stecken. Allen voran Spielmacher Sonny Kittel, an dem das Spiel komplett vorbei lief. Der 29-Jährige kam trotz der 622 Pässe, die der HSV spielte, gerade einmal auf 35 Ballkontakte und verbuchte keinen einzigen Abschluss. Zum Vergleich: Innenverteidiger Schonlau hatte 128 Ballkontakte. Auf der linken Seite machte derweil Hinrunden-Shootingstar Faride Alidou viel zu wenig Betrieb.

Viel Ballbesitz, wenig Punkte

Der SCP erteilte den Hausherren unterdessen eine Lehrstunde in Sachen Effektivität. So gab Paderborn nur vier Torschüsse ab. Und zwei Mal zappelte der Ball im gegnerischen Netz. Zunächst traf Dennis Srbeny schon nach 45 Sekunden aus gut 40 Metern zum 0:1, weil Bakery Jatta im Mittelfeld den Ball vertändelt und HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes zu weit vor seinem Tor gestanden hatte. In Minute 61 schnürte der SCP-Stürmer dann seinen Doppelpack. Der 1:2-Anschlusstreffer durch Hamburgs Joker Giorgi Chakvetadze war letztlich nur Ergebniskosmetik.

Wenn es Punkte für die optische Überlegenheit geben würde, wäre der HSV wohl unangefochtener Zweitliga-Spitzenreiter. Doch was helfen die mit Abstand höchste Ballbesitzquote und die beste Passquote der Liga, wenn am Ende viel zu wenig dabei herauskommt? Die nackten Resultate sprechen eine deutliche Sprache. So haben die Hamburger in dieser Saison nur 10 von 27 Ligaspielen gewonnen. Auf diese Anzahl kommt selbst Aufsteiger Rostock.

Geht's mit Walter weiter?

"Unser Problem war, das wir unsere Chancen nicht genutzt und die Effizienz haben vermissen lassen", sagte HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes nach der Pleite gegen den SCP. Es könnte auch ein Fazit zur bisherigen Saisonleistung sein. Fakt ist, dass die junge Hamburger Mannschaft einen hohen Aufwand betreibt, dabei aber nur einen geringen Ertrag einfährt.

Von Tim Walter gab's am Samstag Sätze, die nach Durchhalteparolen klingen. "Eine Entwicklung geht nicht immer nur bergauf. Wir müssen jetzt Widerstände überwinden", sagte Hamburgs Cheftrainer. "Das Leben ist kein Wunschkonzert", lautete ein weiteres Statement.

Seine Vorgänger mussten stets ihre Koffer packen, nachdem sie die angestrebte Bundesliga-Rückkehr verpasst hatten. Bleibt die Frage, ob die HSV-Verantwortlichen diesmal anders reagieren. Vielleicht würde ja das zum erhofften Erfolg führen - wenn auch frühestens im Mai 2023.


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