Paderborn. Sie hatten alles versucht, 3:1 geführt und sich bis zum Schluss mit Haut und Haaren gewehrt. Doch am Ende standen die Zweitligakicker des SC Paderborn mit leeren Händen da. So kassierte das Team von Trainer Lukas Kwasniok in einem extrem spektakulären Spiel eine 3:4 (2:1)-Heimniederlage gegen einen bärenstarken SV Werder Bremen. Unterm Strich war der Sieg des Erstliga-Absteigers auch nicht unverdient, doch eigentlich hatte diese Partie keinen Verlierer verdient.
Lukas Kwasniok nahm wie angekündigt erstmals in dieser Saison keine Startelfänderung vor. Sein Bremer Trainerkollege Ole Werner, der seit seinem Amtsantritt vier Mal in Folge die selbe Elf auf den Platz geschickt hatte, musste seine Anfangsformation dagegen auf einer Position ändern. Jean-Manuel Mbom rückte für den verletzten Felix Agu auf die rechte Außenbahn.
Vor den nur 750 Zuschauern in der damit ausverkauften Benteler-Arena entwickelte sich der erhoffte offene Schlagabtausch zwischen zwei Mannschaften, die munter nach vorne spielten. Beide Abwehrreihen hatten eine Menge Arbeit. Und wie schon im Hinspiel sollten die Paderborner früh in Führung gehen.
Ein Freistoß von Philipp Klement wurde zunächst abgeblockt, doch Werder-Kapitän Ömer Toprak traf beim Versuch, den Ball zu klären, den Fuß von SCP-Stürmer Sven Michel. Schiedsrichter Tobias Welz zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt. Michel trat selbst an, scheiterte aber mit seinem zu unplatzierten Strafstoß an Bremens Keeper Jiri Pavlenka (13.).
Ein Bremer läuft beim Elfmeter zu früh in den Strafraum
Doch dann meldete sich Video-Assistant-Referee Guido Winkmann zum ersten Mal. Dieser hatte nämlich gesehen, dass Werder-Akteur Marco Friedl zu früh in den Strafraum gelaufen war. Und so wurde der Elfmeter wiederholt. Aus Bremer Sicht eine ziemlich harte Entscheidung. Diesmal trat Florent Muslija an. Der Winterneuzugang machte es deutlich besser als Michel und traf mit einem satten Schuss zum 1:0 (15.) ins linke Eck.
Im Gegensatz zum Hinspiel zeigten sich die Bremer aber keinesfalls geschockt. Spielstarke Werderaner stellte vielmehr unter Beweis, warum das Team zuletzt vier Mal in Folge gewonnen hatte. Und in der 21. Minute erzielten die Gäste auch das vermeintliche 1:1.
Nach einem schlechten Pass von SCP-Torhüter Jannik Huth und dem daraus resultierenden Ballverlust standen die Bremer plötzlich in Überzahl vor dem Paderborner Tor. Niclas Füllkrug passte auf Sturmkollege Marvin Ducksch, der locker ins leere SCP-Gehäuse einschob. Doch Füllkrug hatte zum Glück für die Hausherren zuvor im Abseits gestanden.
Auf der Gegenseite verpasste Felix Platte in Minute 23 nur um zwei, drei Zentimeter das 2:0. Sein Kopfball nach Flanke von Marco Schuster klatschte an den rechten Pfosten. Dann aber sollte Bremen doch zum verdienten Ausgleich kommen. Nach einem langen Ball auf Ducksch vernatzte der Ex-Paderborner die SCP-Akteure Correia und Schuster, um mit seinem zehnten Saisontreffer das 1:1 zu markieren.
Gäste kommen nach der Halbzeitpause druckvoll aus der Kabine
Paderborn hatte aber die perfekte Antwort und einen bestens aufgelegten Florent Muslija. Der schnappte sich nämlich in der 38. Minute auf der linken Seite den Ball, zog in den Werder-Strafraum und beförderte das Leder mit einem wunderschönen Schlenzer zum 2:1 ins lange Eck. Es war zugleich der Halbzeitstand in einem hochklassigen Zweitligaspiel.
Die Gäste von der Weser kamen druckvoll aus der Kabine. Das Geschehen spielte sich nun zumeist in der Paderborner Hälfte ab. Doch der SCP lauerte geschickt auf Konter. In der 53. Minute verlor Michel nach einem langen Muslija-Zuspiel nur hauchdünn das Duell gegen Mbom. 60 Sekunden später hatte Platte nach einem feinen Schuster-Pass schon den Torschrei auf den Lippen, doch der SCP-Angreifer scheiterte am glänzend parierenden Pavlenka.
Drei Minuten später aber sollte Platte den Werder-Keeper mit einem Geniestreich düpieren. Paderborns Stürmer sah, dass Pavlenka etwas zu weit vor seinem Tor stand, und zog einfach aus 45 Metern ab. Und der Ball segelte zum 3:1 (57.) ins linke obere Eck. Es war ein Wahnsinnstreffer in einem spektakulären Spiel, das weitere zwei Minuten später das nächste Traumtor zu bieten hatte. Diesmal schlug das Leder allerdings auf der anderen Seite ein, denn Romano Schmid traf aus 22 Metern volley zum 3:2 (59.).
Der Wahnsinn geht weiter
Und der Wahnsinn ging weiter. In Minute 66 leistete sich ausgerechnet Doppeltorschütze Muslija einen Fehlpass im Mittelfeld. Füllkrug ging auf und davon und netzte aus knapp 20 Metern zum 3:3 ein. Und dann waren da ja auch noch die Videobeweise, die auf beiden Seiten für eine Achterbahnfahrt der Gefühle sorgten.
So jubelte der SCP in der 68. Minute über das vermeintliche 4:3. Platte hatte das Spielgerät aus 22 Metern in den rechten Winkel geschweißt. Doch einmal mehr meldete sich der VAR, der zuvor ein Foul von Platte an Toprak gesehen hatte. Schiedsrichter Welz schaute sich die Szene auf dem Monitor an und bestätigte die Entscheidung des Kölner Kellers.
Vier Minuten später gab es das gleiche Spiel auf der anderen Seite. Diesmal hatte Ducksch einen 16-Meter-Schlenzer ins obere rechte Toreck gesetzt. Doch auch Werder feierte zu früh, denn der VAR schaltete sich erneut ein. Vorlagengeber Füllkrug hatte im Abseits gestanden. Und so blieb es beim 3:3, mit dem sich aber beide Teams nicht abfinden wollten. Es ging weiter munter nach vorne.
Bremer profitieren von dickem Huth-Fehler
So donnerte der einfach nicht zu stoppende Ducksch den Ball in der 82. Minute ans Aluminium. Schier unglaubliche Szenen spielten sich zwei Minuten später im Werder-Strafraum ab. SCP-Joker Marvin Cuni scheiterte nach einer tollen Einzelaktion zunächst an Pavlenka, der dann auch den Nachschuss des ebenfalls eingewechselten Kai Pröger überragend parierte. Und auch Platte und Michel konnten das Leder anschließend nicht über die Linie bringen.
Stattdessen drehte Werder die Partie. Dabei profitierten die Gäste von einem dicken Huth-Fehler. Der sonst so zuverlässige SCP-Torhüter segelte an einer Ecke vorbei, so dass Toprak den Ball zum 3:4 (86.) über die Linie drücken konnte. Diesmal fand der SCP keine Antwort mehr. Und so stand am Ende trotz starker Leistung die sechste Heimniederlage der Saison zu Buche.
Weiter geht es nun erst in zwei Wochen. Dann gastieren die Paderborner am Samstag, 5. Februar, um 20.30 Uhr beim FC St. Pauli. Auch dann könnte es wieder ziemlich spektakulär zugehen.
Das Spiel zum Nachlesen im NW-Liveticker: