Ex-SCP-Präsident Volkmann: "Ich sah mich immer als Stimme der Vernunft"

Paderborn. Wenn Vereinsfunktionäre in den Ruhestand gehen, wird gerne vom "Ende einer Ära" gesprochen. Im Fall von Elmar Volkmann ist dies alles andere als eine Übertreibung. Mehr als 28 Jahren hatte der Steuerberater eine leitende Funktion in den Gremien des SC Paderborn 07 inne. Seit dem 25. Juni 2018 fungierte er als Präsident. Nun gab der 75-Jährige sein Amt an Thomas Sagel weiter. Im Interview mit nw.de blickt Volkmann auf seine bewegte Zeit beim SCP zurück, um zugleich über Pläne und Perspektiven des hiesigen Fußball-Zweitligisten zu sprechen. Herr Volkmann, knapp 30 Jahre lang waren Sie beim SC Paderborn 07 in führender Funktion tätig. Seit dem Juni 2018 fungierten Sie als Präsident. Nun haben Sie aufgehört. Was waren die Beweggründe?Elmar Volkmann: Mein Plan war ursprünglich anders. Ich wollte noch die Ausgliederung der Profiabteilung in die KGaA begleiten. Zum 30. Juni 2018 sollte dann gemeinsam mit unserem langjährigen Präsidenten Wilfried Finke Schluss sein. Nach dem Tod von Wilfried fand sich aber zunächst kein neuer Präsident. Daher bin ich eingesprungen mit dem klaren Hinweis, dass ich es nur eine Wahlperiode lang mache. Und die ist nun vorbei. Wie haben Sie selbst ihre Rolle im Verein gesehen - ob nun als Aufsichtsratsvorsitzender oder Präsident?Ich habe meine Aufgabe stets darin gesehen, die Finanzen in Ordnung zu halten. Die finanziellen Risiken, die der SC Paderborn 07 eingegangen ist, waren immer mit finanziellen Zusagen verbunden, dass mögliche Liquiditätsengpässe ausgeglichen werden. Ich habe mich immer als Stimme der wirtschaftlichen Vernunft gesehen. Nun ist es aber mitunter schwierig, wirtschaftliche Vernunft und sportliche Ambitionen unter einen Hut zu bekommen. Wilfried Finke hatte beispielsweise immer ziemlich hohe Ambitionen. Wie war denn ihr Verhältnis zum leider schon verstorbenen Ehrenpräsidenten?Wilfried und ich haben uns menschlich immer gut verstanden, in der Sache aber so manchen Streit ausgetragen. Denn wir hatten auf bestimmte Dinge unterschiedliche Sichtweisen. Für Wilfried ging es vor allem um den Erfolg im sportlichen Bereich. Er wollte dafür schon mal ins Risiko gehen. Wenn man ihn dann mit Verweis auf die Finanzen bremste, ging er mitunter auf die Palme. Doch das war am nächsten Tag auch schon wieder vergessen. Im Prinzip haben wir uns optimal ergänzt. Und was sagen Sie mit Blick auf ihren Nachfolger Thomas Sagel?Ich habe zuletzt einen engen Kontakt zu Thomas gepflegt und mit dafür gesorgt, dass er das Präsidentenamt übernimmt. Er hat die sportliche und wirtschaftliche Kompetenz und verkörpert somit beide Seiten. Thomas weiß um die Schnittstellen zwischen Finanzen und Fußball. Der ein oder andere Fan dürfte aber immer noch Sorgen und Bedenken haben, ob der SCP eine große Krise auch ohne Wilfried Finke meistern kann. Wie gefestigt ist der Verein?Wilfried Finke hatte ja die Ausgliederung in die Profiabteilung bewusst angestoßen, damit der Verein auf einem sicheren Fundament steht. Und ich habe bei den nun handelnden Personen keine Bedenken, dass der Weg der wirtschaftlichen Vernunft verlassen wird. Der SCP ist geprägt von einer positiven Stimmung und einem geschlossenen Bild nach außen. Und durch die KGaA haben wir nun die Möglichkeit, nicht nur Sponsoren, sondern auch Investoren zu gewinnen. Das erhoffte "frische Geld", das die Ausgliederung bringen sollte, ist bislang aber kaum geflossen.Das ist auch nicht einfach. Aber ich bin guter Dinge, dass der SC Paderborn 07 in absehbarer neue Investoren findet. Wir sind da auf einem guten Weg. Es geht hierbei auch um überregionale Investoren. Dafür müssen wir offen sein. Aber eines ist klar: Wir suchen seriöse Unternehmen und keine Spekulanten. Die Corona-Krise muss der SCP nun schon in den neuen Strukturen meistern. Wie ist der Verein bislang durch diese Zeit gekommen?Wir sind bislang gut durch die Corona-Krise gekommen. Das liegt sicher auch an unserem vergleichsweise kleinen Stadion, denn so haben wir bei den Zuschauereinnahmen weitaus geringere Verluste als viele andere Vereine. Die KGaA und der Verein sind schuldenfrei und der Spielbetrieb ist auch in Zeiten der Corona-Pandemie sichergestellt. Und wie groß ist Ihre Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie?Grundsätzlich bin ich Befürworter der Impfungen und begrüße daher auch die geplante Einführung einer Impfpflicht. Cheftrainer Lukas Kwasniok ist allerdings auch noch nicht geimpft.Ich habe versucht, Überzeugungsarbeit zu leisten. Nach unserer Rechtsordnung ist es momentan jedoch die persönliche Entscheidung eines jeden Einzelnen, ob man sich impfen lässt. Das gilt es zu respektieren. Wir halten uns an Gesetze und Verträge. Wenn Sie auf ihre lange Zeit beim SCP zurückblicken: Was waren denn die schönsten Momente?Der erste Zweitliga-Aufstieg im Jahr 2005 war ein umwälzendes Erlebnis. Da ist der SC Paderborn 07 erst so richtig im Profifußball angekommen – mit all seinen Vor- und Nachteilen. Die beiden Bundesliga-Jahre waren natürlich ein Traum. Und sie haben es möglich gemacht, den Verein zu entschulden. Und was war der Tiefpunkt?Das war der Beinahe-Abstieg in die Regionalliga im Jahr 2017. Ein Super-Gau. Damals hing die Existenz des Vereins am seidenen Faden. Diese Situation hat mich auch persönlich belastet. Zum Glück hat der TSV 1860 München dann die Lizenz nicht bekommen. Und dank Wilfried Finke und anderer Mitstreiter konnten wir die nächste Saison in der 3. Liga in Angriff nehmen, sonst wäre dieser Verein wohl in der Versenkung verschwunden. Es war immer ein Rauf und Runter. Aber es war nie so kritisch wie im Mai 2017. Der Verein ist dann aber ähnlich wie in der Drittliga-Saison 2008/09 wieder ins Risiko gegangen, um den Zweitliga-Aufstieg zu schaffen. Und das als Fast-Absteiger.Wir hätten in der Saison 2017/18 noch nicht aufsteigen müssen, aber spätestens 2019 war die Rückkehr in die 2. Bundesliga angezeigt. Einen längeren Aufenthalt in der 3. Liga kann sich der SCP nur sehr schwer leisten. Aber so geht es vielen Vereinen. Umso wichtiger ist es, auf gesunden finanziellen Füßen zu stehen, wenn man mal in eine solche Situation geraten sollte. Wie sehen Sie denn die Perspektiven des SC Paderborn 07 im Profifußball?Die Entwicklung des Vereins ist noch nicht abgeschlossen. Auf vielen Ebenen tut sich gerade derzeit einiges. Ich persönlich habe immer gesagt: Wenn Paderborn in der 2. Bundesliga unter den ersten zehn Mannschaften rangiert und die Saison sauber durchfinanziert ist, ist alles in Ordnung. Wir stecken relativ viel Geld in die Nachwuchsabteilung, was auch völlig richtig ist. Und wir haben uns da mittlerweile einen Status erarbeitet, der uns Talente sichert. Heutzutage sagt auch mal ein Jugendspieler: Nein, nach Schalke gehe ich nicht, ich gehe nach Paderborn. Das hätte es vor ein paar Jahren nicht gegeben. Und was machen Sie mit Ihrer neu gewonnen Freizeit?Zunächst einmal bin ich ja auch noch beruflich als Steuerberater tätig, wenngleich ich nicht mehr jeden Tag ins Büro gehe. Einen Teil meiner Freizeit werde ich sicherlich weiter in den SC Paderborn 07 investieren, um mich insbesondere um den ideellen Bereich des Vereins zu kümmern. Denn dieser ist die Basis des Klubs. Und dann werde ich mich noch mehr um meine Familie kümmern, um meine Frau, meine Kinder und Enkelkinder. Wir werden künftig sicherlich häufiger verreisen. Rosenzüchten ist aber nicht angesagt?Nein, ich bin kein Gärtner. Ich würde da mehr vernichten als heranzüchten. Ich werde meine Zeit schon herumkriegen, ohne vor dem Fernseher zu hocken. Und was wünschen Sie dem SC Paderborn 07?Dass er in der 2. Bundesliga weiter eine gute Rolle spielt. In der Stadt Paderborn ist er ohnehin ein bedeutender Faktor. Und wenn er zwischendurch noch einmal aufsteigt, wäre das eine schöne Sache. Das würde dann wieder die Möglichkeit schaffen, ohne fremde Hilfe Einnahmen zu generieren, die den Verein weiter stabilisieren. Zudem wünsche ich dem SC Paderborn 07, dass weiterhin die Vernunft regiert. Ich bin auch sehr zuversichtlich, dass dies so bleibt.

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