
Paderborn. Nach dem Halbzeitpfiff von Schiedsrichter Daniel Siebert hatte am Sonntagabend in der Benteler-Arena eine gespenstische Stille geherrscht. Es gab weder Pfiffe noch Applaus. Die Fans des SC Paderborn wirkten regelrecht paralysiert. Ihre Mannschaft war im Heimspiel gegen Bayer 04 Leverkusen vor der Pause komplett chancenlos gewesen und konnte noch froh sein, "nur" mit 0:3 zurückzuliegen. Minuten vor dem Abpfiff feierten die SCP-Anhänger dagegen ihr Team. Paderborn sollte zwar 1:4 verlieren. Doch immerhin hatten die Schützlinge von Trainer Steffen Baumgart beim Rückrunden-Auftakt mal wieder Moral bewiesen.
"In der zweiten Halbzeit haben wir es gut gemacht", kommentierte SCP-Sportchef Martin Przondziono die starke Leistung nach der Pause. Keine 60 Sekunden nach dem 1:3-Anschlusstreffer (51.) durch England-Rückkehrer Dennis Srbeny hatte Christopher "Jimmy" Antwi-Adjei hierbei eine hundertprozentige Chance aufs 2:3 vergeben. "Wenn Jimmy da trifft, läuft es vielleicht anders", mutmaßte Paderborns Innenverteidiger Luca Kilian. So aber machte Kai Havertz mit dem 1:4 (75.) den Deckel drauf. Geld schießt halt doch Tore. Und allein der Martkwert von Havertz ist drei Mal so hoch wie der des gesamten SCP-Kaders.
Mentalität allein reicht oftmals nicht
Mit Retsos, Alario und Amiri hatte Bayer zudem drei Akteure auf der Bank, für die Leverkusen im Sommer gut 50 Millionen Euro gezahlt hatte. Und so konnte offenbar auch der überwältigende Teil der SCP-Fans realistisch einschätzen, dass im Duell David gegen Goliath im Normalfall halt der Goliath gewinnt. "Wenn Mannschaften wie Leverkusen ihre Qualität auf den Platz bringen, wird es für uns einfach schwer", erklärte Trainer Steffen Baumgart. Dies gilt vor allem an Tagen, an denen selbst SCP-Leistungsträger wie Sebastian Vasiliadis, Sebastian Schonlau oder Torwart Leopold Zingerle nicht ihre Normalform abrufen können.
Schmerzhafte Folgen sind dann Halbzeiten wie in Hoffenheim sowie gegen Leipzig und Leverkusen. In diesen Spielen lag ein zunächst hoffnungslos unterlegener SCP nach 45 Minuten jeweils mit 0:3 zurück. Es spricht für die herausragende Mentalität, dass sich der Aufsteiger anschließend aber nicht abschießen ließ, sondern gegen Leipzig und Leverkusen sogar noch mal an einem Punktgewinn schnupperte.
Die Fehler, die die Paderborner in den besagten Spielen gemacht haben, sind letztlich jedoch das Ergebnis mangelnder Qualität und fehlender Erfahrung. Mit Moral allein lassen sich diese Defizite oftmals nicht kompensieren, so dass der Klassenerhalt ein enorm schwieriges Unterfangen ist und bleibt. Doch Aufgeben gilt nicht. "Wir müssen weiter den Kopf oben behalten", betont Baumgart, der seinen Schützlingen am Sonntag mit einer eher ungewöhnlichen Halbzeitansprache Mut gemacht hatte: "Ich habe den Jungs gesagt, dass ich mehr Fehler als sie mache. Und solange ich mehr Fehler mache, wieder aufstehe und daran arbeite, analysiere und das hinterfrage, können sie auch Fehler machen."
Collins ist nicht zu ersetzen
Als Beispiel für einen dieser Fehler nannte Paderborns Chefcoach seine Entscheidung, den etatmäßigen Rechtsverteidiger Laurent Jans gegen Leverkusen auf die linke Abwehrseite zu beordern. Baumgart hatte diese Umstellung vorgenommen, da Jamilu Collins wegen einer Gelbsperre ausfiel. "Jamilu ist für uns ganz wichtig und nur schwer zu ersetzen", sagte der SCP-Trainer mit Blick auf seinen nigerianischen Linksverteidiger, der am kommenden Samstag, 25. Januar, im Gastspiel beim SC Freiburg (15.30 Uhr) wieder in die Startelf rückt.
Dann steht der am Samstag verpflichtete Mittelfeldspieler Samuel Fridjonsson womöglich erstmals im 20er-Kader. Der isländische Nationalspieler ist mit einer Ablösesumme von geschätzten 500.000 Euro der teuerste Neuzugang der laufenden Saison. Über solche Zahlen können Paderborns Konkurrenten nur müde lächeln.