
Dortmund. Der SC Paderborn sollte am Freitagabend zwar die große Sensation verpassen, die gleichbedeutend mit dem zweiten Saisonsieg gewesen wäre. Doch auch mit dem 3:3 bei Borussia Dortmund sorgte das Erstliga-Schlusslicht für einen Paukenschlag, der zugleich die Krise beim BVB verschärfte.
So hatten die eigentlich so heimstarken „Auswärts-Schlaffis" aus Dortmund zwei Wochen nach dem 0:4 in München diesmal auch vor eigenem Publikum folgenschwer gepatzt. Zur Pause hatten furios aufspielende Paderborner gar mit 3:0 geführt. Erst ein Treffer von Marco Reus in der zweiten Minute der Nachspielzeit rettete dem turmhohen Favoriten zumindest noch ein Remis.
Doch auch diese Aufholjagd konnte die BVB-Fans nicht milde stimmen. Sie pfiffen ihr Team nach dem Schlusspfiff gnadenlos aus. „Das war eine desaströse Leistung von uns. So geht es nicht weiter", bilanzierte Dortmunds Coach Lucien Favre, der nach der Partie ratlos wirkte. Trotz des Offenbarungseides in der ersten Hälfte wird es für den 62-jährigen Schweizer aber wohl erst einmal weiter gehen. So dürfte Favre im am Mittwoch anstehenden Champions-League-Spiel beim FC Barcelona auf der Bank sitzen. Mit der Leistung, die der BVB in den ersten 45 Minuten gegen den SCP zeigte, würden die Dortmunder dort vermutlich ein Debakel erleben.
Dortmund mit Tempo-Defiziten
„So dürfen wir nie, nie wieder auftreten. Das war absolute Scheiße", wetterte BVB-Kapitän Marco Reus. „Ich wusste zur Halbzeit gar nicht, was hier abgeht", kommentierte SCP-Spielführer Klaus Gjasula einen ersten Abschnitt, in der vor allem seine Teamkollegen Streli Mamba, Gerrit Holtmann und Kai Pröger die Tempo-Defizite der Dortmunder Defensive eiskalt zu nutzen wussten.
Mamba netzte schon nach fünf Minuten nach feiner Pröger-Vorarbeit zum 0:1 ein, um dann in Minute 37 auf 0:2 zu erhöhen. Als Holtmann kurz vor der Pause sogar auf 3:0 erhöhte, waren die 6.652 mitgereisten SCP-Fans im mit 81.365 Zuschauern ausverkauften Signal-Iduna-Park endgültig aus dem Häuschen.
Doch nur 90 Sekunden nach Wiederanpfiff verkürzte der bis dato restlos enttäuschende BVB-Jungstar Jadon Sancho nach einem Ballverlust von Paderborns Rechtsverteidiger Laurent Jans auf 1:3. „Dieses Gegentor tat uns gar nicht gut. Und dann haben wir den Sack leider nicht zugemacht", sagte Gerrit Holtmann mit Blick auf die 64. Minute, in der Mamba die hundertprozentige Chance zum 1:4 vergab.
Der BVB wäre wohl endgültig tot gewesen, wendete anschließend aber durch das 2:3 von Alex Witsel (84.) und den eingangs erwähnten Reus-Treffer eine noch größere Blamage ab. „Derzeit ist die Enttäuschung größer als die Freude. Aber mit einigen Tagen Abstand können wir sicher stolz auf unsere Leistung sein", resümierte Klaus Gjasula.
BVB-Sportdirektor ist bedient
Auch die Bilanz seines Cheftrainers fiel trotz des verpassten Dreiers positiv aus. „Besser als in der ersten Halbzeit können wir es nicht machen. Dass es nach der Pause schwierig wird, war klar. Ich verlasse dieses Stadion mit einem weinenden Auge, aber auch mit ganz viel Stolz", urteilte Steffen Baumgart. Schießlich hatten dessen Schützlinge einmal mehr alles aus sich herausgeholt.
Letzteres trifft auf die hochbezahlten BVB-Stars wahrlich nicht zu. Entsprechend bedient war auch Dortmunds Sportdirektor. „Ich werde nicht so viel sagen. Außer, dass die erste Halbzeit komplett indiskutabel war", konstatierte Michael Zorc, der sich am Samstag zusammen mit der BVB-Führung um Vereinschef Hans-Joachim Watzke zur Krisensitzung traf. Ergebnis: Favre darf (vorerst) bleiben.
Beim SC Paderborn aber sitzt der Chefcoach trotz des letzten Tabellenplatzes weiterhin fest im Sattel. Die Mannschaft lebt schließlich – und wie. „Wir haben heute gezeigt, was in uns steckt", betonte SCP-Sport-Geschäftsführer Martin Przondziono und fügte an: „Ich gehe zufrieden nach Hause." Das konnte sein Dortmunder Kollege nicht von sich behaupten.