Sport in der Pandemie

Das sagen Lauf-Profis zum Virtuellen Hermannslauf

Ist der Virtuelle Hermannslauf eine gute Alternative zum Original? Die Meinungen von erfahrenen Teuto-Läufern gehen auseinander.

Der Hermannslauf ist dieses Jahr nicht auf eine bestimmte Strecke festgelegt. | © Symbolbild: Pixabay/ Daniel Reche

Juliet Ackermann
11.03.2021 | 07.04.2021, 11:41

Bielefeld. Keine Wettkämpfe, kein gegenseitiges Anspornen, kein gemeinsames Anstoßen im Ziel: Der gesellige Teil fällt bei virtuellen Läufen eher weg. Coronabedingt wird auch der Hermannslauf - zumindest im Frühjahr - zu einem individuellen Erlebnis anstatt zu einer Großveranstaltung mit Tausenden von Teilnehmern. Doch das birgt auch Vorteile.

Das Prinzip der virtuellen Variante: Jeder läuft in einem Zeitraum von vier Wochen die 31,1 Kilometer für sich auf einer selbst gewählten Route, zeichnet Strecke und Zeit mittels App auf dem Handy auf und lädt die Daten anschließend auf einer Plattform des TSVE hoch. Doch ist dieser Lauf, der pandemiebedingt eher als Notlösung gilt, tatsächlich eine befriedigende Alternative zum Original?

Jessica Volkmann sieht den virtuellen Lauf als Trainingsanreiz. - © Archivfoto: Stephanie Fust
Jessica Volkmann sieht den virtuellen Lauf als Trainingsanreiz. | © Archivfoto: Stephanie Fust

"Es ist immer etwas anderes an einem virtuellen Lauf teilzunehmen", räumt Jessica Volkmann ein. Sie sieht die Aktion eher als Trainingsanreiz und als eine gute Möglichkeit, das Gemeinschaftsgefühl ihrer Laufgruppe "Teilzeitläufer" zu stärken. "Wir arbeiten alle auf ein Ziel hin und tauschen uns darüber aus." Obwohl Volkmann sich seit ihrem Hermannslauf-Debüt 2017 unter den Top 5 der Frauen behaupten konnte, stellt sie den Wettkampf-Gedanken aktuell hintenan. Verletzungsbedingt will die 29-jährige Lehrerin, die an der Geschwister-Scholl-Realschule in Gütersloh Mathematik und Sport unterrichtet, es mit dem Laufen dieses Jahr ein bisschen ruhiger angehen lassen.

Elias Sansar trainiert sieben Tage die Woche. - © Sarah Jonek
Elias Sansar trainiert sieben Tage die Woche. | © Sarah Jonek

Neue Ecken im Teuto entdecken

Die individuelle Streckenauswahl beim virtuellen Lauf bietet aus Sicht der Bielefelderin auch die Chancen neue Wege zu erkunden: „Man entdeckt Ecken im Teuto, die man vorher noch gar nicht kannte." Welche Route sie nehmen wird, weiß Volkmann noch nicht.

Für Rekordgewinner Elias Sansar ist die Entscheidung, überhaupt am alternativen Teutoklassiker teilzunehmen, eine größere Hürde als es die Lämershagener Treppen für ihn je sein werden. „Ich persönlich halte nichts davon, respektiere aber, dass sich andere dafür gegenseitig motivieren können", sagt der zwölfmalige Hermannslauf-Sieger. Sansar ist ohnehin täglich im Wald unterwegs – allerdings nach Lust und Laune, ohne Leistungsziel vor Augen. „Ich trainiere hauptsächlich alleine. Mir geht es darum, fit zu bleiben", sagt der 41 Jahre alte Detmolder.

Ingmar Lundström bereitet Laufgruppen auf den Hermannslauf vor. - © Archivfoto: Sarah Jonek
Ingmar Lundström bereitet Laufgruppen auf den Hermannslauf vor. | © Archivfoto: Sarah Jonek

Seine Befürchtung ist, dass virtuelle Läufe in Zukunft beibehalten und – durch das Abgreifen von Teilnehmern – Volksläufen schaden könnten. „Veranstalter sollten besser drauf drängen, dass Präsenzläufe stattfinden, wenn auch erst in nur kleinem Rahmen", meint Sansar, den die Hoffnung bei Laune hält, „dass es dieses Jahr ein paar Läufe geben wird". Seine Teilnahme am virtuellen Lauf hat er aber noch nicht komplett ausgeschlossen.

Besser-als-nichts-Motto

Ingmar Lundström, wie Sansar Hermannslauf-Experte, ist ebenfalls kein Freund von virtuellen Läufen. Er verfolgt während der Pandemie jedoch das Besser-als-nichts-Motto und wird in jedem Fall am virtuellen Hermannslauf teilnehmen. Der erfahrene Laufcoach, der alljährlich mit seinen Laufgruppen auf den Kultlauf hintrainiert, sieht in den aktuell nur virtuell stattfindenden Läufen eine Chance: „Sie können animieren, mehr zu trainieren, anders zu trainieren und mit dem Ziel vor Augen beständiger zu trainieren", sagt der Hermannslauf-Triumphator von 1999.

Ähnlich wie bei einer Prüfung, werde abgerufen, was man draufhat. „Man kann sich beweisen, für all das viele Training belohnen. Es wäre natürlich schön, wenn man dann auch noch eine Medaille als Belohnung für die ganze Schinderei bekommt", meint Lundström. Das Treiben in den sozialen Netzwerken bestätigt den Gütersloher Ausdauersportler in seiner Meinung. „In den Laufforen ist sonntagabends die Hölle los. Die Leute posten nicht nur schöne Bilder, sondern auch ihre Zeiten. Klicks und Likes seien für manche auch eine Motivation mehr zu laufen. „Wenn das Menschen motiviert, ihre Komfortzone zu verlassen, finde ich das super."