Arminia kann jetzt Darmstadt ärgern - und ein Trauma besiegen

Wer es in diesen Tagen mit dem DSC Arminia Bielefeld hält, der konnte am späten Montagabend nicht umhin, die Ironie zu bemerken. Der Aufstieg ist mit dem 4:0 gegen Dresden und dem 1:1 des Hamburger SV perfekt. Jetzt kann der DSC entspannt daran gehen, sein schlimmstes Trauma der jüngeren Vergangenheit mit einem Ausrufezeichen abzuhaken. Man muss selbst in Zeiten großer Euphorie mit den Superlativen ein bisschen aufpassen, aber so mancher Fan wird den Hauch des Schicksals gespürt haben, beim Blick darauf, wer da als nächstes in die Schüco-Arena kommt. Als sicherer Bundesliga-Aufsteiger jetzt gegen den Klub antreten zu dürfen, der den wohl größten (Um-)Bruch der jüngeren Vereinsgeschichte herbeiführte - man ist versucht zu sagen, es sollte so sein. Für manche sind die Wunden noch immer nicht verheilt Der 19. Mai 2014, das Relegationsrückspiel zwischen Zweitligist Arminia und Drittligist Darmstadt, ist so ein "Wo warst du, als"-Moment für Arminia-Fans. Jeder und jede kann Geschichten über seine oder ihre Gefühle und die Leere nach diesem Spiel erzählen. Für manchen Anhänger sind die Wunden des bitteren Ganges in die 3. Liga noch immer nicht verheilt. Ich erinnere mich, wie mir jemand, der dabei war, später ein Video der letzten Minuten schickte. Er hatte eigentlich nur festhalten wollen, wie das Stadion mit Abpfiff explodiert und sich alles im Freudentaumel des Klassenerhalts in den Armen liegt. Stattdessen filmte er den Sonntagsschuss von Elton da Costa mitten ins Herz der Arminia. Man meint, in der Tonspur zu hören, wie irgendwo Luft entweicht. Einem ganzen Verein blieb in diesem Moment buchstäblich die Luft weg. Klos setzte in der bittersten Stunde ein Zeichen Jedes Jahr in der 3. Liga ist für Klubs von der Größe und der damaligen finanziellen Unwucht eines DSC eine Belastung - sogar ohne einen Schuldenberg. Kommst du nicht schnell genug wieder raus, führt die Spirale dank mickriger Einnahmen meistens nur noch abwärts. Der 1. FC Kaiserslautern sang dieses Klagelied jahrelang und ist jetzt insolvent. Damals also, so meinte man zu ahnen, würde sich entscheiden, wohin der Weg der Arminia in den kommenden Jahren führen würde. Nicht wenige rechneten mit dem Schlimmsten. In diesem Moment setzte der wohl prägendste Spieler seiner Generation bei der Arminia ein Zeichen. Der ehemalige Pressesprecher Tim Santen erinnerte sich vor ein paar Tagen auf Twitter daran: Am Morgen nach Darmstadt. Alle am Boden. Miese Stimmung. Und dann trat Klos vor die Medien und sagte: Wenn wir was neu aufbauen können, bleibe ich. ❤👌🏻 https://t.co/ve2gdyIfPb Tim Santen (@Santon14) June 14, 2020Im Nachhinein erscheinen die Dinge gern so, als hätten die Puzzleteile gar nicht anders fallen können. So manche Dokumentation über große Sportler beschwört dieses Motiv und macht es sich damit meist zu einfach. Auch Arminia musste so manche Ehrenrunde in Liga 2 drehen, vermied 2017 nur knapp den erneuten Sturz in die Drittklassigkeit - übrigens gegen Dresden. Das Gefühl von Unvermeidlichkeit passt also mitnichten zu diesem Aufstieg. Es hätte auch anders kommen können. Ganz anders. Dennoch hat neben dem Bündnis Ostwestfalen maßgeblich Fabian Klos dafür gesorgt, dass der Weg der Arminia nun seinen vorläufigen Höhepunkt auf der Schwelle zur Bundesliga findet. Der Mann, der blieb, als Darmstadt ein Trümmerfeld beim DSC hinterließ. Er wird es nicht vergessen haben, wenn er am Donnerstag das Feld betritt - selbst wenn der Aufstieg nun schon feststeht und Arminia nicht mehr punkten muss. Sie werden es wollen. Klos ist ja geblieben, um etwas aufzubauen. Das Werk ist fast vollendet. Und nichts wäre passender, als wenn den Schlussstein dieser Geschichte eine Lilie ziert. Die von Darmstadt 98. Vor einem Heimspiel gegen Darmstadt 98 praktisch schon durch zu sein, hatten wir ja schonmal... Aber okay, daran glaubt nicht mal der ostwestfälischste Ostwestfale unter euch, oder?#DSCSGD Michael Müller (@micky_mueller) June 15, 2020

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