Neue Pflanzen und Gentechnik: So sieht die Landwirtschaft der Zukunft in OWL aus

Warburg/Bielefeld. Der Klimawandel beschäftigt viele Menschen - Landwirte aber besonders. Denn &bdquo;unsere Werkbank ist unter freiem Himmel“, sagt Antonius Tillmann. &bdquo;Wir sind auf gedeihliches Wetter angewiesen“, betont der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe. Doch der Klimawandel sorgt für neue Bedingungen. Aber welche sind das? Und in welche Richtung könnte sich Landwirtschaft entwickeln? Aus Sicht von Michael Frei birgt der Klimawandel für die Landwirtschaft Chancen und Risiken. Neue Pflanzen könnten in unseren Breiten wachsen, sagt der Professor für Pflanzenbau an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Soja zum Beispiel und Kichererbsen. Auch sei es für die Pflanzen zunächst eine &bdquo;gute Nachricht“, dass das Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Atmosphäre zunehme. Denn für die Photosynthese sind sie auf das Treibhausgas angewiesen. Steige seine Konzentration, wirke das wie Dünger, erklärt Frei und sagt: &bdquo;Die große Frage ist, inwiefern der Düngeeffekt durch das CO2 von negativen Faktoren wie Trockenheit aufgewogen wird.“ Die Antwort: ungewiss. Wetterverhältnisse wie in Norditalien erwartet Als sicher gilt hingegen, dass die Temperaturen steigen werden. In unseren Breiten könnten künftig Verhältnisse wie derzeit in Norditalien herrschen, sagt Frei. Das heißt: Die Winter werden feuchter. Die Sommer trockener und heißer. Zudem seien mehr Wetterextreme zu erwarten mit langen Trockenperioden und extremen Regenfällen. Letztere könnten dazu führen, dass es bei Getreide zu mehr Lagerbildung kommt. Das heißt, dass die Pflanzen zu Boden gedrückt werden. Und weil sie dort nicht richtig abtrocknen, drohe vermehrter Pilzbefall. Verhältnisse wie am Mittelmeer: So heiß wird es in Ostwestfalen-Lippe im Jahr 2080 Laut Antonius Tillmann haben zu starke oder ausbleibende Niederschläge eine weitere Folge: Erosion. Zu befürchten sei nämlich, dass Regenfälle immer häufiger wertvolles Erdreich davontragen würden. Und in Trockenphasen wäre es dann der Wind, der die Erde mit sich nimmt. Schon jetzt ist der Verlust von wertvollem Boden durch Erosion beträchtlich. Laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft gehen in Deutschland jedes Jahr im Schnitt 1,4 bis 3,2 Tonnen Boden pro Hektar verloren. Regional seien sogar Verluste von bis zu 50 Tonnen pro Hektar und Jahr möglich. Das entspreche einem Bodenverlust von circa fünf Millimeter pro Jahr. Im Laufe eines Menschenlebens bedeute das den kompletten Verlust der fruchtbaren Ackerkrume, warnt die Einrichtung. Klimawandel wird Teile von OWL besonders hart treffen Grundsätzlich werden einige Teile von OWL besonders mit dem Klimawandel und seinen Folgen zu kämpfen haben. Zwar sind die Böden in der Region laut Tillmann überwiegend von guter Qualität. Doch mancherorts habe das Erdreich Schwierigkeiten, Wasser zu speichern, sagt der Warburger Landwirt. Davon betroffen seien die Sandböden vom nördlichen Kreis Paderborn über den Kreis Gütersloh, die Senne, bis in den Kreis Minden-Lübbecke. &bdquo;Sie trocknen schnell aus und sind damit die Verlierer der Hitzeperioden“, warnt Tillmann. .responsive23-5Dq6m49m9HVvn54R-ttc-linechart-erzeugerpreisindizies { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-5Dq6m49m9HVvn54R-ttc-linechart-erzeugerpreisindizies { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-5Dq6m49m9HVvn54R-ttc-linechart-erzeugerpreisindizies { padding-top: 142.86%; } } Und noch eine weitere Herausforderung sieht er auf sich und seine Kollegen zukommen: Neue Schädlinge und Pflanzenkrankheiten. Als Beispiel nennt er die &bdquo;Glasflügelzikade“, die bakterielle Erreger in Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse einbringe. Weniger Ertrag oder gar Totalausfalls seien mögliche Folgen. Mehr zum Thema: Landwirt im Kreis Höxter züchtet Gemüse in Wasserrinnen Wissenschaftler Frei zieht aus alldem einen Schluss: &bdquo;Es braucht Pflanzen, die gut mit den schwierigen Umweltbedingungen zurechtkommen – und die gleichzeitig hohen Ertrag bringen.“ Doch genau das sei das Problem. Denn Getreidesorten mit hohem Ertragspotenzial seien häufig anfälliger für Stress. Und solche, die widerstandsfähig seien, würden weniger Ertrag bringen. Experte sieht Gentechnik nicht als Ausweg Noch jedenfalls. Denn laut Frei werde durch gezielte Züchtung daran gearbeitet, die beiden Eigenschaften zu kombinieren. Konkret geht es dabei etwa um die Länge von Wurzeln oder die Art und Weise, wie eine Pflanze ihre Spaltöffnungen steuert. Dabei handelt es sich um winzige Poren auf der Oberfläche, durch die Pflanzen Kohlendioxid aufnehmen und Sauerstoff abgeben. Zudem spielen die Öffnungen eine wichtige Rolle für den Wasserhaushalt der Pflanze. Denn durch die Spaltöffnungen entweicht durch Verdunstung Wasserdampf. In der Folge entsteht ein Sog, der Wasser von den Wurzeln bis in die Spitzen der Pflanzen aufsteigen lässt. Debatte: Gentechnik in OWL? Landwirte positionieren sich zu EU-Vorhaben Ein Ziel sei nun, Sorten zu entwickeln, die bei Trockenheit zwar wenig Wasser über die Spaltöffnungen verlieren, aber trotzdem die Aufnahme von viel Kohlenstoffdioxid zulassen. Eine Abkürzung mittels Gentechnik zu nehmen, sei dabei nur manchmal eine Option. &bdquo;Denn die Genschere-Technologie ist vor allem dann hilfreich, wenn man nur ein Gen ändern möchte.“ Wie gut eine Pflanze mit Umweltbedingungen zurechtkomme, sei aber eine komplexe Eigenschaft und hänge von mehreren Genen ab, so Frei. Auch die Landschaften werden sich ändern Der Wissenschaftler spricht sich für einen umfassenden Ansatz aus. Neben der Entwicklung widerstandsfähiger Sorten müssen auch die Anbauweisen, ja die gesamte Landschaft überdacht werden. Ein Beispiel: Anstatt Monokulturen anzupflanzen, könnten verschiedene Sorten nebeneinander wachsen – etwa Streifen aus Weizen mit Streifen aus Raps dazwischen. Denn Raps wurzle tiefer und könne den Weizen mit Wasser versorgen. &bdquo;Der Raps saugt sich tagsüber mit Wasser voll. Nachts entziehen ihm die oberen trockenen Bodenschichten dann zum Teil das Wasser, das dann auch dem Weizen zur Verfügung steht“, erklärt Frei. Hydraulischer Lift nenne sich das Prinzip. Auch sei es denkbar, Rückhaltebecken für die landwirtschaftliche Nutzung anzulegen. So könnten die Wassermassen in Folge von extremen Regenfällen in trockeneren Phasen genutzt werden.

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