Bielefeld. Die Brandmauer-Debatte hat die Wirtschaft in der Region erreicht. Der Verband der Familienunternehmer öffnet sich prinzipiell für Gespräche mit der AfD, will aber auf kritischem Kurs zur Partei bleiben. Das stößt bei der Partei auf Wohlwollen – anderswo auf Kritik.
Das Bielefelder Bauunternehmen Goldbeck überprüft nach eigenen Angaben die Mitgliedschaft im Verband „Die Familienunternehmer“. „Wir prüfen in den kommenden Tagen sorgfältig unsere Mitgliedschaft im Verband vor dem Hintergrund, ob diese Mitgliedschaft noch mit unseren Werten vereinbar ist“, sagte ein Unternehmenssprecher dieser Redaktion.
„Die Werte, auf denen unser Handeln und unsere Entscheidungen beruhen, sind Menschlichkeit, Vertrauen, Verantwortung, Leistung und Pioniergeist“, führte er aus. „Diese Werte sind unser Kompass – bei Entscheidungen und in der Zusammenarbeit mit anderen. Unser Ziel ist ein gutes Miteinander sowie ein verantwortungsvolles, wirtschaftliches und menschliches Handeln.“
Goldbeck postet Statement auf „LinkedIn“
Bereits am Dienstag äußerte sich Jan-Hendrik Goldbeck, gemeinsam mit seinem Bruder Jörg-Uwe geschäftsführender Gesellschafter, in einem Beitrag auf der Online-Plattform „LinkedIn“ zum Thema: „Die Führung eines Familienunternehmens ist vielschichtig, doch für mich geht es vor allem um Haltung“, heißt es unter anderem darin.
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Der Konzern gehört zu den größten deutschen Bauunternehmen. Das Unternehmen hat rund 13.000 Beschäftigte. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete es einem Jahresumsatz von mehr als sechs Milliarden Euro. Nach eigenen Angaben ist Goldbeck seit vielen Jahren Mitglied im Verband „Die Familienunternehmer“.
Melitta-Gruppe und Oetker Collection äußern sich
Die Melitta-Gruppe aus Minden hält sich nach eigenen Angaben offen, ihre Mitgliedschaft zu überdenken. Über die veränderte Position der Verbandsführung sei man „sehr überrascht“, teilte der Kaffeeröster mit. Der Dialog mit der Politik werde zwar befürwortet, nicht jedoch mit Parteien, die auch nur in Teilen als extremistisch eingestuft würden. „Wir haben unsere Haltung dem Verband mitgeteilt“, erklärte das Unternehmen.
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Die Oetker Collection KG, die dem Verein ebenfalls angehört, wollte sich auf Nachfrage „zu politischen Themen nicht äußern“. Zu dem kleineren Unternehmensteil der Oetker-Familie zählt unter anderem Henkell Freixenet.
AfD-Debatte: Vorwerk und Rossmann verlassen Verband
Andere Unternehmen gehen einen Schritt weiter: Rossmann und Vorwerk sind am Mittwoch aus dem Verband der Familienunternehmer ausgetreten. „Vorwerk distanziert sich von den Aussagen des Verbands zum Umgang mit der AfD“, teilte der Hausgerätehersteller mit. „Für uns gilt unverändert: Die Positionierung von Unternehmen muss jederzeit klar auf demokratischen Grundwerten basieren.“
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Vorwerk habe entschieden, die bereits seit längerer Zeit ruhende Mitgliedschaft im Verband nicht wieder aufleben zu lassen und auch formal aus dem Verband auszutreten. Damit verschärfte Vorwerk ein zuvor veröffentlichtes Statement, in dem sich das Unternehmen bereits kritisch geäußert hatte.
Zuvor hatte bereits die Drogeriemarktkette Rossmann angekündigt, den Verband verlassen zu wollen. „Wir unterstützen die Haltung des Verbands nicht und haben die Mitgliedschaft gekündigt“, hieß es in einer Mitteilung.
Verband will „keine Regierung mit AfD-Beteiligung“
Der Verband der Familienunternehmer veröffentlichte in dieser Woche eine Stellungnahme. Die Hoffnung, man könne ein Viertel der bundesdeutschen Wähler durch moralische Ausgrenzung zur Umkehr bewegen, sei nicht aufgegangen, sagte Präsidentin Ostermann. „Jetzt hilft nur noch die Auseinandersetzung mit den Inhalten der AfD, jenseits von schlichten Kategorisierungen in Gut und Böse.“
Mit Andersdenkenden zu diskutieren, heiße nicht, seine Positionen zu akzeptieren. Zugleich stellte Ostermann klar: „Wir Familienunternehmer wollen keine Regierung mit AfD-Beteiligung.“ Das Weltbild der AfD passe nicht zur freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Grundüberzeugung des Verbands.
Mit Material der dpa erstellt.