Minister Wadephul in Bielefeld: OWL-Wirtschaft hängt am Tropf der Außenpolitik

Bielefeld. Die Stimmung ist gelöst. Der Innenhof des Bielefelder Rathauses ist sonnendurchflutet. Kellnerinnen bringen frisch Gezapftes aus dem Ratskeller, wo sich eine Filiale des Münchener Hofbräu befindet. Rund 150 Wirtschaftsvertreter aus der Region sind an diesem Dienstag gekommen, um einem Mann zuzuhören, der im Kabinett von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) auch mal durch eine eigene, zuweilen abweichende Meinung auffällt. Sie treffen auf einen ebenfalls bestens gestimmten Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU). Gekommen ist er, um die Bielefelder Oberbürgermeister-Kandidatin Christiana Bauer (CDU) im Wahlkampf zu unterstützen. &bdquo;Lokal ist immer auch global“, sagt der Minister. Wie erfolgreich die exportstarke Wirtschaft in Ostwestfalen-Lippe sein könne, hänge immer davon ab, wie es auf der Welt weitergehe. Außenpolitik sei deshalb stets auch Wirtschaftspolitik. Wadephul skizziert, was er tun will, um in einer Welt, die dank der Zollpolitik in den USA vom Freihandel zunehmend zum Protektionismus zurückkehrt, der Wirtschaft zu helfen. Auf jeder seiner Reisen habe er eine Wirtschaftsdelegation an Bord. Zuletzt sei er in Indonesien gewesen, ein Markt mit 280 Millionen Menschen, der Riesenchancen biete. Ähnliches Potenzial sieht er in Japan, vor allem auch in Südamerika. Es komme auch darauf an, vor dem Druck der chinesischen Konkurrenz zu bestehen. Weltlage beeinflusst exportstarke OWL-Wirtschaft Albert Christmann, lange Zeit persönlich haftender Gesellschafter der Bielefelder Oetker-Gruppe und jetzt im Beirat der Oetker Holding, und Michael W. Böllhoff, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Bielefelder Familienunternehmens, hören die Worte wohl. Sie sind von der Bielefelder CDU eingeladen worden, um mit dem Außenminister zu diskutieren. &bdquo;Wir brauchen Perspektiven, um die Veränderungen in den USA und China zu kompensieren“, sagt Böllhoff. Für Albert Christmann gehören dazu aber auch attraktive Standortbedingungen in Deutschland. Im Silicon Valley, in Singapur, auch in einer aufstrebenden Metropole wie Tel Aviv werde das vorgemacht. Hintergrund: Wadephul: Derartige Zölle helfen niemandem Böllhoff schlägt den Bogen in die Region, nach Bielefeld. Auch hier müssten die Voraussetzungen stimmen, für die Unternehmen, aber auch bei Freizeit und Bildung. Er hat auch gleich einen Seitenhieb auf das in Bielefeld amtierende rot-grün-rote Rathausbündnis parat. &bdquo;Ich würde gern einen Wechsel an der Stadtspitze sehen“, sagt er. Von den bislang Verantwortlichen sei der Fokus nicht ausreichend genug auf das wirtschaftliche Wachstum gerichtet worden. &bdquo;Es hat kein Dialog stattgefunden.“ Bundeskabinett will ab Oktober überflüssige Gesetze tilgen Beide Unternehmensvertreter sind sich einig darin, dass zur Stärkung des Standortes auch ein Abbau an überbordender Bürokratie gehöre. Da wird der Außenminister zum Innenpolitiker. &bdquo;Wir werden überflüssige Gesetze abschaffen“, kündigt er an. Im Oktober werde sich das Bundeskabinett erstmals damit beschäftigen. &bdquo;Und das werden wir dann regelmäßig wiederholen.“ Deutschland könne auch ohne solche Gesetze auskommen, sagt Wadephul, ohne zu sagen, was als Erstes gestrichen wird. Für ihn steht aber fest: &bdquo;Wir sind zu einer Regulierungs- und Absicherungsgesellschaft geworden.“ Das müsse sich wieder ändern. Es gehe darum, die Fesseln der Bürokratie abzustreifen. Bürokratie in der Kritik Christmann und Böllhoff beklagen auch lange Genehmigungsverfahren. Sollte sie Oberbürgermeisterin werden, will Christiana Bauer den Turbo anwerfen, verspricht die CDU-Politikerin. Bei Bauanträgen gebe es für die beteiligten Ämter in Bielefeld keine Rücklauffristen. Vieles bleibe liegen. Sie will deshalb ein Vier-Wochen-Limit setzen. Wadephul geht da noch weiter: &bdquo;Warum die Beweislast nicht auf die Verwaltung legen“, fragt er. Soll heißen: Liege ein vollständiger Antrag vor, müsse von einer automatischen Genehmigung ausgegangen werden, gebe es seitens der Verwaltung innerhalb einer bestimmten Frist keine Einwände. So etwas hört auch einer im Publikum gern. Peter Eul ist Präsident der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe und begrüßt die Minister-Vorschläge: &bdquo;Die Bürokratie drückt auf die Erträge“, sagt er – und hofft, &bdquo;dass aus guten Ideen bald auch praktische Politik wird. In Berlin und in Bielefeld.“ Außenminister Wadephul äußert sich auch zur Bundeswehr &bdquo;Erst Weißes Haus, dann Brauhaus“, fragt den Minister ein Radioreporter nach dem krassen Ortswechsel ins Ostwestfälische. &bdquo;Gerade das ist wichtig in meinem Beruf“, sagt Wadephul. Man könne das Land nur nach außen vertreten, wenn man wisse, wie es vor Ort laufe. In Bielefeld zum Beispiel. &bdquo;Mit vielleicht bald der jüngsten Oberbürgermeisterin in Deutschland“, macht er Werbung für die 36-jährige Christiana Bauer – und doch noch ein bisschen Wahlkampf. Den setzt er an diesem Tag fort. An diesem Nachmittag ist nicht ein entferntes Land sein nächstes Ziel, sondern Oelde und Münster. Zum Thema: Merz: Koalition bei Wehrdienst &bdquo;in der Zielrichtung“ einig Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hat den Einspruch gegen das neue Wehrdienstgesetz zwar zurückgezogen. Am Rande seines Besuchs in Bielefeld erklärte er aber, dass er sich weiter mehr &bdquo;verpflichtende Elemente“ in dem Gesetz wünsche, wenn es nicht genügend Freiwillige gebe. Er gehe von Anpassungen des Gesetzentwurfs im parlamentarischen Verfahren aus. &bdquo;Wir brauchen mehr Menschen in Uniform“, sagt der Minister.

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