Wirtschaft in Bielefeld

Bielefelder Oetker-Konzern: Wieder ein Familienmitglied an der Spitze

Carl Oetker löst Albert Christmann ab und übernimmt die Führung der Holding. Er ist der Ururenkel des Firmengründers und Sohn eines anderen prominenten Mitglieds der Familie.

Der 42-jährige Carl Oetker übernimmt von Albert Christmann (62) die Aufgabe als Chef der Oetker-Gruppe. | © Dr. Oetker

18.03.2025 | 18.03.2025, 09:15

Bielefeld. Der 42-jährige Carl Oetker übernimmt zu einem überraschenden Zeitpunkt am 1. Mai 2025 die Aufgaben von Albert Christmann (62) an der Spitze der Bielefelder Oetker-Gruppe. Der neue Mann in der Chefetage des Konzerns war bisher in der wichtigsten Unternehmens-Sparte, der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG, für den Einkauf zuständig. Wenn er jetzt als persönlich haftender Gesellschafter der Konzernholding (Dr. August Oetker KG) das Steuer in die Hand nimmt, wird Albert Christmann in den Beirat wechseln und dort die Position von Richard Oetker einnehmen.

Carl Oetker wird zugleich auch Chef des Nahrungsmittelgeschäfts. Er ist der Sohn des 74-jährigen Richard Oetker, der selbst von 2010 bis 2016 die Geschicke des Bielefelder Konzerns als Chef der Holding maßgeblich bestimmte.

Richard Oetker hatte den Stab vor mehr als acht Jahren an Albert Christmann weitergegeben. Der jetzt anstehende erneute Wechsel sei längerfristig geplant, sagt Konzernsprecher Jörg Schillinger. Christmann muss demnach nicht wegen geschäftlicher Probleme vorzeitig seinen Stuhl räumen. Theoretisch hätte der 62-Jährige noch bis zur Oetker-Altersgrenze von 65 Jahren weiterarbeiten können. Doch er hat sich anders entschieden - von „echtem Einvernehmen“ ist die Rede.

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Albert Christmann (hier links im Jahr 2017 neben Richard Oetker) hat die Oetker-Gruppe seit 2017 geführt. - © Wolfgang Rudolf
Albert Christmann (hier links im Jahr 2017 neben Richard Oetker) hat die Oetker-Gruppe seit 2017 geführt. | © Wolfgang Rudolf

Führung der Oetker-Gruppe jetzt mit drei Köpfen

Carl Oetker, ein Ururenkel des Firmengründers, hat in Maastricht, Turin und London Betriebswirtschaftslehre studiert. Er war von 2010 bis 2012 in einer Unternehmensberatung und danach in verschiedenen Investmentfirmen tätig, wie das Unternehmen mitteilte. 2020 begann er seine Karriere in der Bielefelder Oetker-Zentrale – und zwar als Assistent von Albert Christmann.

Nach Stationen in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg wechselte Carl Oetker Mitte 2024 als Einkaufs-Chef in die Internationale Geschäftsführung der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG.

Archiv: Oetker-Spross rückt in die internationale Geschäftsführung bei Dr. Oetker auf

Die bisher zweiköpfige Konzernführung mit Christmann und Finanzchefin Ute Gerbaulet wird jetzt aufgestockt, wenn Christmann von Carl Oetker abgelöst wird: Niels Lorenz, der frühere Chef der Brauerei-Sparte „Radeberger“, erlebt zum 1. Mai 2025 ein Comeback in der operativen Konzernführung. Als drittes Mitglied der Gruppenleitung werde Lorenz von Christmann die Verantwortung für die Bereiche Bier und alkoholfreie Getränke, Plattformen und Ökosysteme übernehmen, teilten die Bielefelder mit.

Ute Gerbaulet bleibt für die Ressorts Finanzen, Konzernrechnungswesen, Recht, Steuern, Beteiligungscontrolling und „Weitere Interessen“ zuständig. 2023 hatte der Konzern mit rund 30.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen weltweit 6,9 Milliarden Euro Umsatz verbucht.

Lorenz wird auch Aufsichtsrats-Chef bei Oetker-Tochter Flaschenpost

Der frühere Radeberger-Chef Niels Lorenz kehrt in die operative Führung der Oetker-Holding zurück. - © Thomas Fedra
Der frühere Radeberger-Chef Niels Lorenz kehrt in die operative Führung der Oetker-Holding zurück. | © Thomas Fedra

Lorenz war bereits von 2013 bis 2020 Mitglied der Gruppenleitung in Bielefeld und zugleich Chef der Radeberger-Gruppe. Seit 2020 war er dann „nur noch“ im Beirat der nun von Guido Mockel geführten Radeberger KG sowie im Aufsichtsrat der Flaschenpost SE tätig, wo er künftig jeweils den Vorsitz übernehmen soll.

Der stark expansive, aber bisher nicht profitable Lieferdienst Flaschenpost (rund 20.000 Mitarbeiter bundesweit) hatte in den vergangenen Monaten für einige Schlagzeilen gesorgt. Berichten zufolge waren für das Tochterunternehmen mit inzwischen mehr als 500 Millionen Euro Umsatz Investoren gesucht worden, doch für einen finanziellen Einstieg habe es am Markt nur „verhaltenes Interesse“ gegeben.

Mehr zum Thema: Flaschenpost ist für Oetker eine Baustelle: Lieferdienst noch nicht profitabel

Spekulationen hatte auch die geplante Schließung des Standortes in Düsseldorf ausgelöst. Die Gewerkschaft Verdi warf dem Unternehmen zudem vor, die Gründung starker Betriebsräte verhindern zu wollen.

Dank an Albert Christmann und Carl Oetker

Finanzchefin Ute Gerbaulet, hier mit Albert Christmann, der nun von Carl Oetker abgelöst wird. - © Andreas Zobe
Finanzchefin Ute Gerbaulet, hier mit Albert Christmann, der nun von Carl Oetker abgelöst wird. | © Andreas Zobe

In Christmanns Amtszeit fiel neben der teuren Flaschenpost-Übernahme - der Preis soll zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro betragen haben - auch die Aufteilung des Oetker-Konzerns in zwei Teile. 2021 war die Geschwister Oetker Beteiligungen KG mit dem Sekthersteller Henkell-Freixenet abgespalten worden. Besonders engagiert hat sich Christmann für die Digitalisierung der Konzerngeschäfte. Durch zahlreiche kleinere und mittelgroße Firmenübernahmen in aller Welt sorgte er zudem für Wachstum.

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Rudolf Louis Schweizer (57), der Vorsitzende des Beirates der Dr. August Oetker KG, dankte dem seit 34 Jahren bei Oetker engagierten Christmann in einer Erklärung für seine erfolgreiche Tätigkeit und begrüßte die neuen Mitglieder der Führung. „Ich freue mich sehr, dass wir Herrn Dr. Christmann für die Mitarbeit im Gruppenbeirat gewinnen konnten. Sein unternehmerisches Verständnis, seine Erfahrung und sein strategischer Weitblick sind für unser Unternehmen weiter von großer Bedeutung“, erklärte Schweizer, der Sohn von Rosely Schweizer, der ältesten Tochter des 2007 gestorbenen Konzernpatriarchen Rudolf-August Oetker. Und Schweizer ergänzte: „Mein herzlicher Dank gilt zudem meinem Cousin Carl Oetker für die Übernahme der wichtigen neuen Aufgaben in unserem Unternehmen.“