
Bad Oeynhausen. Es ist die Nacht vom 22. auf den 23. Juni 2024, als der 20-jährige Philipos im Kurpark zu Tode getreten wird. Schon wenige Stunden nach der Tat gehen Polizei und Staatsanwaltschaft mit einem Fahndungsaufruf an die Öffentlichkeit. Gesucht wird eine zehnköpfige Gruppe junger Männer mit einem südländischen Aussehen.
Wasser auf die Mühlen derer, die durch wiederkehrende „Migranten-Gewalt“ der vergangenen Monate rechte Hetze streuen. Als dann vier Tage nach der Tat ein 18-jähriger syrischer Flüchtling in der elterlichen Wohnung verhaftet wird, schlagen die Wellen noch höher. Selbst Bundes- und Landespolitiker debattieren über die Sicherheitslage in Deutschland.
Über den Fall Philipos und was der Kurpark-Totschlag mit den Menschen gemacht hat, sprechen in der neuesten Folge von Ostwestfälle, dem True-Crime-Podcast der „Neuen Westfälischen“, Gastgeberin Birgitt Gottwald und NW-Redakteurin Nicole Sielermann. Sie hat den Fall von Anfang an begleitet und verfolgt, welche Diskussionen und Reaktionen der Tod des jungen Mannes ausgelöst hat. Im ersten Teil des Podcastes geht es deshalb um die Tat und die sechs Monate danach, bis im Dezember 2024 der Prozess beginnt. Er wird Inhalt von Teil zwei werden.
Tödlicher Streit – der Fall im Überblick:
- Der 20-jährige Philipos gerät in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni im Kurpark in Bad Oeynhausen in eine Auseinandersetzung. In deren Folge wird der junge Mann schwer verletzt
- Kurze Zeit später stirbt er im Krankenhaus an den Folgen der Verletzungen
- Der mutmaßliche Täter wird ermittelt. Da es sich beim Tatverdächtigen um einen jungen Syrer handelt, wird der Fall entgegen dem Wunsch der Familie des Opfers zum Politikum
- In Bad Oeynhausen wird dagegen in stiller Trauer an Philipos gedacht.
Staatsanwaltschaft und Polizei gehen am Sonntagmittag nach der Tat mit einer Personensuche an die Öffentlichkeit. Darin wird die Gruppe wie folgt beschrieben: Es soll sich um rund zehn Personen handeln, männlich, südländisch, etwa 19 bis 20 Jahre alt. Sie sollen teilweise mit Trainingsanzügen der Marke Adidas bekleidet gewesen sein.
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Der bislang noch unbekannte Tatverdächtige, der den 20-jährigen Mindener zusammentrat, kann wie folgt beschrieben werden: männlich, südländisch, circa 20 Jahre alt, circa 1,76 Meter groß, Oberlippen- und Kinnbart, neonorangefarbene Trainingsjacke der Marke Adidas. Inzwischen steht fest: Es waren in erster Linie Deutsche in der gesuchten Gruppe, lediglich zwei bis drei haben Eltern mit ausländischen Wurzeln.

Im Juni und Juli 2024 ist das egal. Die Gewalttat des Syrers im Bad Oeynhausener Kurpark wird entgegen dem Wunsch der Hinterbliebenen zu einem Politikum. CDU-Bürgermeister Lars Bökenkröger fordert ein schnelles Urteil und fühlt sich als Stadtoberhaupt von Bund und Land allein gelassen. Das Bundestagspräsidium hat das Thema „Gewalttäter aus Parallelgesellschaften – Ursachen und Konsequenzen der Tat von Bad Oeynhausen ehrlich benennen“ auf Verlangen der CDU/CSU-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzt. CDU-Chef und heutiger Bundeskanzler Friedrich Merz forderte in diesem Zusammenhang in Berlin eine schärfere Migrationspolitik. „Wie lange hält unsere Gesellschaft die seit Jahren andauernde ungesteuerte Migration noch aus?“, fragte Merz in der Aktuellen Stunde.
Der Fall Philipos beschäftigt auch den NRW-Landtag
Nach dem Bundestag beschäftigt sich zwei Tage später auch der Landtag mit dem Tod des 20-jährigen Mindeners. Die Debatte war geprägt von großer Anteilnahme am Schicksal Philipos’. Ministerpräsident Hendrik Wüste legte Wert darauf, den Tod des jungen Mannes nicht für politische Zwecke zu missbrauchen. Stattdessen nutzte der CDU-Mann, im Gegensatz zu Friedrich Merz, seine Redezeit, um den verstorbenen Menschen hinter der Tat vorzustellen. Er berichtete, was er im Gespräch mit Philipos’ Mutter erfahren habe.
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In Bad Oeynhausen wird dagegen stiller getrauert. Hunderte Menschen versammeln sich zu einer Gedenkveranstaltung auf den Kurhausterrassen, legen Blumen, Kerzen und Kuscheltiere nieder. Zeitnah soll nun eine Gedenktafel an Philipos erinnern.