Anstieg der Straftaten

Rechte Straftaten steigen massiv: So werben Rechtsextreme in NRW um Jugendliche

Die Anzahl der politisch motivierten Straftaten im Land ist stark angestiegen. Den Tätern gelingt es zunehmend, sich in anderem Gewand zu zeigen – mit Erfolg.

Rechtsextremismus in NRW zeigt sich längst nicht mehr nur auf Demonstrationen, wie hier in Essen. | © imago/Jochen Tack

Ingo Kalischek
20.03.2025 | 20.03.2025, 06:25

Düsseldorf. Rechtsextremisten in NRW zeigen sich immer häufiger in anderem Gewand – und erreichen auf diese Weise immer mehr Menschen. Die Straftaten der politisch motivierten Kriminalität im Bereich rechts sind im vergangenen Jahr stark gestiegen – um rund 60 Prozent.

In den Augen von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) ist der Islamismus die größte Gefahr für Leib und Leben in NRW. Rechtsextremismus sei hingegen die größte Gefahr für die Demokratie. „Die Stimmen vom rechten Rand werden lauter“, sagte Reul während der Vorstellung des Lagebilds Rechtsextremismus am Mittwoch.

Aus diesem geht hervor, dass die Straftaten zunehmen. Im Jahr 2024 verzeichneten die Ermittler 5.641 Straftaten im Bereich Rechtsextremismus. 2023 waren es 3.549 – ein Anstieg um 60 Prozent. Den Großteil machten im vergangenen Jahr Propagandadelikte (3.511 Taten) aus. Zudem wurden 839 Fälle von Volksverhetzung registriert. Hinzu kommen 154 Gewaltdelikte; im Vorjahr waren es noch 116.

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Rechtsextreme Tatverdächtige werden in NRW immer jünger

Reul warnt davor, dass sich Rechtsextremisten immer mehr wandeln. Rechtsextremismus sei heute eine Art „Erlebniswelt“ geworden. Der Anteil junger Tatverdächtiger steige stark. Im vergangenen Jahr waren 287 Tatverdächtige zwischen 15 und 17 Jahren alt – im Vorjahr waren es noch 100.

Der „rechtsextremistische Lifestyle“ ködere junge Leute, die eine wichtige Zielgruppe darstellten. Das Bild des glatzköpfigen Mannes mit Bomberjacke und Schaum vorm Bund sei überholt, sagt Reul. Rechtes Gedankengut finde sich heute nicht mehr nur in dunklen Kellerkneipen, sondern überall in den Sozialen Medien, auf Gaming-Plattformen und in Chats.

Aus dem „nw.de“-Archiv: Rekrutieren Rechte ihren Nachwuchs jetzt unter Gamern?

Damit könne die Szene innerhalb kürzester Zeit „Hunderttausende“ erreichen. Zudem experimentierten Rechtsextreme zunehmend mit Künstlicher Intelligenz (KI). So werden in den Sozialen Medien beispielsweise Profile junger Frauen erschaffen, die rechtes Gedankengut dezent verbreiten – sie sind reine Fakes und haben dennoch viele Follower, berichtet Reul.

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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat jetzt das Lagebild Rechtsextremismus vorgestellt. - © Rolf Vennenbernd/dpa
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat jetzt das Lagebild Rechtsextremismus vorgestellt. | © Rolf Vennenbernd/dpa

Rechte Szene ist anschlussfähiger geworden

Auch Lieder- und Balladenabende erfreuten sich einer zunehmenden Beliebtheit. Von Ermittlern registrierte Veranstaltungen, bei denen die Gäste Lieder mit rechtsextremistischen Inhalten hörten, nahmen im vergangenen Jahr von 13 auf 28 zu. „Rechtsextremismus geht viel strategischer vor. Die Szene ist anschlussfähiger geworden – mit Türöffner-Themen“, sagt Reul.

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Der Innenminister fordert, dass Eltern den Kindern bei der Nutzung der Sozialen Medien „über die Schulter“ schauen; dass Medienpädagogik im Unterricht eine größere Rolle einnimmt - und dass Plattformbetreiber verpflichtet werden, die entsprechenden Inhalte selber aufzuspüren. Zudem müsse es den Ermittlern möglich sein, die Nutzer durch mehr rechtliche Optionen zu identifizieren. „Rechtsextremismus ist keine Gewitterwolke, die vorbeizieht“, warnt Reul.

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