Verfassungsschutz NRW

Zehn-Jahres-Hoch: 11.000 politisch motivierte Straftaten in NRW 2024

2024 wurden so viele Straftaten mit politischem Hintergrund erfasst, wie lange nicht mehr. Grund zur Sorge bereiten aber auch andere Entwicklungen.

Rechtsextremisten stehen immer wieder im Fokus der Sicherheitsbehörden, wie hier bei einer Durchsuchung in OWL. | © Lukas Brekenkamp

09.04.2025 | 09.04.2025, 17:48

Düsseldorf. So viele politische Straftaten hat es lange nicht mehr gegeben: Die Sicherheitsbehörden haben im vergangenen Jahr fast 11.000 solcher Delikte erfasst, wie aus dem NRW-Verfassungsschutzbericht hervorgeht. Ein Plus von 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und der hiesige Verfassungsschutzchef Jürgen Kayser warnen derweil vor ganz anderen Entwicklungen.

Die Zahl dieser Straftaten, bei denen ein Motiv im politischen Bereich vermutet wird, liegt damit mindestens auf einem Zehn-Jahres-Hoch. Das gilt auch für die Zahl antisemitischer Straftaten, die bei 95 Delikten im Jahr 2024 liegen. Der stärkste Anstieg der politisch motivierten Straftaten liegt im Bereich Rechtsextremismus.

Kayser und der NRW-Verfassungsschutz beobachten dabei unter anderem, dass Teile der Querdenker-Szene und Rechtsextremisten zusammenrücken. Innerhalb der AfD werde der Einfluss des völkisch-nationalistischen Zusammenschlusses größer. Generell gehen die Zahlen der Anhänger nach oben. „Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unser demokratisches Zusammenleben“, sagt Reul. „Wir sehen, dass er sich modernisiert hat – heute weniger Glatze und Springerstiefel, dafür Sneaker und Active Clubs.“ Reul sieht den Rechtsextremismus als größte Gefahr für die Demokratie.

Mehr dazu: „Active Clubs“: Neue Neonazi-Gruppe in OWL – was hinter dem Trend steckt

Reul: Extremismus ist „moderner“ geworden

Generell sei der Extremismus „moderner“ geworden, eine Radikalisierung finde vornehmlich online statt, sagt Reul. „Über die sozialen Medien können Influencer rund um die Uhr ungefiltert menschenfeindliche Botschaften senden. KI-generierte Videos und Fotos wecken Interesse, landen minütlich in den Timelines und erzielen große Reichweite. So kann antidemokratisches und menschenfeindliches Gift langsam in die Köpfe einsickern.“ Zudem stünden Jugendliche immer mehr im Fokus von Extremisten, dadurch verjünge sich die Szenen zunehmend.

Lesen Sie auch: NRW-Innenminister warnt vor Erstarken des IS – vor allem Jugendliche gefährdet

Herbert Reul (CDU, r.), NRW-Innenminister, stellt zusammen mit dem Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Jürgen Kayser, den Verfassungsschutzbericht des Landes für 2024 vor. - © Roberto Pfeil/dpa
Herbert Reul (CDU, r.), NRW-Innenminister, stellt zusammen mit dem Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Jürgen Kayser, den Verfassungsschutzbericht des Landes für 2024 vor. | © Roberto Pfeil/dpa

Das sei auch im Bereich des Islamismus so, sagen Reul und Kayser. „Hass-Prediger haben Online-Propaganda auf Tiktok, Instagram oder Telegram perfektioniert. Der Islamismus ist weiter auf dem Vormarsch.“ Gerade der gewaltbereite Islamismus bleibe für beide die größte Gefahr für Leib und Leben.

Lesen Sie auch: Radikal, gewaltbereit, bewaffnet: Junge Rechtsextreme aus OWL formieren sich

Russland nimmt Einfluss, China spioniert

Doch auch der Einfluss aus dem Ausland sei gefährlich, warnen Reul und Kayser. Russland trete „zunehmend robuster“ auf. Gezielt fälschten russische Akteure beispielsweise namhafte Nachrichtenseiten samt Falschmeldungen. Dabei werde beispielsweise Stimmung gegen stärkere Verteidigungsanstrengungen gemacht. Solche Doppelgänger-Kampagnen mit gefälschten Nachrichtenseiten stammten von russischen Firmen und die Spur führe klar Richtung Russland, erklärt Kayser. „Die Versuche, von außen Einfluss zu nehmen, sind in dem Maße gestiegen, in dem die Konflikte in der Welt sich verschärft haben“, sagt Reul.

Der Verfassungsschutz stellt zudem mehr Versuche im Bereich Spionage und Cyberangriffe fest. Dabei gehe es laut Reul und Kayser darum, auszuspähen, Informationen zu beschaffen und unsere Demokratie zu destabilisieren. Ein Akteur sei hierbei China. Das Land ziele nach wie vor darauf ab, sich vor allem wirtschaftlich zu stärken und Ideen aus dem Ausland und NRW regelrecht „zu klauen“, erklärt Reul.