Bielefeld. Es ist der 28. Oktober 2023. Im Bielefelder Stadtteil Senne feiert eine Gruppe Rettungssanitäter eine private Party. An diesem Abend versucht der 20-jährige Simon C. (alle Namen geändert) einer Kollegin nahezukommen. Doch die junge Frau aus Lage (Kreis Lippe) weist ihn immer deutlich zurück. Weil er sich gedemütigt fühlt, fasst der junge Mann einen fatalen Entschluss. Unter einem Vorwand lockt er die junge Frau nach draußen, um sie zu bestrafen. Was dann geschieht, erschüttert die Sanitäter-Kolleginnen und -Kollegen und lässt sie fassungslos zurück.
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Jürgen Mahncke ist diesmal zu Gast in der neuesten „Ostwestfälle“-Folge, dem True-Crime-Podcast der „Neuen Westfälischen“. Gemeinsam mit Moderatorin Birgitt Gottwald spricht der „NW“-Reporter über den Kriminalfall, der am Ende des Abends mit dem Tod der jungen Greta H. endet. Es hatte eine fröhliche Party am Ingolstädter Weg in Senne werden sollen, zu der ein Rettungssanitäter seine Kollegen an diesem Abend Ende Oktober eingeladen hatte. „Es wurde getanzt und gelacht“, zeichnet Jürgen Mahncke die ersten Stunden der Feier nach.
Im Laufe des Abends sei es zu mehreren Annäherungsversuchen von Simon C. gegenüber Greta H. gekommen, so Mahncke, doch die junge Frau gibt ihm mehrfach zu verstehen, dass sie nicht an einer Beziehung mit ihm interessiert sei. C. habe sich dann merkwürdig verhalten. „Zunächst schnappt er sich ein Stofftier, einen Hai, und schlägt Greta H. damit auf die Oberschenkel und die Waden.“ Es bleibt nicht dabei.
Mord an einer Rettungssanitäterin – die Fakten im Überblick:
- In der Nacht des 28. Oktobers 2023 kommt es in Bielefeld-Senne auf einer privaten Party von Rettungssanitätern zu einer grausamen Bluttat.
- Der 20-jährige Simon C. macht seiner jungen Kollegin Greta H. Avancen, doch die weist ihn zurück.
- Unter dem Vorwand, sich mit ihr auszusprechen, lockt C. die junge Frau auf die Straße. Aus der Küche hat er ein Messer mitgenommen.
- Simon C. der zuvor schon über seine Gewaltfantasien öffentlich gesprochen hat, sticht wie von Sinnen auf sein Opfer ein. Noch in der Nacht stirbt Greta H. an den schweren Verletzungen dieser Bluttat.
- Am 15. Juli 2024 wird Simon C. vom Bielefelder Landgericht zu einer Gefängnisstrafe von 13 Jahren verurteilt.

Im Verlauf des Abends erzählt Simon C. in der Küche einer anderen jungen Frau von seinen sexuellen Gewaltfantasien. So bevorzuge er es, wie er zugibt, wenn es „beim Geschlechtsverkehr mit einer Frau besonders hart“ zuginge. Er soll ihr gegenüber außerdem geschildert haben, dass er sich in der Lage fühle, einen anderen Menschen zu würgen und letztlich auch zu töten. Trotz dieser merkwürdigen Äußerungen wertet die Kollegin diese Aussagen als dummes Gerede und belässt es dabei.
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Offenbar ist es nicht das erste Mal, dass C. über seine extremen Vorstellungen spricht. Im späteren Prozess äußert sich eine frühere Partnerin des Täters dazu, die mit ihm bis zwei Jahre vor dem Mord eine Beziehung hatte. Sie bestätigt, dass er sich auch ihr gegenüber zu seinen Gewaltfantasien geäußert habe.
Auch sie habe das nicht ernst genommen und keine weiteren Schritte unternommen. Fatal, denn einige Tage vor der Mordtat, kommt es zu einem Vorfall, bei dem endgültig alle Alarmglocken hätten läuten müssen.
Bielefelder Sanitäter wird vorher übergriffig
Im Gerichtsverfahren wird bekannt, dass Simon C. bereits vorher eine andere Kollegin, der er ebenfalls Avancen machte, zu Leibe gerückt sein soll. Die Zeugin berichtet, dass sie in einem Privathaus von ihm in einen Abstellraum gedrängt und dort von ihm an die Wand gedrückt worden sei. Sie habe sich schließlich befreien können, schildert Mahncke die Grenzüberschreitung.
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Zwei Tage später kommt es am Abend des 28. Oktober 2023 zu der Bluttat, die Mahncke so schildert: „Gegen 1 Uhr bittet Simon C. seine Kollegin Greta H. unter dem Vorwand, ein klärendes Gespräch führen zu wollen, nach draußen.“ Niemand habe mitbekommen, dass C. aus der Küche ein großes Messer mitgenommen hat. Die Klinge soll etwa 17 Zentimeter lang gewesen sein. „C. hat es auf dem Weg nach draußen unter seiner Jacke getragen, die er über den Arm gelegt hat.“

Beide entfernen sich etwa 50 Meter vom Haus des Gastgebers. „Plötzlich werden die Partygäste durch laute Schreie von Greta H. alarmiert. Sie laufen im Dunkeln in Richtung des Geschehens und treffen auf Simon C., der ihnen entgegenkommt und flüchtet.“ Gretas Kollegen finden die junge Frau blutend am Boden liegend.
Polizei Bielefeld nimmt Täter wenige Stunden später fest

Im Gerichtsprozess wird später klar: Der Täter hat „wie von Sinnen unzählige Male auf sein bereits am Boden liegendes Opfer eingestochen“. Die Grausamkeit der Tat schockiert die Rettungssanitäter, die trotzdem sofort erste Hilfe leisten.
Doch für Greta H. kommt jede Hilfe zu spät. Sie stirbt noch in der Nacht, um 4.03 Uhr, an dem hohen Blutverlust und den schweren Verletzungen, die Simon C. ihr zugefügt hat. In den frühen Morgenstunden wird der Täter festgenommen. Er schläft zu diesem Zeitpunkt bereits friedlich in seinem Bett.
Reifeverzögerung steht lebenslänglicher Haftstrafe entgegen
Am 9. April 2024 beginnt der Prozess gegen Simon H. unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das psychologische Gutachten von Karl-Ernst von Schönfeld bescheinigt ihm eine verzögerte emotionale Reife. Am 15. Juli 2024 wird das Urteil gefällt. Das Bielefelder Landgericht stellt die besondere Schwere der Schuld fest und spricht Simon C. wegen heimtückischen Mordes aus niederen Beweggründen schuldig. Wegen der festgestellten Reifeverzögerung wird er aber nach Jugendstrafrecht verurteilt und muss daher nicht lebenslänglich hinter Gitter. Er wird wegen des Mordes an Greta H. zu 13 Jahren Haft verurteilt.
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Weder sein Verteidiger, der damals acht Jahre gefordert hatte, noch die Staatsanwaltschaft, die eine Verurteilung nach Erwachsenenrecht forderte, zeigten sich zufrieden. Beide gingen zunächst gegen das Urteil in Revision. Doch im Herbst 2024 wird deutlich, dass inzwischen beide Parteien ihre Revisionen zurückgezogen haben. Als Simon C. erfuhr, dass die Angehörigen des Opfers mit dem Urteil leben könnten, zog er den Revisionsantrag überraschend zurück. Sein Argument: Er habe so Schlimmes getan, dass er nun mit den 13 Jahren allemal leben könne.

Als klar wurde, dass die Familie von Greta H. endlich mit dem Fall zumindest auf juristischer Ebene abschließen möchte, zog auch die Staatsanwaltschaft ihren Revisionsantrag zurück. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
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