
Igel, Drossel, Rehwild: Immer wieder finden Bürgerinnen und Bürger Tiere in Not. In Ostwestfalen-Lippe häufen sich gerade zur dunkeln Jahreszeit Fälle um verletzte Wildtiere. Ein sachgerechter Umgang mit so einer Notsituation ist dabei gar nicht mal so einfach.
Wildtiere gehören im Gegensatz zu Haustieren oder Nutztieren niemandem und dürfen nicht aus der Natur mit nach Hause genommen werden. Dies ist in den gesetzlichen Vorschriften der Bundesartenschutzverordnung, des Bundesnaturschutzgesetzes und des Landschaftsgesetzes NRW genau geregelt. Ein verletztes Tier ist sehr häufig scheu und verängstigt - insbesondere dann, wenn es menschlichen Kontakt nicht gewöhnt ist. Darüber hinaus gibt es in OWL momentan keine Einrichtung, die sich ausschließlich auf die Aufnahme, Pflege und Auswilderung verletzter Wildtiere spezialisiert hat. Diese Umstände erschweren die Rettung und mögliche Pflege häufig immens.
Wie gehe ich also vor, wenn ich ein verletztes Tier gefunden habe, ohne mich selbst oder den kleinen Patienten zu gefährden? Wie man ein verletztes Tier am besten sichert und an welche Anlaufstellen, Vereine oder Organisationen sich im Notfall gewendet werden kann, gibt es hier im großen Überblick.
Das große Themenspecial zum Nachlesen: 🦌 Alle Berichte und News zu Wildtieren in OWL 🦌
Die wichtigsten Fragen zum Umgang mit Wildtieren im Überblick
- Woran erkenne ich, ob das Wildtier Hilfe braucht?
- Worauf ist bei der Bergung eines verletzten Wildtieres zu achten?
- Was ist bei der Rettung von Igeln wichtig?
- Wie kann verletzten Wildvögeln geholfen werden?
- Wie kann ich Erste Hilfe bei einem Vogel leisten?
- Dammwild, Wildschwein, Rehkitz: Wie helfe ich einem verletzen Wildtier?
- Wie helfe ich einem verletzen Rehkitz?
- Wo in OWL bekomme ich Hilfe, wenn ich ein verletztes Wildtier gefunden habe?
Woran erkenne ich, ob das Wildtier Hilfe braucht?
Grundsätzlich gilt, dass ein Tier nur dann aufgenommen werden sollte, wenn wirklich sicher ist, dass es hilflos oder verletzt ist und dringend Hilfebedarf besteht. Laut dem Naturschutzbund Lippe, kurz NABU, sei es wichtig, das gefundene Wildtier aus sicherer Entfernung sehr genau zu beobachten, bevor man zur Tat schreitet, denn in vielen Fällen sei das Fundtier gar nicht verletzt oder verlassen.
Laut den Naturschützern handle es sich in vielen Fällen um Jungtiere, deren Eltern sich auf Nahrungssuche begeben haben. Das Tier-Kind warte währenddessen gut geschützt auf deren Rückkehr. Beispiele dafür seien Rehkitze, die sich gut getarnt im Unterholz verstecken, noch nicht flugfähige Jungvögel, die bodennah auf Ästen gefunden werden, oder junge Hasen, die im Bau alleine auf ihre Mutter warten. Achtung: Diese Jungtiere dürfen laut den Naturschützerinnen und Naturschützern jedoch keinesfalls berührt oder mitgenommen werden. Der menschliche Geruch überdecke den Eigengeruch des Tieres, was zur Folge haben kann, dass die Eltentiere ihren Nachwuchs nicht mehr erkennen und verstoßen.
Vögel hingegen, die aus dem Nest gefallen und noch nicht flugfähig sind, können laut NABU ohne Probleme in ihr Nest zurückgesetzt werden, sofern sie unverletzt und wohlauf sind. Dafür kann der Vogel einfach behutsam hochgehoben werden. Um zu klären, ob akuter Hilfebedarf besteht, haben verschiedene Ortsverbände des NABU in OWL Checklisten zusammengestellt, die helfen sollen, den Zustand eines möglicherweise gefährdeten Wildtieres besser einzuschätzen.
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🩺 Kriterien zur Überprüfung des Gesundheitszustandes 🩺
- Um was für ein Tier handelt es sich?
- Ist das Wildtier wach?
- Sind offensichtliche Verletzungen oder Traumata auf den ersten Blick zu erkennen?
- Glänzen seine Augen?
- Ist das Gefieder/Fell glatt an Kopf und Körper?
- Ist eine Kopf- oder Schwanzschiefhaltung zu erkennen?
- Bei Vögeln: Liegen die Flügel eng an? Hängen sie nicht, sondern sind synchron positioniert und auf dem Rücken überkreuzt? Sitzt der Vogel beidbeinig?
- Sind Füße und Zehen in offener Stellung?
- Sind Krampfanfälle oder sonstige Lähmungen zu erkennen?
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Worauf ist bei der Bergung eines verletzten Wildtieres zu achten?
Sollte sich bestätigen, dass das Fundtier verletzt ist, ist schnelle, aber besonnene Hilfe gefragt. Der NABU rät, im Zweifelsfall besser mit dem zuständigen Landbesitzer, Revierförster oder der zuständigen Jagdpächterin Kontakt aufzunehmen. So kann unverzüglich geklärt werden, ob und wie beispielsweise ein Jungtier an einen sicheren Platz gebracht werden kann oder wie mit einem verletzten Wildtier weiter zu verfahren ist.
Die Kontaktdaten der Försterinnen und Förster können in der jeweiligen Forstverwaltung in der Forstdirektion des Landkreises erfragt werden. Die Kontaktdaten des zuständigen Jagdpächters oder der zuständigen Jagdpächterin können wiederum bei der Gemeindeverwaltung oder der unteren Jagdbehörde in Erfahrung gebracht werden. Der Fund streng geschützter Wildtiere muss sogar der zuständigen Naturschutzbehörde gemeldet werden. Ein möglicher Schutzstatus ist über das wissenschaftliche Informationssystem zum internationalen Artenschutz, kurz WISA, prüfbar.
Was vielen nicht bewusst ist: Für die Bergung bestimmter Wildtierarten, etwa Hasen, Rehe oder Greifvögel gelten besondere Jagdgesetze. Teilweise ist es sogar gesetzlich verboten, bestimmte Tiere nach dem Einfangen oder der Genesung wieder auszusetzen, da sie als sogenannte invasive Art gelten und die heimische Flora und Fauna verdrängen. Zu diesen Tierarten gehören unter anderem der Waschbär und Marderhund.
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Wildtier in Not: Was ist bei der Rettung von Igeln wichtig?
📍🦔 Anlaufstellen für gefundene Igel in Ostwestfalen-Lippe
- Herford: Igelhilfe Herford-OWL, Tel. 0151 21386210
- Paderborn: Tierschutzverein Tiere in Not, Tel. 05254 12355
- Gütersloh: Igelhilfe Münsterland, Tel. 0157 30951129
- Bielefeld: Wildtiere OWL, Tel. 0521 44815758
Wer einen kranken oder verletzten Igel gefunden hat, sollten ihn möglichst schnell in fachgerechte Versorgung und Pflege geben. Ariane Friedrichs pflegt in ihrem Haus in Warburg verletze Igel. Sie gibt im Gespräch mit „NW.de“ Tipp für den richtigen Umgang mit den Tieren: „Igel dürfen Wasser trinken, aber keine Milch, da sie laktoseintolerant sind“, so die Tierschützerin. Auch Katzenfutter sei für die Tiere geeignet. Falls ein verletzter Igel gefunden wird, solle laut der Expertin umgehend ein Tierarzt kontaktiert werden. Wichtig sei, dass Fliegen von den Tieren ferngehalten werden, da sie die verletzten Igel gefährden könnten. „Fliegenlarven können einen Igel lebendig auffressen“, warnt Friedrichs.
Äußerst kritisch sieht die Wildtier-Expertin den Einsatz von Mährobotern, da die Geräte für viele Unfälle mit den kleinen Wildtieren verantwortlich seien: „Diese Geräte sollten verboten werden“, sagt sie. Da Mähroboter leise arbeiten, bemerkt niemand, wenn sie Igel verletzen. Die Igel würden sich meist ins Gebüsch zurückziehen, wo Menschen die Verletzungen dann übersehen.
Besonders vorsichtig sollten Menschen mit Igelbabys umgehen: „Wenn man ein Igelbaby findet, sollte man zunächst abwarten, ob die Mutter zurückkommt. Falls nicht, sollte Hilfe geholt werden, da die Jungtiere oft Parasiten haben und entwurmt werden müssen“, so Friedrichs. Generell sei es ratsam, im Zweifelsfall lieber einmal mehr Kontakt zu einem Tierarzt oder einer Igel-Station aufnehmen.
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Verletzte Wildvögel: Wie kann ihnen geholfen werden?
📍🦅 Anlaufstellen für gefundene Wildvögel in OWL
- Detmold: Adlerwarte Berlebeck, Tel. 05231 47171
- Bielefeld: Heimat Tierpark Olderdissen, Tel. 0521 512956
- Bielefeld: Wildvogelstation im Tierheim, Tel. 0521 0598430
Eine der häufigsten Verletzungs- und Todesursachen bei Vögeln ist der sogenannte „Vogelschlag“, das ungebremste Aufprallen der Tiere gegen eine Glaswand. Margret Lohmann, Vorsitzende im NABU Kreisverband Gütersloh, rät im NW-Gespräch im Ernstfall zu schnellem Eingreifen: „Ein Vogel, der möglicherweise leicht plusternd, apathisch oder sogar bewusstlos auf der Straße oder vor einem Fenster gefunden wird, hat wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung erlitten“, erklärt die Landschaftsökologin. Der Vogel sollte deshalb unter Gewährleistung der eigenen Sicherheit sofort geborgen werden.
Hierfür eigne sich ein mit einer dicken Lage Küchenkrepp ausgepolsterter Karton besonders gut: „Im besten Fall richtet man zusätzlich ein Nest aus einem Handtuch her, in das der Vogel aufgerichtet hingesetzt wird“, rät sie. Wichtig sei auch, den Karton mit nach außen gedrückten Luftlöchern zu versehen, um die Erstickungs- und Verletzungsgefahr zu minimieren.
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Wie kann ich Erste Hilfe bei einem Vogel leisten?
Den geschlossenen Karton bringt man am besten an einem ruhigen und dunklen Ort unter: „Die Zimmertemperatur sollte über 20 Grad betragen, da inaktive Vögel sehr schnell auskühlen“, erklärt Lohmann. Trotzdem sollte auf eine zusätzliche Wärmequelle verzichtet werden, Gleiches gelte auch für Wasser und Futter: „Es besteht Ertrinkungs- und Verschluckungsgefahr“, mahnt die Margret Lohmann.
Nach circa zwei Stunden kann ein vorsichtiger Blick in den Karton geworfen werden, um den Gesundheitszustand zu überprüfen. In vielen Fällen werden die Tiere aktiver, seien aber noch desorientiert: „Es besteht die Gefahr, dass der Vogel sofort herausfliegt. Einer erneuten Kollision oder stressiger Einfangjagd sollte aber unbedingt vorgebeugt werden“, rät sie. Wenn auch nach einer maximalen Ruhezeit von vier Stunden kaum bis keine Besserung zu verzeichnen ist, sollte laut der Ökologin umgehend eine fachlich versierte Wildvogelstelle oder ein vogelkundiger Tierarzt zu kontaktieren. Auf der Website des NABU Bundesverbandes findet sich eine detaillierte Übersichtskarte mit fachkundigen Anlaufstellen für verletzte Wildvögel.
Besondere Regeln gelten laut Margret Lohmann bei Eulen und Greifvögeln wie Falken oder Bussarde: „Greifvögel müssen immer an Expertinnen oder Experten übergeben werden“, ergänzt sie. Hier in der Region sei laut der Naturschützerin der Tierpark Olderdissen in Bielefeld die beste Anlaufstelle. „Wer einen ausgebildeten Falkner oder Falknerin kennt, kann sich jedoch auch dort melden“, fügt sie hinzu.
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Dammwild, Wildschwein, Rehkitz: So kann einem verletzen Tier geholfen werden
📍🦌 Anlaufstellen für verletztes Rehwild in OWL
- Achtung: Hier sollte nicht auf eigene Faust gehandelt werden. Bitte kontaktieren Sie unverzüglich die Polizei unter Tel. 110 oder die zuständige Polizeistation in der Nähe des Fund- oder Unfallortes.
- Fassen Sie das Wildtier nicht an!
Insbesondere zur dunklen Jahreszeit häufen sich Wildunfälle. Viele Autofahrerinnen und Autofahrer finden angefahrene und verletzte Rehe, Hirsche oder Wildschweine am Straßenrand. Hier gilt es ruhig zu bleiben und besonnen zu handeln.
Wenn es sich um einen Unfall handelt, sollte zuerst die Unfallstelle abgesichert werden, ohne dass man sich selbst, andere oder das verletzte Tier in Gefahr bringt. Hat man den Unfall selbst verursacht, ist man dazu verpflichtet, sofort und unverzüglich die Polizei unter Tel. 110 anzurufen, um den Zwischenfall zu melden. Diese informieren dann die zuständige Jägerin oder den zuständigen Jäger.
Wichtig ist, das Tier nicht anzufassen oder zu versuchen, ihm etwas zu essen oder zu trinken zu geben – ein verletztes Wildtier könne laut dem Tierschutzbund leicht in Panik geraten und so sich und andere verletzen. Auch sollte hier das Tier aus sicherer Entfernung beobachtet und die entsprechende Stelle benachrichtigt werden.
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Wie helfe ich einem verletzen Rehkitz?
Es sollte dringend darauf verzichtet werden, dass Wildtier selbst zu bergen oder zu versorgen. Laut Paragraf 292 Strafgesetzbuch gilt als es Wilderei, wenn eine Privatperson ein verletztes Tier ohne die Zustimmung der zuständigen Jägerin oder des zuständigen Jägers ins Auto lädt. Das gilt auch, wenn man den Unfall nicht selbst verursacht hat oder ein verletztes Reh oder Wildschwein in freier Natur findet.
Ähnliches sollte man auch bei verletzten oder gefährdeten Rehkitzen vorgehen. Hier ist es jedoch wichtig, die Umgebung genau und über einen längeren Zeitraum zu beobachten, um sicherzustellen, dass das Muttertier nicht zurückkommt. Die Ricke ist laut den Tierschützern häufig in der Nähe und solange sich das Rehkitz leise und unauffällig verhalte, gebe es keinen Grund zur Sorge.
Ist das Rehkitz jedoch offensichtlich verletzt, liegt auf einer Straße oder einer anderen gefährlichen Position oder läuft suchend und rufend umher, sollte man eingreifen. Das Wildtier darf jedoch weder angefasst, noch einfach mitgenommen werden. Stattdessen sollte entweder die Polizei oder der Jagdpächter kontaktiert werden.
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Wo in OWL bekomme ich darüber hinaus Hilfe, wenn ich ein verletztes Wildtier gefunden habe?
Neben den oben genannten Beispielen können natürlich auch andere Wildtier-Arten in Gefahr geraten und deshalb menschliche Hilfe benötigen. Auch entlaufene Haustiere brauchen immer mal wieder medizinische Hilfe. In vielen Fällen ist jedoch nicht ersichtlich, an welche Institutionen oder Personen sich im Bedarfsfall gewendet werden kann.
Der Verein Wildtiere OWL bietet unter Tel. 0521 44815758, eine telefonische Beratung und Hilfestellung an. Der Verein ist keine Anlauf- oder Aufnahmestelle für verletzte oder verwaiste Wildtiere, kann aber laut eignen Angaben Kontaktdaten zu möglichen Auffangstationen vermitteln. Tierärztinnen und Tierärzte können im Notfall ebenfalls weiterhelfen.
Auf der Website der Tierärzte-Kammer Westfalen-Lippe gibt es nicht nur eine Auflistung von Praxen in der Nähe, sondern auch einen Notdienst-Finder, falls sich der Zwischenfall außerhalb der Praxis-Öffnungszeiten ereignet. Auch Tierschutzorganisationen, die biologischen Stationen und die Tierheime in Ostwestfalen-Lippe helfen bei Bedarf weiter. Eine Übersicht möglicher Adressen und Ansprechpartner aus der Region gibt es beim Infonetz für Natur- und Umweltfragen OWL.
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INFORMATION
Hinweis bezüglich Unvollständigkeit
Es handelt sich bei diesem Artikel um eine Auflistung möglicher Institutionen, Hilfsorganisationen und Anlaufstellen für verletzte Wildtiere in Ostwestfalen-Lippe. Die Liste erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch ist sie objektiven Kriterien gefolgt, sie soll lediglich einen grundlegenden Überblick ermöglichen. Die Reihenfolge der aufgeführten Wahlmöglichkeiten ist ebenfalls willkürlich. Fehlt Ihnen ein Hilfsangebot in der Liste? Schicken Sie uns gerne eine E-Mail an digitalredaktion@nw.de.