OWL Crime – mit Podcast

Der Fall „Mondo“: Schüsse in ehemaliger Bad Oeynhausener Diskothek

Tumult im Nachtleben: Aus der Bad Oeynhausener Disco verwiesen, holt ein Mann seine Verwandtschaft und kehrt zurück. Zwei Türsteher werden verletzt, einer davon schwer. Ein langwieriger Prozess beginnt.

Vor der Disco "Mondo" sind in der Nacht zum 23. September 2018 Schüsse gefallen. | © Kristina Grube

Sevil Polat
26.09.2024 | 26.09.2024, 10:09

Bad Oeynhausen/Bielefeld. Feiernde genießen in der Nacht zum 23. September 2018 die ausgelassene Atmosphäre im Bad Oeynhausener Club Mondo. Doch die Stimmung kippt, als ein Mann beschuldigt wird, Frauen auf der Tanzfläche belästigt zu haben. Aufmerksame Türsteher greifen ein, nehmen den Beschuldigten zur Seite und führen ihn nach draußen. Dort versetzt ihm ein Sicherheitsmitarbeiter einen Schlag ins Gesicht, der eine gebrochene und blutende Nase zur Folge hat.

Verletzt in seiner Ehre und mit der sinngemäßen Bemerkung „Du weißt nicht, mit wem du es zu tun hast“, entfernt sich der Mann und ruft Verwandte zu Hilfe. Kurz darauf kehrt er mit rund 18 Angehörigen zurück, und es kommt zur Eskalation. Bewaffnet mit Eisenstange und mindestens einer Schusswaffe stürmt die Gruppe gewaltsam auf die Club-Türsteher zu. Bei der Abwehr ringt ein Türsteher einen Angreifer nieder, woraufhin es zu einer Auseinandersetzung kommt. Ein Schuss fällt, und der Sicherheitsmitarbeiter wird am Bein getroffen. Ein anderer Türsteher erleidet einen Streifschuss am Finger und wird geschlagen. Die Männergruppe ergreift die Flucht, der mutmaßliche Schütze taucht unter.

Der Mondo-Fall kommt vor das Landgericht Bielefeld, wo er sich über 62 Verhandlungstage erstreckt. In der neuesten Folge von „OstwestFälle“, dem True-Crime-Podcast der „Neuen Westfälischen“, sprechen Birgitt Gottwald und Strafrechtsanwalt Jan-Christian Hochmann über diesen Prozess, der von Pannen und Fehlern begleitet wird. Hochmann vertritt dabei einen der Angeklagten als Anwalt.

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Mondo-Prozess – der Fall im Überblick:

  • In der Nacht zum 23. September 2018 wird ein Besucher der Diskothek Mondo in Bad Oeynhausen des Hauses verwiesen, nachdem er Frauen belästigt hat. Vor der Tür versetzt ihm ein Türsteher einen Schlag ins Gesicht.
  • Der Mann fühlt sich in seiner Ehre verletzt und kehrt mit etwa 18 Familienmitgliedern zurück. Es fallen Schüsse.
  • Zwei Türsteher werden verletzt, einer davon liegt mit einer Schusswunde am Boden. Die Tatverdächtigen fliehen mit mehreren Autos Richtung A30. Der mutmaßliche Schütze taucht unter.
  • Die Mordkommission „Werre“ und die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermitteln die Tätverdächtigen. Der Fall kommt vor das Landgericht Bielefeld.
  • Nach fünf Jahren und 62 Verhandlungstagen, die von Hindernissen überschattet sind, spricht das Gericht die Urteile.

Im Video: Schüsse auf Türsteher vor Bad Oeynhauser Disco „Mondo“

Mordkommission und Staatsanwaltschaft ermitteln

Da ein versuchtes Tötungsdelikt vorliegt, übernehmen die Bielefelder Staatsanwaltschaft und die Mordkommission des Polizeipräsidiums Bielefeld gemeinsam die Ermittlungen. Kriminalhauptkommissar Mertens leitet das Team, das nach den Flüchtigen sucht.

Fünf Tage nach der Schießerei durchsuchen Spezialkräfte zwei Wohnhäuser in Bad Oeynhausen und nehmen elf Männer einer Großfamilie fest. Bei den Durchsuchungen sichern die Beamten eine Schreckschusspistole, Messer, Baseballschläger, Totschläger und Schlagringe. Neun der Festgenommenen kommen kurz darauf wieder frei. Der Hauptverdächtige bleibt untergetaucht. Die Mordkommission „Werre“ vermutet ihn im Irak und verfolgt ihn mit einem internationalen Haftbefehl.

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld erhebt Anklage gegen acht Männer wegen gefährlicher Körperverletzung, schweren Landfriedensbruchs und versuchten Totschlags. Das Landgericht Bielefeld eröffnet den ersten Prozess.

Der Vorsitzende Richter Carsten Glashörster (mit der blauen Operationsmaske) betritt mit den Richtern der Großen Strafkammer Saal 1 des Landgerichts Bielefeld. - © Ulf Hanke
Der Vorsitzende Richter Carsten Glashörster (mit der blauen Operationsmaske) betritt mit den Richtern der Großen Strafkammer Saal 1 des Landgerichts Bielefeld. | © Ulf Hanke

Mondo-Prozess startet mit Pannen und Fehlern

Im Februar 2019 startet unter strengen Sicherheitsmaßnahmen der erste Prozess gegen acht Angeklagte. Ein Jahr darauf erkrankt die Vorsitzende Richterin und wird ersetzt. Aufgrund eines Fehlers bei der Fristberechnung bricht der Prozess im April 2020 nach 28 Verhandlungstagen ab, und der Hauptangeklagte, dem versuchter Mord zur Last gelegt wird, kommt nach 18 Monaten Untersuchungshaft frei.

Der zweite Prozess gegen sechs Angeklagte beginnt im April 2021 unter verschärften Corona-Bedingungen. Mittlerweile sind die Verfahren gegen zwei Beschuldigte eingestellt worden. Dieses Verfahren zeichnet sich durch zahlreiche Verteidigeranträge aus. Im Vordergrund wird die Frage geprüft, wie zuverlässig Zeugenaussagen sind, die eventuell unter irreführenden Bedingungen entstanden sind. Ein zunächst Beschuldigter rückt dabei als Zeuge in den Mittelpunkt.

Nach insgesamt fünf Jahren und 62 Verhandlungstagen fallen am 21. November 2023 schließlich die Urteile.

Haft- und Bewährungstrafen für Angeklagte im Mondo-Prozess

Der Hauptbeteiligte des Vorfalls in der Diskothek wird zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Seine zwei Brüder, die auch in den Fall verwickelt sind, erhalten jeweils zwei Jahre und sechs Monate Gefängnis-Strafe. Ein anderer Angeklagter erhält eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Der sechste Angeklagte, ebenfalls involviert, bekommt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr.

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Keine Woche nach dem Urteil des Landgerichts Bielefeld haben alle sechs Angeklagten und die Staatsanwaltschaft Revision beantragt.