
Düsseldorf. Mehr Polizeipräsenz und schärfere Personenkontrollen auf Volksfesten in Nordrhein-Westfalen, das hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mit sofortiger Wirkung angeordnet und reagiert damit auf die Messerattacken in Solingen und Siegen. Die Kreispolizeibehörden seien am Donnerstag über die neue Regelung informiert worden, heißt es aus Düsseldorf.
Doch was bedeutet das nun konkret, und ist die Polizei vor Ort, etwa in Bielefeld, wo derzeit der Weinmarkt läuft, oder in Lübbecke, wo am Donnerstag der Blasheimer Markt eröffnet wurde, überhaupt darauf vorbereitet?
Welche Maßnahmen hat der NRW-Innenminister angeordnet?
Laut dem Erlass sollen Personen auch ohne konkrete Gefahr auf Waffen kontrolliert werden dürfen. Jedes Messer, das bei einer Personen- oder Taschenkontrolle aufgefunden und sichergestellt werde, bedeute eine potenzielle Gefahr weniger, heißt es in dem Schreiben. „Es ist an der Zeit, staatliche Entschlossenheit und Stärke zu zeigen“, sagte Reul.
Entdeckte Messer sollen für die Dauer der Veranstaltung sichergestellt werden, auch wenn sie nicht unter das Waffengesetz fallen, also ihre Klinge kürzer als zwölf Zentimeter ist. Grundsätzlich gilt auf Volksfesten bereits ein generelles Waffenverbot.
Kann die Bielefelder Polizei diese Regelung auf dem Weinmarkt umsetzen?
Ja, heißt es von einer Sprecherin der Polizei. „Es läuft alles so, wie wir es bisher geplant haben.“ Denn: Bereits vor dem Erlass sei die Zahl der Einsatzkräfte erhöht worden. „Wir haben nach den Messerattacken unser Sicherheitskonzept angepasst und auf die neue Situation eingestellt“, heißt es.
Bisher seien bei den Kontrollen auf dem Weinmarkt keine Waffen gefunden worden.
Das Angebot von Herbert Reul, dass bei größeren Veranstaltungen die Bereitschaftspolizei die örtlichen Kräfte unterstützt, muss die Bielefelder Polizei nicht in Anspruch nehmen. Auch weil die Stadt selbst eine eigene Hundertschaft besitzt.
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Blasheimer Markt: Wie reagiert die Polizei in Lübbecke?
Bereits nach dem Anschlag in Solingen hat auch die Polizei in Lübbecke die Polizeipräsenz für den Blasheimer Markt angepasst. „Wir sind mit deutlich mehr Kräften vor Ort, als ursprünglich angedacht“, erklärt eine Sprecherin. Mit offenen und verdeckten Maßnahmen sollen die Beamten für Sicherheit sorgen.
„Alles, was den Kollegen merkwürdig vorkommt, wird geprüft“, heißt es. Eine niedrige Eingreifschwelle soll aggressive Situationen schnell entschärfen.
Damit all das umgesetzt werden kann, setzt die Polizei auch auf auswärtige Kräfte. Gleichzeitig verweist Alexandra Brakemann von der Polizei-Pressestelle allerdings auch auf den Veranstalter vom Blasheimer Markt (Stadt Lübbecke). Denn: „Der Schutz von Veranstaltungen obliegt grundsätzlich dem Veranstalter selbst. Hierzu kann er beispielsweise einen eigenen Sicherheitsdienst beauftragen“, sagt Brakemann.
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Drei Menschen in Solingen durch Messerattentat getötet
In Solingen waren bei einem mutmaßlich islamistischen Messerattentat drei Menschen getötet und acht verletzt worden. Ein 26-jähriger Syrer sitzt wegen der Tat in Untersuchungshaft. In Siegen war eine Deutsche überwältigt worden, sie soll sechs Menschen mit einem Messer in einem Bus verletzt haben.
Die Bundesregierung hatte sich als Konsequenz aus dem Terroranschlag von Solingen unter anderem auf eine Verschärfung des Waffenrechts verständigt. So soll der Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter eingeschränkt werden. Dazu zählt ein generelles Messerverbot im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen, auf Volksfesten und bei anderen Großveranstaltungen. Darüber hinaus soll für Springmesser ein Verbot kommen, von dem aber Ausnahmen möglich sein sollen – zum Beispiel für Jäger.
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Zuletzt hatte die Zahl der Messerangriffe in Deutschland deutlich zugenommen – und damit die öffentliche Debatte über diese Art von Gewalt. 2023 registrierte die Polizei 8.951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, bei denen Messer zum Einsatz kamen, entweder um jemanden zu verletzen oder damit zu drohen – ein Anstieg um knapp 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Angriffe in Gelsenkirchen und Wuppertal
In anderen Städten Nordrhein-Westfalens kam es ebenfalls zu Zwischenfällen mit Messern. In Gelsenkirchen wurde ein 29 Jahre alter Mann mit einem Messerstich im Bein verletzt. Der Messerangriff habe sich nach einem Streit zwischen dem Mann und einer noch unbekannten männlichen Person ereignet, teilte die Polizei mit. Der mutmaßliche Täter sei nach der Tat am frühen Morgen geflohen. Tags zuvor wurde ein Mann bei einer Auseinandersetzung in Wuppertal durch Stiche schwer verletzt. Nach Angaben der Polizei waren drei Männer in einem Mehrfamilienhaus in Streit geraten.
Auch aus anderen Orten Deutschlands kam es zu Vorfällen: So wurden in Berlin innerhalb weniger Tage zwei Frauen bei einem Messerangriff getötet. In beiden Fällen sehr wahrscheinlich durch einen Mann. Am vergangenen Freitagabend wurde eine 28-Jährige im Ortsteil Friedrichsfelde erstochen – nur wenige Tage nach dem mutmaßlichen Mord an einer 36-Jährigen durch ihren Ex-Mann in Berlin-Zehlendorf. Einen weiteren Messerangriff auf eine Frau gab es am Freitag im Bezirk Reinickendorf, bei dem jedoch Schlimmeres verhindert werden konnte.
Mit Material der dpa