„Katastrophale Kommunikation“: Bahn stellt zwölf Varianten für Trasse Hannover-Bielefeld vor

Bielefeld. Das Planungsverfahren der Deutschen Bahn für eine neue Bahntrasse zwischen Hannover und Bielefeld, die sowohl für Schnell- als auch Güterzüge und in Teilen auch für den Nahverkehr nutzbar sein soll, geht in eine neue Phase. Projektleiter Carsten A. Müller stellt am Dienstag zwölf Trassenvarianten vor, &bdquo;die technisch umsetzbar und zielerfüllend wären“. In den nächsten Monaten sollen diese Varianten gleichberechtigt geprüft und sowohl online als auch vor Ort in Ostwestfalen-Lippe mit der Öffentlichkeit ausführlich erörtert werden. Lesen Sie auch: Im Tunnel durch Bad Oeynhausen: Das bedeuten die Bahntrassen-Varianten für die Kurstadt Neue ICE-Strecke: Beliebtem Bielefelder Naturschutzgebiet drohen massive Eingriffe Kaum war die Presserunde vorbei, in der die Pläne vorgestellt wurden, gab es aus der Politik bereits heftige Kritik an einem zu hohen Kostenrahmen. Denn die Varianten enthalten einen &bdquo;sehr hohen Tunnelanteil“, wie auch Müller einräumte. Das erhöht naturgemäß die Kosten einer solchen Lösung. Die Details: Mit dem ICE brauchen Bahnreisende derzeit 48 Minuten, um von Bielefeld nach Hannover zu kommen. Das soll sich im Rahmen des &bdquo;Deutschlandtakts“ ändern. Der Plan der Bundesregierung soll den Bahnverkehr insgesamt verlässlicher machen und auch deutlich mehr Kapazitäten für den Personen- sowie den Güterverkehr eröffnen. Weniger Fahrtzeit von Bielefeld nach Hannover Die Strecke durch OWL soll unter anderem ermöglichen, dass die Umstiege am wichtigen Knoten Hannover besser erreicht werden können. Bonus: Man kommt schneller von Bielefeld nach Hannover. 31 Minuten sollen es mit der neuen ICE-Trasse &bdquo;Hannover-Bielefeld“ nur noch sein. Eigentlich wollte das Planungsteam bereits im vergangenen Winter konkrete Streckenführungen für die Hochgeschwindigkeitsgleise vorstellen. Mit einiger Verspätung liegen diese nun in zwölf Varianten vor. Lesen Sie auch den Kommentar: Rückkehr zur sachlichen Debatte nötig Erklärt wurde die Verspätung gegenüber dieser Redaktion Ende März mit der Komplexität der Planungen. Die Ingenieure des Projektteams müssten mögliche Trassen-Korridore auf der Landkarte nach 195 Kriterien überprüfen und &bdquo;umfangreiche Geodaten“ erheben. Auf Grundlage dieser Bewertungen sollten dann &bdquo;zehn bis zwanzig näher in Betracht kommende Trassenkorridore“ veröffentlicht und erörtert werden. Bahn stellt zwölf Varianten vor Zwölf Varianten sind es nun geworden. Der Überblick: Variante V1 verläuft in der Schaumburger-Börde bestandsnah, überbrückt die Weser bei Porta Westfalica sowie Vlotho und folgt nach zwei Tunneln ab Herford dem Bestand. Variante V2 verläuft in der Schaumburger-Börde bestandsnah, überbrückt die Weser bei Porta Westfalica sowie Vlotho und verläuft weitgehend im Tunnel über Bad Salzuflen nach Bielefeld. Variante V3 verläuft in der Schaumburger-Börde bestandsnah und untertunnelt das Wesergebirge bei Nammen. Danach überbrückt V3 die Weser bei Vlotho und verläuft anschließend weitgehend im Tunnel über Bad Salzuflen nach Bielefeld. Variante V4 verläuft in der Schaumburger-Börde bestandsnah und untertunnelt das Wesergebirge bei Nammen. Danach überbrückt V4 die Weser bei Vlotho und folgt nach zwei Tunneln ab Herford dem Bestand. Variante V5 verläuft in der Schaumburger-Börde bestandsnah und untertunnelt das Wesergebirge bei Kleinenbremen. Danach überbrückt V5 die Weser bei Vlotho und verläuft anschließend weitgehend im Tunnel über Bad Salzuflen nach Bielefeld. Variante V6 verläuft in der Schaumburger-Börde bestandsnah und untertunnelt das Wesergebirge bei Kleinenbremen. Danach überbrückt V6 die Weser bei Vlotho und folgt nach zwei Tunneln ab Herford dem Bestand. Variante V7 untertunnelt den Bückeberg und das Wesergebirge bei Kleinenbremen. Danach überbrückt V7 die Weser bei Vlotho und folgt nach zwei Tunneln ab Herford dem Bestand. Variante V8 untertunnelt den Bückeberg südöstlich von Stadthagen und das Wesergebirge bei Kleinenbremen. Danach überbrückt V8 die Weser bei Vlotho und verläuft anschließend weitgehend im Tunnel über Bad Salzuflen nach Bielefeld. Variante V9 untertunnelt den Bückeberg südöstlich von Stadthagen und das Wesergebirge bei Rinteln. Danach überbrückt V9 die Weser und verläuft anschließend weitgehend im Tunnel durch das Kalletal über Bad Salzuflen nach Bielefeld. Variante V10 verläuft durch das Auetal und das Wesergebirge bei Rinteln entlang der A2 überwiegend im Tunnel. Danach überbrückt V10 die Weser bei Vlotho und verläuft anschließend weitgehend im Tunnel über Bad Salzuflen nach Bielefeld. Variante V11 verläuft durch das Auetal und das Wesergebirge bei Rinteln entlang der A2 überwiegend im Tunnel. Danach überbrückt V11 die Weser bei Vlotho und folgt nach zwei Tunneln ab Herford dem Bestand. Variante V12 verläuft durch das Auetal und das Wesergebirge bei Rinteln entlang der A2 überwiegend im Tunnel. Danach überbrückt V2 die Weser und verläuft anschließend weitgehend im Tunnel durch das Kalletal über Bad Salzuflen nach Bielefeld. .responsive23-5h8fnJhULhFlydER-map-bahntrasse-bielefeld-hannover { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-5h8fnJhULhFlydER-map-bahntrasse-bielefeld-hannover { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-5h8fnJhULhFlydER-map-bahntrasse-bielefeld-hannover { padding-top: 142.86%; } } Experten präferieren zwei Varianten Interessant für den Bereich Bielefeld: In den Varianten wird die Strecke bei Schildesche mit den bestehenden Gleisen verbunden. Wo die neuen Gleise an den Bestand in Bielefeld angebunden werden, steht aber laut Bahn noch nicht fest: &bdquo;Das kann in Brake sein oder im Stadtteil Schildesche in Bielefeld.“ Experten haben für die Bahn die zwölf Varianten nach den Kriterien Umwelt, Raumordnung und Technik in fünf Stufen bewertet. Demnach schneiden die Varianten zehn und elf am besten ab. Beide erhalten bei dem Punkt &bdquo;Umwelt“ die zweitbeste Bewertung und bei &bdquo;Raumordnung“ die beste. &bdquo;Hinsichtlich der Umweltkriterien schneiden die Varianten 3, 4, 5, 7, 8, 10 und 11 vergleichsweise gut ab“, erklärt die Bahn. &bdquo;Bei der Raumordnung schneiden die Varianten 10 und 11 sehr gut ab. Aus technischer Sicht sind alle Varianten ähnlich zu bewerten.“ Politik und Landwirtschaft kritisierenden &bdquo;fehlenden Dialog“ Bürgerinitiativen in der Region sprechen sich bereits seit Beginn der Planungen gegen den Neubau der Strecke aus und schlagen einen Ausbau der Bestandsstrecken vor. &bdquo;Es ist absolut unverständlich, warum keine der Trassenvarianten den von allen Vertreterinnen und Vertretern der Region einhellig geforderten Ausbau der Bestandsstrecke berücksichtigt“, sagen auch die SPD-Bundestagsabgeordnete aus der Region. &bdquo;Damit wird einmal mehr deutlich, dass das so genannte Beteiligungsverfahren der Deutschen Bahn diesen Namen nicht verdient. Hier werden die Interessen der Region mit Füßen getreten und über sie hinweg entschieden.“ Achim Post, Jürgen Berghahn, Wiebke Esdar, Stefan Schwartze und Marja-Liisa Völlers fordern darum den &bdquo;umweltverträglicheren, kostengünstigeren und schneller realisierbaren Ausbau der Bestandsstrecke zwischen Hannover und Bielefeld“. Die Möglichkeit für eine zusätzliche Prüfung biete der Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages zum Genehmigungsbeschleunigungsgesetz. Des Weiteren kritisieren sie die &bdquo;katastrophale Kommunikation im Verfahren der Deutschen Bahn“ und halten die Vorstellung der Trassenvarianten für überfällig. Auch die Grünen in Ostwestfalen-Lippekritisieren in einer Mitteilung, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) durch die Festlegung auf eine Fahrzeit von 31 Minuten die Möglichkeit einer bestandsnahenTrassenplanung ausgeschlossen hat. &bdquo;Dies wäre eine Möglichkeit gewesen, die Anliegen der Region stärker zu berücksichtigen und gleichzeitig über die Vergleichbarkeit eine klima- und umweltfreundliche Verkehrslösung mit Akzeptanz in der Region voranzutreiben“, wird Robin Wagener, Grüner Abgeordneter aus Lipp zitiert. &bdquo;Wir erwarten einen wirklich offenen Prozess, in dem alle Optionen, einschließlich der bestandsnahen Alternativen, ernsthaft geprüft werden.“ Ähnlich äußert sich der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband. &bdquo;Erst passierte lange gar nichts und dann so eine Aktion, ohne die Akteure vor Ort einmal vorab zu informieren“, wird Hermann Dedert, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Herford-Bielefeld, in einer Mitteilung zitiert. Aus Sicht der Landwirte sehe so ein von der Bahn immer propagierter Dialog nicht aus. Antonius Tillmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe, kritisiert in der Mitteilung diesen fehlenden Dialog. Es werde über die Köpfe der betroffenen Bürger und Grundstückseigentümer hinweg entschieden. &bdquo;Das macht uns absolut wütend“, so Tillmann. Bei allen 12 Varianten sei die Landwirtschaft sehr stark betroffen, entweder mit wertvollen landwirtschaftlichen Acker- und Grünlandflächen oder mit den Hofstellen. Aus Sicht der Landwirte haben alle Varianten negative Folgen und so fragen sie: Welche Auswirkungen haben die vielen Tunnel auf den Wasserhaushalt und das Grundwasser in der Region? Wie zerstören die vielen und hohen Brücken das bisher harmonische Landschaftsbild? FDP kritisiert Verschwendung von Steuergeldern Auch der FDP-Bezirksvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler aus Bünde kritisiert die Varianten: &bdquo;Die Vorschläge für eine Neubaustrecke zwischen Bielefeld und Hannover sind eine Verschwendung von Steuergeldern“, schreibt er in einer Mitteilung an die Presse. &bdquo;Derzeit werden fast alle Mittel des Bundes für die Schiene in die Sanierung von 40 Hochleistungskorridore (4.200 Kilometer) in ganz Deutschland eingesetzt. Das bestehende Streckennetz ist marode und muss grundsaniert werden.“ Er geht davon aus, dass der Zeitplan nicht eingehalten werden kann und das Projekt teurer wird als geplant: &bdquo;Der derzeitige Zeitplan sieht für diese Sanierung einen Zeitplan bis Ende 2030 vor. Bei diesen Trassensanierungen soll im Jahr 2030 die bestehende Strecke Minden-Hannover generalsaniert werden. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann, ist schon heute sehr fraglich.“ Stattdessen fordert er von der Bahn, &bdquo;den seit Jahrzehnten verschleppten viergleisigen Ausbau zwischen Minden und Seelze jetzt mitzuplanen und umzusetzen“. Aus seiner Sicht würde dies &bdquo;auf dem bestehenden Streckenkorridor eine tatsächliche und realistische Kapazitätserhöhung schaffen“. Pläne sind laut Bahnexperte &bdquo;aus der Zeit gefallen“ Der Bahnexperte Lothar Ibrügger aus Minden, langjähriger Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium (SPD), äußerte sich ähnlich. Die Pläne der DB für den Hochgeschwindigkeitsverkehr (HGV) seien &bdquo;aus der Zeit gefallen“. Die DB Infra GO brauche &bdquo;andere Schwerpunkte zu Zeiten aus dem Ruder laufender Kosten allerorten“. Der Bundeshaushalt sei &bdquo;kein unerschöpflicher Dukatenesel für unsinnig teure HGV-Projekte, wenn jeder Euro besser zur Aufrechterhaltung eines flächendeckenden Schienenwegenetzes mit wohnortnahem Zugang zu den Bahnhöfen für Millionen von Pendlern sehr viel mehr Zugang zu umsteigefreien Fernverkehrslinien eröffnen würden.“ Detmold und Lippe sind &bdquo;besonders hinten heruntergefallen“. Lob für Streckenpläne von Pro Bahn Differenzierter äußerte sich Rainer Engel aus Detmold, Referent für den Deutschlandtakt und Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn in OWL: &bdquo;Die vorgestellten Varianten lassen eine sehr konsequente Arbeit der Planer erkennen.“ Einige der Vorschläge entsprächen dem Wunsch der Region nach einem Ausbau der Bestandsstrecke. &bdquo;Die genaue Betrachtung wird aber zeigen, wie dramatisch die Eingriffe in Landschaft und Bebauung der Ortschaften sein werden“, so Engel auf Anfrage dieser Redaktion. Es gebe aber auch Vorschläge für ortsferne Trassen, die OWL weitaus weniger belasten würden. &bdquo;Der Vergleich von Nutzen, Kosten und Eingriffen wird eine lange Diskussion erfordern, die mit den bisherigen Schlagworten der Bürgerinitiativen nicht zu bewältigen ist“, so Engel weiter. >>> Alle Informationen zur ICE-Trasse Hannover-Bielefeld

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