Großer Festakt

Frankreichs Präsident in Münster: Westfälischer Friedenspreis für Macron

Frankreichs Präsident erhält in NRW eine besondere Auszeichnung. Der Bundespräsident bezeichnet Emmanuel Macron als „Mutmacher“.

Ingo Kalischek
28.05.2024 | 28.05.2024, 17:44

Münster. Wenn das deutsche Staatsoberhaupt und der französische Präsident zusammenkommen, dann ist das selbst für das verwöhnte Münster ein besonderer Moment. Im Historischen Rathaus hat Emmanuel Macron am Dienstagvormittag den Westfälischen Friedenspreis erhalten. Mehrere Hundert Persönlichkeiten aus dem ganzen Land verfolgten den Festakt.

„Einen Preis für Frieden entgegenzunehmen, in Zeiten von Krieg, ist fast paradox, fast Ironie“, sagte Macron zu Beginn seiner emotional vorgetragenen Rede. Er habe die Auszeichnung als Form der Zuneigung von Deutschland zu Frankreich empfunden. Macron rief vor allem zu mehr Optimismus auf. Der Kontinent brauche eine eigene Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. „Hier müssen wir gemeinsam vorangehen“, sagte Macron – und übte auch Kritik. „Wir Europäer sind heute viel zu gespalten, viel zu langsam und viel zu wenig wagemutig.“

Zuschauer stehen vor dem Historischen Rathaus in Münster. Die Polizei hat das Gebiet weiträumig abgesperrt. | © Ingo Kalischek
Zuschauer stehen vor dem Historischen Rathaus in Münster. Die Polizei hat das Gebiet weiträumig abgesperrt. | © Ingo Kalischek

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte seinen „Freund“ Macron in seiner Rede zuvor mehrfach direkt angesprochen: „Du lässt dich nicht stören, du bist unbeirrbar. Du bist ein Mutmacher. Wo andere von Grenzen sprechen, da redest du von Horizonten“, lobte er den französischen Gast.

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Mit Blick auf das mitunter als angespannt geltende deutsch-französische Verhältnis sagte Steinmeier, dass man gar nicht „Dasselbe“ sein wolle. „Wir lieben uns wegen der Unterschiede, die es gibt.“ Es sei ein „weit verbreitetes Missverständnis“, wenn kritisiert werde, die Europäer seien sich „mal wieder nicht einig“. Auch Macron bezeichnete die Unterschiedlichkeit beider Länder als „Zeichen der Hoffnung“. Man schätze sich gegenseitig „sehr“.

Gigantische Sicherheitsvorkehrungen für Macron-Besuch in Münster

Der Besuch des Franzosen in Münster ist mit gigantischen Sicherheitsvorkehrungen verbunden. Dutzende Polizei-Bullis sperrten den Bereich rund um das Rathaus seit dem Morgen ab. Schaulustige versuchten, einen Blick in das Innere zu werfen. Dort gaben sich viele Prominente die Hand – zum Beispiel CDU-Chef Friedrich Merz, Generalsekretär Carsten Linnemann, die Bundesministerinnen Lisa Paus und Svenja Schulze sowie Tönnies-Chef Clemens Tönnies und Schüco-Chef Andreas Engelhardt.

Gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (rechts) betritt der französische Präsident Emmanuel Macron den Festsaal im Rathaus Münster. - © Dpa
Gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (rechts) betritt der französische Präsident Emmanuel Macron den Festsaal im Rathaus Münster. | © Dpa

Die Gäste warteten schon ab dem Morgen auf den Auftritt von Macron, der sich verspätet hatte – und schließlich um 11 Uhr im schwarzen Renault vorgefahren kam. Macron wurde zunächst von Steinmeier zur Begrüßung herzlich umarmt. Die Zuschauer hinter den Absperrgittern jubelten ihnen zu. Pfiffe gegen Politiker – das schien es in Münster nicht zu geben.

Doch nach der Veranstaltung zeigte sich ein anderes Bild. Als die Ehrengäste gegen kurz nach 13 Uhr auf dem Rathausbalkon der Menge zujubelten, waren immer wieder Rufe wie „shame on you“ sowie „free Palestine“ zu hören. Die gingen aber von einer Minderheit aus. Der Großteil der Zuschauer beklatschte die Spitzenpolitiker und deren Begleitungen.

Anlass für den großen Bahnhof in Münster ist der internationale Preis des Westfälischen Friedens. Der wird alle zwei Jahre von der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL) verliehen. Das ist ein Zusammenschluss regionaler Unternehmen. Deren Vorsitzender Reinhard Zinkann begründet die Wahl unter anderem damit, dass Macron zuletzt immer wieder auf Dialog gesetzt – und „massiv“ versucht habe, auf eine europäische Geschlossenheit hinzuwirken, den Dialog mit Putin zu suchen und die europäische Verteidigungsfähigkeit zu stärken. „Sie sind ein wahrer Europäer, Sie stehen seit vielen Jahren für die Eigenständigkeit Europas und Sie denken über Barrieren hinweg“, lobte der WWL-Vorsitzende und Miele-Chef Zinkann. Der diesjährige Westfälische Friedenspreis sei der „vermutlich politischste“ seiner Geschichte, sagte Zinkann. „Wir wollen ein Zeichen setzen für ein starkes, ja stärkeres Europa. Wir Unternehmen wollen mehr europäische Zusammenarbeit.“

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Westfälischer Friedenspreis für Macron in Münster

Macron ist in diesen Tagen zum Staatsbesuch in Deutschland unterwegs – und hat ein straffes Programm. Am Nachmittag geht es zurück nach Berlin.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen unter den Ehrengästen

Unter den Ehrengästen in Münster ist an diesem Tag auch Ursula von der Leyen. Die EU-Kommissionspräsidentin eröffnete die Veranstaltung – und bezeichnete Westfalen als „Geburtsort“ des modernen Europas. „Putin muss mit seinem kalten Kalkül scheitern. Wenn Putin Erfolg habe, wäre ganz Europa existenziell bedroht“, warnte von der Leyen. Es sei richtig, dass die Verteidigungsbudgets in Europa stiegen. Sinnbild sei die aktuelle Diskussion um einen gemeinsamen europäischen Luftverteidigungsschirm.

Der Westfälische Friedenspreis erinnert an den Friedensschluss in Münster und Osnabrück, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete. Als Preisträger steht Macron nun in einer Reihe zum Beispiel mit Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und Helmut Kohl (CDU).

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hielt an diesem Tag die letzte Rede – und übte indirekt Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Auf dem Weg zum Frieden braucht es Führung. Macron zeigt Führung in Europa. Dafür sage ich danke.“ Er wünsche Macron, dass die deutsche Seite künftig „schneller und herzlicher“ auf dessen „wichtige Impulse“ antworte, als sie das in der Vergangenheit gelegentlich getan habe. „Ihre Impulse verdienen eine Antwort.“