Unwetter

Wupper-Talsperre droht überzulaufen - Feuerwehrmann ertrinkt bei Rettungsarbeiten

Massive Probleme durch Starkregen: In vielen Bundesländern sind die Einsatzkräfte im Dauereinsatz. Der Überblick.

Feuerwehrleute suchen in Jöhstadt nach einer vermissten Person. | © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

14.07.2021 | 15.07.2021, 07:16

Radevormwald/Hagen/Jöhstadt (dpa/AFP/anwi/cm/my). Nach enormen Regenfällen rechnen die Behörden im Bergischen Land noch in der Nacht mit einem unkontrollierten Überlauf der Wupper-Talsperre bei Radevormwald. Der Oberbergische Kreis warnte am Abend unter der Überschrift „Evakuierung" davor, dass der Wasserstand der Wupper im Stadtgebiet von Radevormwald in kurzer Zeit sehr stark anschwellen wird. „Es besteht die akute Gefahr der Überflutung", hieß es in der Warnung. Die Anwohner entlang der Wupper im Stadtgebiet wurden aufgefordert, umgehend den Gefahrenbereich zu verlassen. „Es besteht akute Lebensgefahr!"

Nach Angaben der Stadt Wuppertal könnte es bei der aktuellen Fließgeschwindigkeit der Wupper drei Stunden nach dem Überlauf zu Überflutungen in Wuppertal kommen. „Personen sollten sich in der Nacht nicht in der Nähe der Wupper, insbesondere nicht in Muldenlagen aufhalten", hieß es in einer Mitteilung. Anwohner sollten die Lage beobachten und wenn möglich das erste Obergeschoss aufsuchen. Gegebenenfalls müssten auch Trafostationen in diesen Bereichen zeitweilig abgeschaltet werden.

Zuvor ist bei Rettungsarbeiten nach dem Starkregen in Altena im Sauerland ein Feuerwehrmann ums Leben gekommen. Das bestätigte ein Sprecher der Polizei im Märkischen Kreis am Mittwoch. Er sei bei dem tragischen Unfall ertrunken. Der WDR hatte zuvor berichtet. Um zu helfen machten sich auch rund 350 Einsatzkräfte aus Herford/Minden sowie Höxter/Paderborn am Abend auf den Weg. In Altena haben die starken Regenfälle viele Schäden verursacht. Die Stadt war am Mittwoch „so gut wie nicht erreichbar", teilte die Polizei mit.

Schwere Regenfälle sorgen auch auch im Rest von Nordrhein-Westfalen und weiteren Bundesländern für viele Einsätze. Vor allem die Stadt Hagen hat es hart getroffen. Hier helfen auch etwa 150 Einsatzkräfte der Bielefelder Löschabteilungen. Besondere Objekte wie Altenheime, Krankenhäuser und städtische Gebäude sollen mit Sandsäcken geschützt oder von Schlamm und Wasser befreit werden.

Denn in der Ruhrgebietsstadt musste bereits ein Altenheim wegen einströmender Wassermassen evakuiert werden. „Das Seniorenheim ist sehr stark betroffen und unbewohnbar geworden", sagte ein Stadtsprecher am Mittwoch. Zudem seien alle Eltern im gesamten Stadtgebiet am Morgen gebeten worden, ihre Kinder nicht in die Kita zu schicken und an dem Ferientag auch nicht die sonstige Betreuung der Grundschulen zu nutzen. „Wir wollen so wenig Fahrten durch das Stadtgebiet haben wie möglich", betonte der Sprecher. Es gebe auch Schäden in einigen Kitas nach den starken Regenfällen in der Nacht.

Eine verschüttete Person sei leicht verletzt gerettet, mehrere Fahrer seien aus ihren von Wassermassen eingeschlossenen Autos befreit worden, schilderte der Sprecher. Es gebe mindestens 200 Einsatzorte. Besonders stark getroffen sei der Süden mit vier Stadtteilen, die zum Teil nicht mehr zu erreichen seien. Der Ortsteil Dahl sei praktisch abgeriegelt - außer für Einsatzkräfte, auch Ärzte könnten im Notfall durchkommen.

Die Hagener Polizei bat die Menschen, möglichst zu Hause zu bleiben. Hänge rutschten ab, überflutete Fahrbahnen wurdengesperrt. Hunderte Notrufe gingen bei der Feuerwehr ein.

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In Erkrath (Kreis Mettmann) hat die Stadt die Anwohner am Mittwochmorgen über die Sozialen Medien angehalten, möglichst „kein weiteres Abwasser zu produzieren und möglichst nur noch die Toilette zu nutzen." Demnach sollen „Duschen, Waschen und die Nutzung der Spülmaschine" unterlassen werden, „um die Situation nicht zu verschärfen." Aufgrund des anhaltenden starken Regenfalls seien die Abwasserkanäle stark überfüllt. Auch die Düssel trete an einigen Stellen schon über die Ufer. Autofahrer wurden gebeten, sich von den Wassermassen an bestimten Stellen fernzuhalten. Man solle mit dem Auto auch nicht durch überflutete Stellen fahren.

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Heftige Regenfälle in NRW und Deutschland

Etwa 100 Bewohner eines Wohnheims sollten wegen Überschwemmungen ihre Unterkunft verlassen. Die Unterkunft für Geflüchtete befinde sich in einem alten Schulgebäude, dort seien der Keller und die Sporthalle voll Wasser gelaufen, sagte eine Sprecherin der Stadt am Mittwoch. Gefahr für die Bewohner bestehe aber nicht.

In Mettmann wurde die Mitarbeiterin eines Seniorenheims während des Unwetters von einem umstürzenden Baum schwer verletzt und wäre beinahe ertrunken. Ein Helfer habe den Kopf der Frau über Wasser halten können, bis Feuerwehrleute die eingeklemmte Frau befreit hatten, teilte die Feuerwehr mit. Die Frau habe in der Nacht zu Mittwoch mit ihren Kollegen versucht, das Gebäude vor den Wassermassen zu schützen und dafür Sandsäcke ausgelegt. Dabei sei ein Baum auf sie gefallen und habe sie unter sich begraben. Das Wasser auf dem Gelände sei immer weiter angestiegen, so dass für die eingeklemmte Frau akute Lebensgefahr bestanden habe.

Die Stadt Düsseldorf forderte am Abend die Bewohner einer Siedlung im Stadtteil Grafenberg zum Verlassen ihrer Häuser auf. Besonders betroffen vom steigenden Hochwasser der Nördlichen Düssel seien etwa 350 Gebäude der Ostparksiedlung, teilte die Stadt mit. Hier sollte sicherheitshalber der Strom abgeschaltet werden. Es sei mit Wasserständen bis zu zwei Metern in den Kellern der Häuser zu rechnen. In Düsseldorf wurde wegen eines vollgelaufenen Tunnels dieA44 in beide Richtungen bis Donnerstag gesperrt. In der Landeshauptstadt war die Feuerwehr bis zum Mittag zu rund 330Einsätzen ausgerückt.

Zwei Menschen vermisst

Eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) galt lange Zeit auch für große Teile Nordrhein-Westfalens. In Ostwestfalen-Lippe warnte der DWD am Mittwoch in der zweithöchsten Warnstufe vor "ergiebigem Dauerregen" für Teile der Kreise Paderborn und Gütersloh. Die Warnung gilt bis zum Donnerstagmorgen. Die Feuerwehr des Kreises Paderborn verzeichnet bislang keine Einsätze wegen des Unwetters, wie ein Sprecher am Morgen mitteilte. Für andere Teile Nordrhein-Westfalens sowie Rheinland-Pfalz, Saarland und Teile Hessens warnte der DWD in der höchsten Warnstufe vor möglichen extremen Unwettern. Niederschlagsmengen bis zu 120 Litern pro Quadratmeter seien möglich.

Im sächsischen Jöhstadt (Erzgebirge) wurde ein 53-Jähriger von einer Sturzflut mitgerissen und bis Mittwochnachmittag immer noch vermisst. Der Mann hatte am Dienstagabend wegen des stark gestiegenen Pegels des Dorfbaches versucht, sein Grundstück vor den Wassermassen zu schützen. Dabei wurde er nach Angaben von Anwohnern mitgerissen. Die Suche gestalte sich wegen des hohen Wasserstandes des Steinbaches und der topographischen Gegebenheiten als schwierig, so die Polizei.

Der Kreis Vulkaneifel in Rheinland Pfalz hat den Katastrophenfall ausgerufen. „Die Lage ist sehr ernst, wir haben viele überschwemmte Straßen und Ortschaften, die nicht mehr erreichbar sind", sagte Landrätin Julia Gieseking (SPD) am Mittwochabend in Daun. Die Schulen im Kreis sollen am Donnerstag geschlossen bleiben.

In Baden-Württemberg soll bereits in der Nacht zu Montag ein 81 Jahre alter Mann bei Arbeiten an seinem Haus in den Fluss Jagst gestürzt sein, der nach starken Regenfällen Hochwasser führt. Auch er wird weiter vermisst. „Wir rechnen nicht damit, dass die Person noch lebend gerettet werden kann", hieß es weiter. Gleichwohl gehe die Suche dort weiter, wo Einsatzkräfte gefahrlos agieren könnten.

Aufgrund des Starkregens rief das Landratsamt Hof in Oberfranken am späten Dienstagabend den Katastrophenfall aus, der am Mittwochmorgen nach Entspannung der Lage wieder aufgehoben wurde. Feuerwehr und Polizei rückten zu über 200 Einsätzen im gesamten Landkreis aus, wie es in einer Mitteilung des Landratsamtes hieß. Besonders stark vom Unwetter wurde die Stadt Selbitz getroffen. Dort mussten die Einsatzkräfte über 120 Mal anrücken.

Wie ein Sprecher der Polizei am frühen Mittwochmorgen mitteilte, gab es im gesamten Landkreis Straßensperrungen aufgrund von Überschwemmungen sowie einen Verkehrsunfall mit zwei leicht verletzten Personen. Demnach rutschte ein Auto auf regennaßer Fahrbahn gegen eine Leitplanke. Zudem kam es vollgelaufenen Kellern, umgestürzten Bäumen und vereinzelt auch zu Stromausfällen.

Das Regen-Unwetter in Nordrhein-Westfalen hat den Bahnverkehr am Mittwoch massiv beeinträchtigt. Im Tagesverlauf wurde auf zahlreichen Linien der Betrieb eingestellt. Die Deutsche Bahn berichtete unter anderem von Verspätungen und Ausfällen von Zügen zwischen Köln und Düsseldorf sowie zwischen Köln und Wuppertal. Auch zahlreiche Straßen und Autobahnen mussten wegen Überschwemmungen gesperrt werden.

Binnen zwölf Stunden fielen nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes dort bis zu 80 Liter vom Himmel, zudem gab es Gewitter. In NRW verzeichneten Meteorologen stellenweise bis zu 200 Liter Regen pro Quadratmeter in der Stunde.

Laut Wetterdienst-Prognosen lassen die Regenfälle am Donnerstag im Westen nach und ziehen vermehrt in den Südwesten und Süden. Allerdings seien die Wassermengen in der Fläche nicht mehr so ausgeprägt, wie sie am Mittwoch im Westen erwartet wurden.

+++Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert.+++

Der DWD erklärt die Unwetterlage auf Youtube: